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Kinder-Medien-Studie 2018
Die Mär von den Smartphone-Junkies

Kinder spielen rund um die Uhr an ihrem Smartphone, sitzen vor dem Computer oder der Glotze. So weit das Klischee. Die Realität ist aber um einiges komplexer, so die Kinder-Medien-Studie 2018. Demnach sind analoge Medien wie Bücher und Zeitschriften nach wie vor hoch im Kurs bei Jugendlichen.

von Michael Meyer |
    Zwei Kinder sitzen auf einer Couch - der eine spielt auf seinem Smartphone, der andere liest in einem Buch.
    Die Digitalisierung ist zwar im Kinderzimmer angekommen, aber auch analoge Medien sind bei Kindern nach wie vor beliebt (imago / Thomas Trutschel)
    "Weil's viele hatten, und weil ich beeindruckt war, was man damit alles machen kann."
    "Wir haben auch einen Klassen-Chat, da wird auch viel drin geschrieben, auch wenn es nervig ist, weil nachts geht's halt durchgehend, da muss man dann auf Flugmodus schalten, aber, ja, das benutze ich am Häufigsten."
    Oscar und Matilda, zwei Kids im Alter von und zehn und elf Jahren, berichten über ihr Chatverhalten am Smartphone.
    Die "Kinder-Medien-Studie 2018", die heute vorgestellt wurde, belegt, was die beiden erzählen: Über 90 Prozent der Kinder zwischen vier und 13 Jahren besitzen ein Smartphone, über die Hälfte auch einen Computer oder ein Tablet. Das Handy wird dabei vor allem fürs Chatten mit Freunden benutzt.
    Analoge Medien bei Kindern hoch im Kurs
    Jörg Risken, Publishing Director beim Egmont Ehapa Verlag sagt, dass die Digitalisierung endgültig in den Kinderzimmern angekommen ist. Aber, so Risken, gedruckte Zeitschriften und Bücher stehen noch hoch im Kurs bei den Kindern, auch was die Nutzungszeit insgesamt angeht:
    "Knapp 90 Prozent der Kinder nutzen exklusiv dann eben Zeitschriften und Bücher und nutzen keine anderen Medien nebenher, und von Zeitschriften wissen wir zudem, dass mehr als 85 Prozent der Kinder die Zeitschriften von vorne bis hinten durchlesen, das sagt auch schon einiges über die zeitliche Komponente aus."
    Wenn sich die Kinder also in die Welten von Wendy, Micky Maus oder "Die drei ???" begeben, dann tauchen sie in dem Moment ab und nutzen keine Smartphones oder andere Medien nebenbei.
    Grundsätzlich suchen sie nach bestimmten Themen, die sie sich in den verschiedenen Medien holen. In jüngerem Alter sind die Interessen recht klassisch verteilt. Mädchen beschäftigen sich eher mit Feen, Fantasy und Pferdegeschichten, Jungs eher mit Autos, Sport und Superhelden. Und je nachdem, was sie lesen und sehen wollen, nutzen sie bestimmte Medien, sagt Simon Peter, Chefredakteur bei "Blue Ocean Media", dem Verlag, der unter anderem die "Was ist was"- Reihe herausgibt.
    Mediennutzung der Eltern beeinflusst Kinder
    "Wenn ich die Fernsehserie sehen will, wenn ich den Antrieb habe, Bewegtbild zu schauen, dann tue ich das. Wenn ich aber abends im Bett liege, und meine Eltern erlauben mir noch, irgendetwas zu tun, und nicht gleich das Licht auszumachen, dann nehme ich mir halt ein Buch, oder eine Zeitschrift, und bekomme für meine jeweilige Situation das entsprechende Medium. Das ist dann also kein entweder oder sondern ein 'sowohl als auch', in temporären Abhängigkeiten von den Möglichkeiten."
    Je mehr im Elternhaus gelesen wird, desto stärker setzen auch die Kinder auf Gedrucktes. Aber selbst, wenn sie weniger lesen, sagt Malte Riken, Leiter Magazine beim "Zeit"-Verlag, haben die Kinder meist ein sehr breitgefächertes Interessenspektrum, was sich eben dann in der Mediennutzung niederschlägt:
    "Also sie interessieren sich auch sehr stark für Lebenswelten - was passiert da draußen, für die Welt? Wir merken das ja auch in den Aktionen, die wir machen, dass sich Kinder wahnsinnig für Naturschutz, Ökologie, Nachhaltigkeit, soziale Nachhaltigkeit - die nennen es nicht so, die haben andere Begriffe dafür - aber "Welt retten" ist für Kinder ein Riesenanliegen und Kinder haben eine große Wahrnehmung dafür. Und sehen das als ein großes Anliegen, dass sich da Dinge verbessern."
    Smartphone-Nutzung steigt mit dem Alter
    Je älter die Kinder werden, desto stärker treten die digitalen Medien in den Vordergrund, und desto öfter suchen sie ihre Themen dort. Was aber nicht heißt, dass dann gar nichts mehr gedruckt gelesen wird. Klar ist aber auch: Was die Smartphone-Nutzung betrifft, sei es durchaus angesichts der steigenden Nutzungszahlen keine schlechte Idee, etwa im Klassenzimmer genauer daraufzuschauen, findet Simon Peter:
    "Ansonsten haben wir mit unserer Studie auch rausgefunden, dass Eltern gerade bei den jüngeren Kindern den Gebrauch auch reglementieren - anders als bei Zeitschriften. Kein Mensch sagt: 'Leg mal das Buch weg', aber 'leg mal dein Handy weg', ist ja durchaus nun mal geflügeltes Wort. Ich glaube aber, im Interesse des Lernerfolgs und um die Nerven der Lehrer zu schonen, ist ein Handyverbot an der Schule durchaus auch vertretbar."