Den Ruhm, nach dem Kayvan Soufi-Siavash gestrebt ist, hat er bekommen – aber es ist ein zweifelhafter. Seit März 2021 wird der ehemalige Radiomoderator, der als Ken Jebsen bekannt wurde, vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt, so berichten es WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung. Sein YouTube-Kanal ist seit Januar dauerhaft gesperrt und an sein Online-Portal ging im Februar ein Schreiben der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, das der Anstalt zufolge auf Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht hinwies.
Im Oktober 2021 wurde das Verfahren gegen KenFM eingestellt, weil das Angebot schon seit drei Monaten nicht mehr existiere, so eine Sprecherin der Medienanstalt gegenüber dem Evangelischen Pressedienst epd. Nutzerinnen und Nutzer werden von der Seite von KenFM seitdem auf eine Website namens "apolut.net" umgeleitet, auf der unter anderem alte Beiträge und Videos von Jebsen zu sehen sind. Ob auch gegen diese neue Plattform ein Verfahren eingeleitet werde, prüfe die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, so die Sprecherin der Anstalt.
"Eine Art Verschwörungstheorie-Gesamtangebot"
Trotz der Sperrung seiner Kanäle erreicht Jebsen mit seinen Ansichten und Mythen immer noch unzählige Menschen. In der Bewegung der Corona-Leugner gilt er als zentrale Figur. Auf dem Messengerdienst Telegram, der für wenig Kontrolle und Moderation bekannt ist, folgen ihm knapp 128.000 Menschen (Stand: 15. Juni 2021). Auch sein Nachrichtenportal, das nach eigenen Angaben von seiner Community finanziert wurde, bot weiterhin viele Stunden Lese- und Videomaterial – daran änderte auch ein Hackerangriff der Anonymous-Bewegung nichts, die die Seiten Mitte Juni für einige Stunden lahmlegte und angeblich Tausende Nutzerdaten erbeutete.
Die Plattform sei "eine Art Verschwörungstheorie-Gesamtangebot", sagte der Podcast-Macher Khesrau Behroz im Dlf, der sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema beschäftigt hat. "Menschen, die sich komplexen Lebenssituationen ausgesetzt sehen oder die Welt nicht verstehen, kommen zu Ken Jebsen für ganz klare, einfache Antworten." Jebsen sei eine charismatische Figur, die Dinge mit sehr viel Selbstbewusstsein und Zuversicht sage.
Sein Charisma ließ der Moderator lange beim Jugendradio Fritz des rbb strahlen: Mit seiner Sendung KenFM, die mit Wortwitz und verrückten Ideen Hörgewohnheiten sprengte, wurde der Radiomacher zum Jugendidol.
War die Sendung anfangs noch eine wilde Mischung aus Klamauk, Comedy und Relevantem, wurde sie später immer politischer. Ein "Erweckungsmoment" für Jebsen seien die Anschläge am 11. September 2001 gewesen, sagte Behroz. Dass die Terrorattacken von der US-Regierung selbst geplant worden seien, war eine krude Theorie, der Jebsen in seinem Programm viel Raum bot. Nach öffentlicher Kritik wegen weiterer Aussagen Jebsens stellte der rbb die Sendung 2011 ein, der Moderator musste den Sender verlassen.
Podcast zeichnet Jebsens Werdegang nach
Sein Weg führte ihn vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk mitten hinein in die Verschwörungsszene – wie genau, das zeichnet ein Podcast nach, den NDR und rbb in Kooperation mit der Produktionsfirma Studio Bummens und K2H produziert haben und den Khesrau Behroz moderiert. Unter dem Titel "Cui bono: WTF happened to Ken Jebsen?" dokumentieren die Macher die Stationen des Verschwörungsideologen, beschäftigen sich aber auch mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die es ihm ermöglichten, Reichweite und Öffentlichkeit zu erlangen.
Jebsen selbst war für den Podcast zu keinem Interview bereit, stattdessen kommen dort Weggefährten und ehemalige Kolleginnen und Kollegen zu Wort. Mit der Gefahr, Jebsen in dem Format zu heroisieren, habe sich sein Team ausführlich auseinandergesetzt, sagte Behroz - denn jede mediale Berichterstattung erhöht natürlich die Bekanntheit. Behroz stellt klar: "Wir sind bei so einem Podcast, bei so einem Projekt in Kontrolle. Es ist nicht seine Bühne. Wir entscheiden, welche Töne gespielt werden." Die würden eingeordnet und nicht unkommentiert stehen gelassen.
Die zweite der insgesamt sechs Podcast-Folgen wurde ausdrücklich nicht vom rbb mitproduziert, weil es darin vorrangig um den Konflikt zwischen Sender und Moderator ging. "Wir haben den rbb als einen Protagonisten in unserer Geschichte behandelt wie alle anderen Protagonisten auch", sagte Podcast-Moderator Khesrau.
Die ersten Folgen stehen bereits online. Weitere erscheinen wöchentlich, die letzte am 11. Juli.