Auf dem Hof von Signe Elerte gibt es immer viel zu tun. Gleich nach dem Frühstück scheucht sie ihre vier Enkelkinder in den Garten. Der 20-jährige
Edgars und die 17-jährige Ilze marschieren mit Harke und Eimer ins Kartoffelfeld. Derweil hat die 14-jährige Anita die kleine Madara Huckepack genommen. Und galoppiert mit ihr zum Gänsestall. Denn Kükenfüttern, das macht der Fünfjährigen besonders viel Spaß.
Großmutter Signe schaut dem Treiben zu und lächelt. Noch vor drei Jahren hätte sie nicht im Traum daran gedacht, wieder eine Horde Kinder um sich zu haben.
"Damals verlor meine Schwiegertochter plötzlich ihren Job und mein Sohn war schon arbeitslos. Wovon sollten sie ihre Kinder ernähren? Wir sahen keinen anderen Ausweg: Die beiden mussten zum Geldverdienen nach Irland gehen. Damit es den Kindern einmal besser gehen wird."
Vor sechs Jahren wurde Lettland Mitglied der Europäischen Union. Seitdem haben mehr als 100.000 Menschen die Baltenrepublik auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen.
Auf dem Flughafen von Riga spielen sich Tag für Tag dieselben Szenen vor dem "Check-in" nach London und Dublin ab: Junge Männer und Frauen werden umringt von weinenden Verwandten und nehmen Abschied. Ihre Hoffnungen gelten den Jobs in England und Irland, die sie dort, anders als in Deutschland, auch ohne Arbeitserlaubnis annehmen dürfen.
" Ich komme aus Lettgallen und fliege nach Dublin. Ich arbeite dort in einer Fleischfabrik. Hier in Lettland reicht das Geld zum Leben nicht. Jetzt nehme ich auch meine Tochter mit. Sie lebte drei Jahre ohne mich und wird jetzt in Irland zur Schule gehen."
"In Dublin habe ich meine Frau kennengelernt. Wir arbeiten zusammen
in einem Lager. Hier in Lettland habe ich noch einen Sohn aus erster Ehe, er will Eishockey spielen. Das kann ich jetzt finanzieren."
Mit Sorge beobachtet die Sozialpsychologin Egita Gritane, wie viele Letten auf der Suche nach dem Glück im Ausland ihre Familien zerstören. Selbstverständlich blieben die Kinder nicht auf der Straße, sagt sie. Tanten, Onkel, Großeltern hielten zusammen und setzten sich füreinander ein. Egita Gritane befürchtet vielmehr einen Verfall der Werte.
"Nach einem Leben im Sozialismus glauben viele Eltern heute, ein schickes Haus, ein großes Auto oder teure Klamotten seien der Weg zum Glück. Und die jungen Leute machen es ihnen nach, haben keine Lust mehr zu lernen, sondern träumen vom schnellen Geld. Sie wollen ihren Kindern Disneyland schenken, dabei wünschen sich Kinder vor allem Eltern, die ihnen zuhören und Zeit für sie haben."
Großmutter Signe findet allerdings, dass ihr die neue Rolle als Mutter geradezu auf den Leib geschrieben ist. Nur mit dem Lernen klappe es bei dem Ältesten seitdem nicht mehr so recht. Für den 20- jährigen Edgars habe damals selbst ein großes Abenteuer begonnen: Die Eltern nahmen ihn zum Muscheln sammeln an die irische Nordseeküste mit. Seitdem hat er an seiner Maurerlehre kein Interesse mehr.
" Was soll ich hier, wir sind doch so arm. Besser in Irland Geld verdienen. Ich pflücke die Muscheln von den Felsen und bekomme 1, 80 Euro für das Kilo. 150 Euro pro Woche kann ich dort verdienen, allemal mehr als in Lettland. Deshalb fahre ich nach dem Sommer wieder hin. Ich wohne bei meiner Mutter und suche mir einen neuen Job."
Die fünfjährige Madara auf dem Hof von Signe Elerte kann sich gar nicht mehr richtig an die eigene Mutter erinnern. Aber sie ist fröhlich, singt und spricht den ersten englischen Satz, den ihr die Großmutter beigebracht hat. Dann klettert Madara auf Omas Schoss.
"Madara hat mich sofort als Ersatzmutter angenommen und will mich immer "Mama" nennen. Aber ich sage nein. Jedes Kind hat seine eigene Mutter und ich bin deine Großmutter."
Edgars und die 17-jährige Ilze marschieren mit Harke und Eimer ins Kartoffelfeld. Derweil hat die 14-jährige Anita die kleine Madara Huckepack genommen. Und galoppiert mit ihr zum Gänsestall. Denn Kükenfüttern, das macht der Fünfjährigen besonders viel Spaß.
Großmutter Signe schaut dem Treiben zu und lächelt. Noch vor drei Jahren hätte sie nicht im Traum daran gedacht, wieder eine Horde Kinder um sich zu haben.
"Damals verlor meine Schwiegertochter plötzlich ihren Job und mein Sohn war schon arbeitslos. Wovon sollten sie ihre Kinder ernähren? Wir sahen keinen anderen Ausweg: Die beiden mussten zum Geldverdienen nach Irland gehen. Damit es den Kindern einmal besser gehen wird."
Vor sechs Jahren wurde Lettland Mitglied der Europäischen Union. Seitdem haben mehr als 100.000 Menschen die Baltenrepublik auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen.
Auf dem Flughafen von Riga spielen sich Tag für Tag dieselben Szenen vor dem "Check-in" nach London und Dublin ab: Junge Männer und Frauen werden umringt von weinenden Verwandten und nehmen Abschied. Ihre Hoffnungen gelten den Jobs in England und Irland, die sie dort, anders als in Deutschland, auch ohne Arbeitserlaubnis annehmen dürfen.
" Ich komme aus Lettgallen und fliege nach Dublin. Ich arbeite dort in einer Fleischfabrik. Hier in Lettland reicht das Geld zum Leben nicht. Jetzt nehme ich auch meine Tochter mit. Sie lebte drei Jahre ohne mich und wird jetzt in Irland zur Schule gehen."
"In Dublin habe ich meine Frau kennengelernt. Wir arbeiten zusammen
in einem Lager. Hier in Lettland habe ich noch einen Sohn aus erster Ehe, er will Eishockey spielen. Das kann ich jetzt finanzieren."
Mit Sorge beobachtet die Sozialpsychologin Egita Gritane, wie viele Letten auf der Suche nach dem Glück im Ausland ihre Familien zerstören. Selbstverständlich blieben die Kinder nicht auf der Straße, sagt sie. Tanten, Onkel, Großeltern hielten zusammen und setzten sich füreinander ein. Egita Gritane befürchtet vielmehr einen Verfall der Werte.
"Nach einem Leben im Sozialismus glauben viele Eltern heute, ein schickes Haus, ein großes Auto oder teure Klamotten seien der Weg zum Glück. Und die jungen Leute machen es ihnen nach, haben keine Lust mehr zu lernen, sondern träumen vom schnellen Geld. Sie wollen ihren Kindern Disneyland schenken, dabei wünschen sich Kinder vor allem Eltern, die ihnen zuhören und Zeit für sie haben."
Großmutter Signe findet allerdings, dass ihr die neue Rolle als Mutter geradezu auf den Leib geschrieben ist. Nur mit dem Lernen klappe es bei dem Ältesten seitdem nicht mehr so recht. Für den 20- jährigen Edgars habe damals selbst ein großes Abenteuer begonnen: Die Eltern nahmen ihn zum Muscheln sammeln an die irische Nordseeküste mit. Seitdem hat er an seiner Maurerlehre kein Interesse mehr.
" Was soll ich hier, wir sind doch so arm. Besser in Irland Geld verdienen. Ich pflücke die Muscheln von den Felsen und bekomme 1, 80 Euro für das Kilo. 150 Euro pro Woche kann ich dort verdienen, allemal mehr als in Lettland. Deshalb fahre ich nach dem Sommer wieder hin. Ich wohne bei meiner Mutter und suche mir einen neuen Job."
Die fünfjährige Madara auf dem Hof von Signe Elerte kann sich gar nicht mehr richtig an die eigene Mutter erinnern. Aber sie ist fröhlich, singt und spricht den ersten englischen Satz, den ihr die Großmutter beigebracht hat. Dann klettert Madara auf Omas Schoss.
"Madara hat mich sofort als Ersatzmutter angenommen und will mich immer "Mama" nennen. Aber ich sage nein. Jedes Kind hat seine eigene Mutter und ich bin deine Großmutter."