Wir befinden uns ins in einem kindlich eingerichteten Zelt, im Hintergrund ein überdimensionaler Teddybär, dekoratives Spielzeug und ein beleuchteter Globus. Die magische Kinderzimmerhaftigkeit steht im Kontrast zum knallharten politischen Michel-Friedman-mäßigen Interview, das hier gleich stattfinden wird. Armin Laschet sitzt auf einem viel zu kleinen Kinderstuhl, auf Augenhöhe mit den zwei elfjährigen Kinderreportern Pauline und Romeo, die den Kanzlerkandidaten der CDU unnachgiebig und unerschrocken ins Verhör nehmen werden.
"Ist Hans Georg Maaßen ein Rechter?", fragt Romeo dem Kanzlerkandidaten Laschet. "Kennst du den?", fragt der CDU-Mann verdutzt über die Frage zurück und ergänzt: "Und warum ist das ein Rechter?" - "Frag ich Sie", antwortet der Junge ganz sanft. Laschet onkelt sich dann durch eine Weder-Fisch-noch-Fleisch-Antwort, spricht von Meinungsverschiedenheiten in der Partei, will sich natürlich nicht zu Maaßen bekennen, ihn aber auch nicht öffentlich kritisieren.
"Was hat er denn Falsches gesagt?", hakt dann Pauline nach, es folgt eine lange Denkpause, dann setzt der Kandidat an mit "Unsere Partei hat 400.000 Mitglieder, da sagt jeder mal irgendwas." Die Frage der jungen Reporterin beantwortete er indes nicht.
Asymmetrie in der Gesprächssituation
Das Gespräch stammt aus der am Dienstagabend auf Prosieben ausgestrahlten Show "Late Night Berlin" mit Klaas Heufer-Umlauf. Die beiden Kinderreporter kennt man schon aus ihren Gesprächen mit harten Rappern, nun sind die Kanzleramtsbewerber und die -bewerberin dran. Die unbekümmerte Hartnäckigkeit der beiden Fragenden hatte nach dem ernüchternden Triell etwas Wohltuendes, und man muss feststellen: Das war das vielleicht härteste, aber auch interessanteste Interview, das Laschet bisher führen musste.
Selbstverständlich ist die Asymmetrie der Gesprächssituation zu seinem Nachteil: Die Kinder können politische Talkshow-Fragen stellen zum Thema Hambacher Forst, gleichgeschlechtliche Ehe und Migration. Laschet indes darf nicht antworten, wie er es in einer Talkshow mit Erwachsenen machen würde. Diese Herausforderung, empathisch und kindgerecht zu reagieren und dabei seine Gegenüber nicht paternalistisch herabzuwürdigen, fiel ihm sichtlich schwer. Mehrmals wirkte er fahrig und patzig, besonders wenn die Kinder berechtigterweise nachbohrten, flüchtete er in Ungeduld eines überforderten Vaters während einer Autofahrt.
Und in diesem strategischen Ungleichgewicht der Gesprächspositionen, bei gleichbleibend hohem Anspruch des Inhalts, liegt die entlarvende Qualität des Gesprächs. Die Kinder hatten keine journalistische Fallhöhe und konnten mit aller sokratischen Ironie – also mit einem vermeintlich naiven Blick auf seine Aussagen – ihre Ruhe bewahren. Und man muss auch zugeben: Pauline und Romeo wirkten eingespielter als Maybrit Illner und Oliver Köhr.
Nächste Woche ist Annalena Baerbock dran
In der Gesprächsdynamik war es, als wollte Laschet die ganze Zeit einem unsichtbaren Redakteur, den er hinter den Fragen wähnte, antworten. Die Kinder wurden ja offenbar sehr gut vorbereitet, beispielsweise als es darum ging, wie Laschet zur gleichgeschlechtlichen Ehe stand. Er stritt seine Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe ab, Romeo widersprach dieser Aussage mit einem alten Interview aus dem "Spiegel", wonach Laschet dagegen gestimmt haben soll. "Du hast schon den ‚Spiegel‘ vor so langer Zeit gelesen, das ist aber toll", stellte Laschet fest. Der Subtext war natürlich klar, dass er dem Jungen unterstellt, es nicht getan zu haben. Romeo aber konterte: "Nee, ich hab's gegoogelt."
Nächste Woche ist Annalena Baerbock dran. Sie wird es nicht leichter haben als Laschet, denn in dieser sehr aufschlussreichen Interviewform gibt es nur einen Modus, im Gespräch mit den Kindern zurecht zu kommen: Cut the Bullshit!