Wie erklärt man Kindern Terror, Krieg und Antisemitismus? Die Frage stellt sich Eltern nicht erst seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober, der einen neuen Krieg in Nahost ausgelöst hat. Viele ältere Kinder und Jugendliche kommen schon in sozialen Medien in Kontakt mit dem Thema. Dort bekommen sie Informationen, Bilder und auch Propaganda oft ungefiltert.
Informationsangebote für Eltern
Mit solchen Inhalten umzugehen, kann schon für Erwachsene schwierig sein - für Kinder erst recht. Das war auch beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine so. In einem Informationsangebot der Bundesregierung rät die Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf Eltern, beim altersgerechten Vermitteln von Informationen nicht nur die reinen Fakten zu besprechen, sondern auch Gefühle zu thematisieren. "Was macht das mit uns, wie fühlt sich die aktuelle Lage für uns an – auch darüber sollten sich Eltern mit ihren Kindern austauschen."
Gleichzeitig sollten Erwachsene das Thema aber auch nicht dramatisieren oder emotionalisieren, rät Kindertherapeut Michael Huss im Interview mit tagesschau.de. Eltern sollten das Thema am besten bewusst ansprechen und sachbezogen darüber reden - mit einem offenen Ohr für die Fragen der Kinder. "Aber dann muss man auch ein Ende finden und nicht die ganze Zeit über Krieg reden."
Ob und wie viel Kinder über Krieg sprechen wollen und können, hängt natürlich sehr mit ihrem Alter zusammen. Auch bei kleineren Kindern "kommen Gesprächsfetzen, Nachrichtenschnipsel und die emotionale Belastung der Erwachsenen an", heißt es im Eltern-Angebot der WDR-Kleinkinder-Programms "Die Sendung mit dem Elefanten". Jüngere Kinder würden das Thema selten von sich aus ansprechen. Erwachsene Bezugspersonen könnten am ehesten einschätzen, ob das Kind über das Thema reden möchte oder eher nicht.
Umgang mit Social Media und journalistischen Angeboten
Sind die Kinder schön älter und nutzen Social-Media-Inhalte, sollten Eltern auch diese thematisieren. Das Projekt "Klicksafe" der EU und den Landesmedienanstalten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz empfiehlt in einem "Infoblatt für Eltern", ganz konkret zu besprechen, was verlässliche Quellen und was Falschmeldungen und manipulative Beiträge sind.
Es sei jedoch wichtig, dass sich Kinder auch selbst informieren, so die frühere Journalistin Sabine Marx, die als Teil des Kinder-Ratgebers "Kummerkastens", einem gemeinsamen Projekt der Diakonie und des öffentlich-rechtlichen Kinderprogramms KIKA, Kinder und Jugendliche berät, die Sorgen und Fragen haben. „Wenn ich Hintergründe kenne (...), dann kann das auch helfen, dass ich da nicht mehr so unsicher bin und mich dem so ausgeliefert fühle", so Marx bei @mediasres.
Journalistisch und altersgerecht aufbereitete Informationen zum Krieg in Nahost finden Kinder und Jugendliche bei verschiedenen Angeboten:
- Themenseite der ZDF-Kindernachrichten "logo!" zum Krieg in Israel und dem Gazastreifen
- Kinder-Podcast "Kakadu" vom Deutschlandradio zur Frage "Was ist Antisemitismus?"
- Bei der Suchmaschine für Kinder "fragFINN" finden Kinder und Jugendliche weitere Links um Thema
- Einen Überblick für Medieninhalte zum Thema Krieg im Nahen Osten bietet der Medienratgeber "Flimmo"
Es gebe das große Bedürfnis danach, dass Dinge erklärt und in den Kontext gestellt werden, meint Medienpsychologe Frank Schwab und verweist in unserem Podcast "Nach Redaktionsschluss" auf die Kindernachrichten von "logo!": "Die erklären: Wie geht denn das? Wie ist das zustande gekommen? Wie sind wir dahin gekommen. Das kann dann in so einer hektischen Zeit auch vielleicht mal zu kurz kommen"
Kindgerechtes Einordnen
Constanze Knöchel leitet den Bereich Nonfiktion in der ZDF-Hauptredaktion Kinder und Jugend, in der auch "logo!" entsteht. Die Aufgabe der Nachrichtensendung sei, Kindern zu erklären, was in der Welt passiert und dies kindgerecht einzuordnen, so Knöchel. Und das seien in den vergangenen Jahren leider oft auch Kriegs- und Krisenthemen. Um herauszufinden, was die Kinder hier besonders interessiert, frage die "logo!"-Redaktion Kinder auch direkt.
"Wir haben zunächst gemerkt, dass die Kinder, was jetzt das Thema Nahost-Konflikt anbelangt, zunächst noch mal sprachlos waren. Das war im Vergleich zum Beispiel zum Ukraine-Krieg, wo direkt ganz viele Fragen auch in die Redaktion gekommen sind, zunächst zurückhaltend", sagt Knöchel. "Und dann kamen ebenso typische Fragen, wie sie Kinder eben auch stellen. Wer sind denn da eigentlich die Bösen? Und warum können die beiden sich nicht einfach wieder einigen? Und warum gibt's da einfach nicht Frieden?"
Vereinfachen ohne zu verkürzen
Doch auch hier werden Fehler gemacht. Ob beim WDR-Kinderformat neuneinhalb oder eben bei "logo!" - immer wieder gibt es Kritik an der für Kinder heruntergebrochenen Berichterstattung, beispielsweise bei der Auswahl von Karten, Abbildungen und Sprache. Aber wie erklärt man komplexe Sachverhalte einfach ohne sie zu sehr zu verkürzen?
Es sei in den vergangenen Wochen kein einziger Text "ins on gegangen", der nicht von unabhängigen Expert*innen außerhalb des ZDF gegengelesen und gegengecheckt worden sei, sagt Knöchel. Viele Bilder, die in Nachrichtensendungen für Erwachsene gezeigt werden, beispielsweise vom Hamas-Terrorangriff, könne man in Kindersendungen aber nicht zeigen. Stattdessen konzentriere sich "logo!" darauf, zu sagen, was passiert ist.
Die größte Aufgabe sei es auch nicht, in einer Sendung alle schwierigen Themen zu besprechen. Während sich die Redaktion anfangs noch auf das Kriegsgeschehen fokussiert habe, habe sie sich nach ein paar Tagen auch "an den Kontext gewagt": "Da ist natürlich dann gleichzeitig die Gefahr, dass die Kontextualisierung nicht gleichzeitig als Erklärung für das, was passiert ist, dient. Aber wir haben da wirklich peu á peu Dinge angefasst, aber nicht alles in einer Sendung, nicht in einem Beitrag."