Fast das gesamte Erbgut eines Menschen steckt im Zellkern. Die Hälfte stammt aus einer der Eizellen der Mutter, die andere Hälfte aus einem Spermium des Vaters. Aber es gibt noch einen weiteren Ort für Erbmoleküle: Die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle. Sie besitzen eigene Erbinformation – wenn auch nur wenig. Es sind 37 Gene – gegenüber etwa 22.000 Genen im Zellkern. Sie spielen eine Rolle im Energiestoffwechsel. Ein Zusammenhang zu bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen konnten Genetiker bislang nicht finden.
Wenn aber eines dieser Gene defekt ist, kann dies zu schweren Erbkrankheiten führen. Das ist bei etwa einem von 6.500 Neugeborenen der Fall. Die fehlerhaften Mitochondrien-Gene stammen aus der Eizelle der Mutter. Deshalb hatten Mediziner der Universität Newcastle die Idee, durch eine Art Mitochondrien-Spende solche Krankheiten zu verhindern.
Dazu muss eine künstliche Befruchtung durchgeführt werden. Die Eizelle mit den defekten Mitochondrien und ein Spermium kommen zusammen. Bevor sie sich aber vollständig vereinigen, entsteht ein sogenannter Vorkern. Ein Embryologe entnimmt den Vorkern und verpflanzt ihn in die unbefruchtete Eizelle einer Spenderin. Ihr eigener Zellkern wurde entfernt. Aber sie besitzt funktionsfähige Mitochondrien. Die beiden Eltern liefern also den Zellkern, und die Eizell-Spenderin die gesunden Mitochondrien. Das Verfahren ist ein sogenannter Kerntransfer, genau wie bei Klonen. Das Ergebnis ist aber kein Klon. Stattdessen kommen der Zellkern von Mutter und Vater und die Mitochondrien der Eizell-Spenderin zusammen. Wird es ein Mädchen, kann es die Mitochondrien der Spenderin irgendwann an die nächste Generation weiter geben. Das bedeutet: Hier wurde die Keimbahn genetisch verändert. Genau das aber, war bisher stets tabu.