Im Dezember 2014 in Timbuktu: Zum ersten Mal nach drei Jahren tritt die Sängerin Khaïra Arby wieder in ihrer Heimatstadt im Norden Malis auf.
2012 hatten islamistische Extremisten die kulturell wichtige Wüstenstadt besetzt, die Scharia ausgerufen - und jegliche Unterhaltungsmusik verboten. Auch Khaïra musste ihre Heimat verlassen.
"Timbuktu war so schön und sanftmütig. Man kann das gar nicht beschreiben. So wunderschön war die Stadt. Und dann war auf einmal alles zu Ende. Gott sei Dank war ich nicht in Timbuktu, als sie kamen. Ich war hier in Bamako. Und weil ich eine sehr bekannte Frau bin, hat mir sogar meine Familie geraten, nicht nach Timbuktu zurückzugehen."
Das Vorgehen der Islamisten gegen die "Musik des Satans" traf Mali schwer - ein Land, aus dem weltbekannte Musiker wie der Niger-Blues-Gitarrist Ali Farka Touré oder das Duo Amadou & Mariam kommen. Nichts ist in Mali so wichtig wie Musik. Sie sei der Kitt, der das arme Land mit seinen über 80 Ethnien zusammenhalte, sagt Khaïra Arby in der Dokumentation "They Will Have To Kill Us First":
"Wenn man Musik in Mali verbietet, oder in der ganzen Welt, ist das, als ob die Menschen keinen Sauerstoff zum Atmen mehr haben. Musik ist für uns so wichtig wie Sauerstoff."
Khaïra Arby: Mit ihrer kräftigen, raumerfüllenden Stimme gilt die 55-Jährige als Königin des Wüstenblues. In ihrer Musik präsentiert sie traditionelle Rhythmen ihrer Heimat in modernem Gewand.
Seit Beginn ihrer Karriere in den 90ern engagiert sich Khaïra für die Aussöhnung in Mali. Sie hat Friedenslieder geschrieben und im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2013 ihre Landsleute zum Wählen aufgerufen:
"Das einzige, was ich habe, ist meine Stimme und meine Fähigkeit, das Bewusstsein zu schärfen. Damit die Menschen zur Wahl gehen."
Khaïra Arby ist auch ein Vorbild für malische Frauen, die sich aus den traditionellen Zwängen befreien wollen: Zwei Mal verheiratet und zwei Mal geschieden war sie die erste Frau aus dem Norden Malis, deren Stimme auf Platte gepresst wurde. Inzwischen ist sie eine Legende. Doch der Weg dahin war nicht leicht.
"Mein ganzes Leben habe ich gelitten. Ich habe gelitten, um eine Künstlerin zu sein - aber auch, um meinen Kindern Mutter und Vater zugleich zu sein. Als ich in Timbuktu lebte, hatte ich meinen Frieden. Ich habe alles gemacht, was ich wollte: Ich habe bei mir zu Hause geprobt und Konzerte gegeben, wann immer ich wollte oder auf einer Hochzeit gespielt. Ich ging aus und kam nach Hause, wenn ich wollte. Ich hatte völlige Freiheit."
Mittlerweile sind die Islamisten aus Timbuktu vertrieben worden. Doch immer noch lebt Khaïra in Malis Hauptstadt Bamako, weil die Sicherheitslage im Norden zu prekär ist. So nutzt sie die Zeit für Tourneen ins Ausland. Bei ihrem Konzert in Berlin wird sie "Gossip" vorstellen - ihr fünftes Album. Und wieder steht dabei der Aufruf zur Verständigung im Mittelpunkt: Hört endlich auf damit, schlecht über andere zu reden, heißt es im Song "Tchini Tchini".
Deutschlandkonzert von Khaïra Arby
1. November 2015 im Lido in Berlin
Der Dokumentarfilm über malische Musik "They Will Have To Kill Us First" wird an diesem Abend ebenfalls gezeigt.
1. November 2015 im Lido in Berlin
Der Dokumentarfilm über malische Musik "They Will Have To Kill Us First" wird an diesem Abend ebenfalls gezeigt.