Zwei Jahre hat sich das Gremium aus Abgeordneten und Experten mit der künstlichen Intelligenz, kurz KI, beschäftigt. Nach 25 Sitzungen steht ein mehr als 500-seitiger Abschlussbericht. Keine Vision für ein durchdigitalisiertes Deutschland, sondern eine Bestandsaufnahme mit Handlungsempfehlungen.
Kommissionsmitglied Aljoscha Burchardt vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz: "Insgesamt kommen dann doch die Forderungen raus, die man doch insgesamt bei der Digitalisierung hat, also man muss in Bildung und Aufklärung setzen. Die Leute müssen befähigt werden, diese Technologie zu nutzen, einzuführen, zu bedienen, zu verstehen. Und man redet am Ende gar nicht über die Technologie selber, sondern eigentlich über die Prozesse, in die sie dann reinkommt und die man eben umgestalten muss."
Künstliche Intelligenz bedeutet, dass Computer selbständig Muster erkennen und daraus lernen – also letztlich immer besser darin werden, eigenständig Probleme zu lösen. Das verändert vieles: Ob es um die Krebs-Früherkennung oder neue Daten-Geschäftsmodelle für Maschinenbauer geht, ob um gefälschte Prominenten-Videos oder tödliche automatisierte Waffensysteme.
Viele Empfehlungen laufen auf Interessensausgleich hinaus
Aus dieser Zweischneidigkeit ergibt sich die Gretchenfrage: Risiken minimieren oder Weiterentwicklung fördern? Die Geschäftsmodelle der Zukunft jedenfalls liegen in der Auswertung großer Datenmengen – KI wird also ein Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft. Entsprechend legte die Union bei einigen Regulierungsfragen ihr Veto ein.
Unions-Obfrau Ronja Kemmer: "Für uns waren in der Abwägung von Chancen und Risiken vor allem auch wichtig, die Chancen dieser Technologie zu sehen, und eben nicht nur die Risiken. Und eben nicht nur aufgrund der Risiken sofort die Regulierungskeule wie andere zu fordern. Einen allgemeinen Algorithmen-TÜV oder anderes."
Die Handschriften der Parteien sind auch sonst durchaus erkennbar: So schimmert es grün, wenn lernende Software in der Klimakrise den Energieverbrauch minimieren soll. Und es klingt nicht nur zufällig sozialdemokratisch, wenn angesichts fortgesetzter Automatisierung von einer Reform der betrieblichen Mitbestimmung die Rede ist.
In der Praxis laufen viele Empfehlungen auf einen Interessensausgleich hinaus. Zum Beispiel im Gesundheitswesen. Aus großen Mengen an Patientendaten lassen sich wichtige Erkenntnisse für die medizinische Forschung gewinnen. Zugleich muss der einzelne Patient darauf vertrauen können, nicht enttarnt zu werden, so die Grünen-Obfrau Anna Christmann.
"Diese große Herausforderung, Daten bereitzustellen und dass die Menschen eben Vertrauen haben, dass es pseudonymisiert ist, anonymisiert ist, und sie wissen, was damit passiert: Das ist eine der großen Herausforderungen im Gesundheitswesen und das stellt der Bericht aus meiner Sicht ganz gut da."
"Austausch mit der Bundesregierung nicht besonders intensiv"
Die Kompetenz in Sachen künstlicher Intelligenz sei im Bundestag durch die Enquete durchaus gewachsen, lautet ein Fazit über Parteigrenzen hinweg. Die Bundesregierung habe allerdings trotz kurzer Ministerbesuche kaum Interesse gezeigt, kritisieren Aljoscha Burchardt: "Der Austausch mit der Bundesregierung war nicht besonders intensiv." Anna Christmann: "Der Kontakt mit der Regierung hat im Grunde nicht stattgefunden."
Dass die Bundesregierung das Parlament bei der Digitalpolitik außen vor lässt, wird aus dem Bundestag bereits lange kritisiert. Dazu passt, dass das Kabinett die Fortschreibung der staatlichen KI-Strategie bereits im Sommer verabschieden wollte – noch vor dem Abschluss der Enquete-Beratungen also.
Für die Antwort, wie der Staat in den kommenden Jahren mit künstlicher Intelligenz umgeht, will die Bundesregierung nun auch den Enquete-Bericht berücksichtigen. Allerdings laut Forschungsministerium nur, sofern die Erkenntnisse des Expertengremiums nicht bereits von der Bundesregierung aufgegriffen wurden.