US-Gesundheitsminister
Kennedy will angebliche "Autismus-Epidemie" untersuchen - Kritik von Wissenschaftlern

US-Gesundheitsminister Kennedy will die Ursachen einer vermeintlichen "Autismus-Epidemie" in einer Studie untersuchen lassen. Zahlreiche Wissenschaftler weltweit haben auf diese Ankündigung mit Kritik und Häme reagiert.

    Robert F. Kennedy Jr. schaut grimmig.
    US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. zählt zu den Impfkritikern (picture alliance / Anadolu / Nathan Posner)
    Neil Stone, Spezialist für Infektionskrankheiten am University College Hospital in London, schrieb auf X, jeder, der behaupte, ein so komplexes Problem in fünf Monaten zu lösen, sei ein Betrüger. Für Hugo Peyre, Kinderpsychiater am Universitätsklinikum Montpellier, zeigen die Äußerungen des Gesundheitsministers "eine gewisse Unkenntnis der wissenschaftlichen Literatur".

    Kennedy Jr. macht Impfung verantwortlich - Studie gefälscht

    Kennedy hatte am Donnerstag gesagt, Autismus habe das Ausmaß einer "Epidemie" erreicht. Deswegen werde er "Hunderte von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt" an der Studie beteiligen, um "bis September" die Ursachen zu erforschen. Kennedy und auch US-Präsident Trump haben in der Vergangenheit mehrfach die Theorie vertreten, Impfungen mit dem MMR-Impfstoff (Masern, Mumps und Röteln) in der Kindheit führten zu Autismus. Diese Spekulation geht auf eine gefälschte Studie des Autors Andrew Wakefield zurück, die depubliziert und durch spätere Arbeiten mehrfach widerlegt wurde.
    Die US-amerikanische NGO Autistic Self Advocacy Network warf Kennedy vor, er habe die Absicht, "gefälschte und betrügerische Forschungsergebnisse zu produzieren", die seine bestehenden Überzeugungen über den Zusammenhang zwischen Autismus und Impfstoffen unterstützen.

    Autismus-Ursache nicht geklärt - mehrere Faktoren möglich

    Für Autismus gibt es bis heute keine identifizierte Ursache, allerdings gibt es Hinweise, dass Umweltfaktoren eine Rolle spielen, etwa Neuroentzündungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente wie des Antiepileptikums Depakine während der Schwangerschaft. Auch genetische Prädispositionen spielen eine wichtige Rolle. Fast 200 Gene werden mit Autismus in Verbindung gebracht und etwa 80 Prozent der Autismusfälle können auf Mutationen zurückgeführt werden, erklärte der Leiter der Abteilung für Humangenetik und kognitive Funktionen am Institut Pasteur, Bourgeron.
    Nach Zahlen der US-Seuchenkontrollbehörde wurde bei 1992 geborenen Kindern eines von 150 mit Autismus diagnostiziert. Bei den 2012 geborenen Kindern sei es eines von 36 gewesen - eine Zunahme um knapp 300 Prozent. Der Kinderpsychiater Preyre verweist jedoch darauf, dass dieser Anstieg vor allem daran liege, dass inzwischen mehr über Autismus bekannt sei und die Kriterien für die Diagnose erweitert wurden.
    Diese Nachricht wurde am 12.04.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.