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Kiel
Segen oder Ärgernis der Kreuzfahrt

In Kiel bringt die Kreuzfahrt für den Hafen und den Einzelhandel Umsatz. Doch kritisieren Umweltschützer die damit verbundene Luftverschmutzung. Die Stadt muss eine Balance finden zwischen den Interessen der Bürger und denen der Wirtschaft.

Von Johannes Kulms |
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    Kreuzfahrtschiff "Queen Victoria" legt im Kieler Hafen an (Deutschlandradio / Johannes Kulms)
    An diesem Tag kreuzen die Pötte im Doppelpack auf: Die "Mein Schiff 4" und die "Queen Victoria" haben am Kieler Ostseekai festgemacht. Fast 300 Meter ist jeder Ozeanriese lang. Für die "Queen Victoria" ist es der erste Besuch überhaupt in Kiel. Der Eigentümer – die britische Cunard-Reederei – lädt deswegen zum Queen’s Day am Kai. Mit kleinen gastronomischen Buden und einer Champagner Tea Time auf einem 70 Meter langen Sofa wird kräftig die Werbetrommel gerührt.
    Anja Tabarelli ist die Deutschland-Chefin der Cunard-Reederei. Der Kieler Hafen sei womöglich nicht so bekannt, sagt Tabarelli. Doch Reedereien und Passagiere, die einmal hier waren würden erkennen:
    "Was für einen Wert der Hafen Kiel mit der Umgebung, mit der Innenstadtlage des Hafens hat. Und somit sicherlich ein Hafen, bei dem es sich lohnt, immer wieder zu kommen."
    Seit Jahren steigt in Kiel die Zahl der Schiffsanläufe. 165 sollen es in der diesjährigen Saison werden und rund 600.000 Kreuzfahrtpassagiere bescheren, sagt Dirk Claus. Er ist der Geschäftsführer des Kieler Seehafens.
    "Wir haben eine gute Infrastruktur mitten in der Innenstadt, haben extrem kurze Wege und bieten so gerade für einen Passagierwechsel auf Schiffen eine sehr hohe Attraktivität und einen sehr hohen Komfort für die Passagiere."
    Kreuzfahrten bringen Übernachtungsgäste
    Rund 80 Prozent aller Schiffe nutzen Kiel aus End- oder Startpunkt einer Kreuzfahrt. Und sie bringen Umsatz: für den Hafen, aber auch für den Einzelhandel. Oder für Busunternehmen, die die Passagiere bei Tagesausflügen durch die Region kutschieren.
    Und dann ist da noch das Hotelgewerbe. Dieses profitiere davon, dass Kiel bis heute eher schlecht ans ICE-Netz angebunden ist, hebt eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie hervor. Um auf Nummer sicher zu gehen, reisten viele Kreuzfahrt-Gäste bereits am Vortag an und übernachteten in Kiel. Eine 2013 vorgestellte Befragung von mehr als 4.000 Passagieren ergab einen jährlichen Nettoumsatz von 7,5 Millionen Euro, den die Kreuzfahrt dem Land Schleswig-Holstein bescherte. Der Löwenanteil davon entfiel auf den Kieler Hafen und sei in den letzten Jahren vermutlich weiter gestiegen, heißt es von Kiel Marketing.
    Doch Umweltschützer sehen den Boom der Kreuzfahrt schon lange sehr kritisch. So wie Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des BUND in Schleswig-Holstein.
    "Für uns ist die Kreuzfahrtschiffart per se die umweltunverträglichste Tourismusart, die es überhaupt gibt. Diese Art ist für Kiel vielleicht wirtschaftlich förderlich. Ökologisch aber Wahnsinn."
    Eggers meint damit insbesondere die Schiffsmotoren: Die werden auch bei Kreuzfahrtschiffen bis heute in der Regel mit Schiffsdiesel angetrieben und haben einen hohen Schwefelanteil. Dieser wiederum lässt die Stickoxid-Werte ansteigen. Und die Motoren laufen auch im Hafen weiter.
    Autos als Hauptursache für schlechte Luft
    Tatsächlich hat Kiel seit vielen Jahren ein Luftproblem. Auch hier scheinen inzwischen PKW-Fahrverbote möglich. Doch die Abgase der Kreuzfahrtschiffe verteilten sich relativ schnell auf der offenen Kieler Förde, heißt es aus dem Schleswig-Holsteinischen Umweltministerium. Die Schiffe seien also nicht die Hauptursache, sondern die Autos.
    Im kommenden Jahr soll erstmals eine Landstromanlage im Kieler Hafen ihren Betrieb aufnehmen. Zudem werden bald auch die ersten Kreuzfahrtschiffe festmachen, die nicht nur Schiffsdiesel, sondern durch Flüssiggas angetrieben würden. Doch Umweltschützer Eggers dauert die Entwicklung neuer Antriebstechnologien zu lang.
    "Die Dampfer, die hier ankommen, sind nach wie vor Müllverbrennungsanlagen. Und es wird noch Jahrzehnte dauern, bis sich diese Technik durchsetzt und bis dahin werden wir mit diesen alten Schleudern leben müssen."
    Zurück zum Kieler Ostseekai, wo gleich die nächsten Passagiere zur Kreuzfahrt aufbrechen. Viele von ihnen reisen mit der Bahn an. Und legen die letzten 1,5 Kilometer zum Schiff mit ihren Rollkoffern zu Fuß zurück. Daran haben auch die Umweltschützer nichts auszusetzen.