Handschrift
KI-Anwendung soll im Bundesarchiv Akten zur Kolonialgeschichte aufarbeiten

Das Bundesarchiv setzt zur Erforschung der deutschen Kolonialgeschichte Künstliche Intelligenz (KI) ein. Es sei ein Programm zur Handschriftenerkennung entwickelt worden, das nun eingesetzt werde, teilte der Präsident des Bundesarchivs, Hollmann, in Berlin mit.

29.06.2024
    Zu sehen ist ein Lager im Bundesarchiv.
    Neben der Hauptdienststelle des Bundesarchivs in Koblenz lagern auch viele alte Schriftstücke in Berlin-Lichtenfeld (Archivbild). (picture alliance/dpa/Foto: Thomas Frey)
    Damit baue man Verständnishürden ab, schaffe Verbindungen zwischen Dokumenten und mache so Wissen besser zugänglich, sagte Hollmann weiter. Etwa 10.000 Akten des Reichskolonialamtes wurden laut Bundesarchiv für das KI-Projekt ausgewählt, weil sie einen besonders hohen Anteil an handschriftlichem Text enthalten, und zwar in deutscher Kurrent- bzw. Sütterlinschrift. Diese Unterlagen bildeten eine wichtige Quelle für die Erforschung des von der deutschen Kolonialherrschaft begangenen Unrechts, hieß es. Sämtliche Akten des Reichskolonialamtes seien vollständig digitalisiert, unterlägen keiner Schutzfrist mehr und seien damit frei zugänglich. Die neu entwickelte KI-Anwendung soll nach Ablauf einer Pilotphase in den sogenannten Digitalen Lesesaal des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde integriert werden, der allen Interessierten Einsicht in die Bestände des Archivs bietet.

    Kulturstaatsministerin Roth: Bundesarchiv leistet wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung

    Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) begrüßte den Einsatz der KI-Technologie beim Thema Kolonialgeschichte. Das Bundesarchiv leiste auf diese Weise "einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung". Die Verbrechen der deutschen Kolonialzeit seien zu lange ein blinder Fleck in der Erinnerungskultur gewesen. Sie sei dem Bundesarchiv deshalb dankbar, dass es mit Hilfe speziell dafür entwickelter KI-Technologie dabei helfe, das Wissen über dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte zu stärken.
    Das Deutsche Reich hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts viele Territorien in Afrika und in der Pazifikregion angeeignet. Versuche der örtlichen Bevölkerung, sich gegen die Fremdherrschaft aufzulehnen, wurden mit großer Brutalität niedergeschlagen - etwa beim Maji-Maji-Aufstand im heutigen Tansania (dem einstigen Deutsch-Ostafrika). Ein weiteres Beispiel ist der Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia (Deutsch-Südwestafrika). Das deutsche Kolonialreich fand sein Ende mit der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg.
    Diese Nachricht wurde am 29.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.