Archiv

Kernziele zum Schutz der Biodiversität
Korallenriffe schützen

Keine andere Tiergruppe ist in den vergangenen Jahren so stark zurück gegangen wie die Korallen. Deshalb ist ihrem Schutz ein eigenes Aichi-Biodiversitätsziel gewidmet. Ziel Nummer 10 sah vor, die zahlreichen Bedrohungen, denen Korallenriffe ausgesetzt sind, bis 2015 zu minimieren. Es wurde verfehlt.

Graue Korallen mit wenigen bunten Fischen
Keine andere Tiergruppe ist in den vergangenen Jahren so stark zurück gegangen wie die Korallen (picture alliance / imageBROKER | Norbert Probst)
Im Jahr 2010 tagten Unterhändler der UN-Konvention zum Schutz der Biodiversität. Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu verlangsamen, einigten sie sich auf 20 Kernziele, die bis 2020 erreicht werden sollten. Sie werden auch als "Aichi-Ziele" bezeichnet – benannt nach der japanischen Präfektur Aichi, in deren Hafenstadt Nagoya sie ausgehandelt wurden. Die meisten dieser Ziele wurden klar verfehlt. Nach Meinung vieler Experten bedroht die Biodiversitätskrise das langfristige Überleben der Menschheit noch stärker als der Klimawandel.
Woran scheitert der Artenschutz in der Praxis ganz konkret? Was muss sich ändern? Darüber diskutieren Experten ab Oktober 2021 im chinesischen Kunming beim 15. Weltbiodiversitätsgipfel (COP15).

Verlorene Vielfalt: Wunsch und Wirklichkeit beim Artenschutz

In unserer Reihe "Verlorene Vielfalt: Wunsch und Wirklichkeit beim Artenschutz" stellen wir ausgewählte Ziele dar und ziehen Bilanz.
Kernziel 4: Ressourcenverbrauch beschränken
Kernziel 5: Regenwaldrodungen stoppen, Flächenfraß eindämmen
Kernziel 6: Überfischung vermeiden, marine Ökosysteme schützen
Kernziel 8: Nitratbelastung senken, Pestizideinsatz verringern
Kernziel 9: Invasive Arten kontrollieren
Kernziel 10: Korallenriffe schützen
Kernziel 11: Mehr wirksame Schutzgebiete an Land und im Meer
Kernziele 12+13: Artensterben stoppen, Biodiversität erhalten
Kernziel 15: Wüstenbildung bekämpfen
Kernziel 18: Bedürfnisse indigener Gruppen schützen

Die meisten Aichi-Ziele zum weltweiten Schutz der Artenvielfalt hatten eine Laufzeit von zehn Jahren. Nur einige wenige waren so dringend, dass sie schon 2015 erreicht werden sollten. So etwa der Schutz der Korallen. Das Kernziel 10 lautete deshalb:
Aichi-Ziel 10: "Bis 2015 sind die zahlreichen menschengemachten Stressoren für Korallenriffe und andere dem Klimawandel und der Meeresversauerung gegenüber sensiblen Ökosysteme minimiert, so dass ihre Integrität und ihre Funktion erhalten bleiben."

Aichi-Ziel 10 - Bilanz: Korallen sind weiter bedroht

Keine andere Tiergruppe ist in den vergangenen Jahren so stark zurück gegangen wie die Korallen. Deshalb war das Aichi-Biodiversitätsziel, Korallen besser zu schützen so dringend, dass es schon 2015 erreicht werden sollte. Doch es wurde verfehlt.
Eine Riesenmuräne (Gymnothorax javanicus) schaut mit Drohgebärde aus einem Korallenblock im Korallenriff
Wissenschaftler: "Befinden uns in ganz tiefer Korallenriffkrise"
"Korallenriffe sind Frühwarnsysteme für den globalen Klimawandel", sagte Christian Wild von der Universität Bremen im Dlf, "und sie warnen uns laut." Nur noch ein Drittel der globalen Korallenriffe seien in gutem Zustand. Das kommende Jahrzehnt sei die letzte Chance, um einen Kollaps zu verhindern.
"Den Riffen gehe es heute wesentlich schlechter als noch vor wenigen Jahren, sagt Christian Wild, Meeresökologe an der Universität Bremen. "Wir befinden uns in einer ganz tiefen Korallenriffkrise." 30 Prozent der globalen Korallenriffe seien stark geschädigt, weitere 40 Prozent gefährdet. "Dabei sind Korallenriffe wahrscheinlich die wertvollsten Ökosysteme auf unserem Planeten. Man schätzt, dass 1,2 bis 1,4 Millionen unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten in tropischen Korallenriffen leben", so Wild.
Grafik zur Belastung der Meere
"Eine ganze Reihe von neuen Medikamenten kommen tatsächlich aus aktiven Substanzen, die man gefunden hat in Korallenriff-Organismen, in Schwämmen, in Weichkorallen, in Hornkorallen und auch in Algen, die in den Riffen vorkommen." Und Korallenriffe sind nicht nur wichtige Lebensräume, sondern auch von enormer Bedeutung für den Küstenschutz.
Doch die Riffe leiden gleichzeitig unter dem Klimawandel, dem Eintrag von Schadstoffen und zu vielen Nährstoffen sowie der Überfischung.

Ausblick

Um die noch verbliebenen Riffe zu schützen, sei es wichtig, so schnell wie möglich zu handeln, betont auch Christian Wild:
"Wir müssen schauen, dass wir den globalen Klimawandel in den Griff kriegen und zwar sobald wie möglich. Zweitens: Wir müssen Korallenriffe stärker machen, indem wir sie besser managen, indem wir Eutrophierung, also Überdüngung, indem wir die Überfischung minimieren, reduzieren, kontrollieren. Und drittens: Wir müssen mithilfe der Erkenntnisse aus der Wissenschaft den Wiederaufbau der Korallenriffe voranbringen, also Restaurations-Maßnahmen verfolgen. Und mit diesen letztgenannten Maßnahmen können wir auch Zeit gewinnen, um diese erste - und das ist sicherlich die schwierigste Maßnahme - die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Griff zu kriegen."
Quellen: Monika Seynsche, WWF, og