- Welche Rolle spielen Kinder bei Corona?
- Welche Rolle spielen Schulöffnungen bei den Infektionsmöglichkeiten?
- Welche Rolle spielen die neuen Virus-Varianten?
- Welche Folgen hat der Lockdown für Kinder und Jugendliche?
- Psychische Gesundheit und Eindämmung des Infektionsgeschehens - wie kann man beide Aspekte vereinen?
- Welche Rolle können Selbsttests bei der Schulöffnung spielen?
Ja, nach dem Hin und Her gibt es inzwischen doch belastbare Daten zu dieser Frage. Demnach unterscheiden sich ältere Kinder und Jugendliche kaum von Erwachsenen, was die SARS-CoV-2 Infektion betrifft. Kleine Kinder im Grundschulalter infizieren sich wohl etwas seltener, vor allem aber entwickeln sie kaum Symptome und werden deshalb kaum getestet.
Repräsentative Studien zeigen übereinstimmend: Das Virus infiziert auch Kinder, sie können es auch weitergeben. Aber Kinder spielen keine besonders herausragende Rolle in der Epidemie. Welche Altersgruppe wie stark betroffen ist, hängt vielmehr von den Infektionsmöglichkeiten ab.
Bei der jüngsten Welle in England konnte man genau sehen: Das Virus breitete sich unter Jugendlichen viermal schneller aus als unter Erwachsenen. Das lag daran, dass es dort einen Lockdown gab, von dem die Schulen aber ausgenommen waren. Als die Schulen dann ebenfalls geschlossen wurden, gingen die Infektionszahlen bei den Kindern zurück.
Österreich hat nach den Sommerferien 2020 eine erste repräsentative Studie unter Schulkindern gemacht, da war knapp ein halbes Prozent der Tests positiv. Im November lag der Wert dann dreimal so hoch - allerdings lag hier auch der Beginn der zweiten Welle. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Infektionen bei Kindern die Entwicklung in der Gesellschaft generell widerspiegeln. Kinder und Jugendlichen sind also sicher nicht die Treiber der Epidemie, aber mit rund 20 Prozent sind sie ein relevanter Teil der Bevölkerung, den man nicht ignorieren kann.
Entwicklung der Corona-Neuinfektionen in Deutschland pro Tag
In Israel melden Kinderärzte, dass es im Januar über 50.000 positive Test bei Kindern und Jugendlichen gab - mehr als während irgendeinem Monat der ersten oder zweiten Welle. Allerdings ist die dritte Welle in Israel in allen Altersgruppen dramatischer, bei den Älteren greift aber langsam die Impfung, da geraten die Jüngeren automatisch mehr in den Fokus.
Auch eine Studie aus dem italienischen Dorf Corzano, ein kleiner Ort mit nur 1.400 Einwohnern, wurde in Fachzeitschriften diskutiert. Den Daten nach gingen hier 60 Prozent der positiven Tests auf Kinder und Jugendliche zurück. Das kann mit den Gegebenheiten vor Ort zu tun haben und ein statistischer Ausreißer sein und reicht nicht, um zu sagen, dass die neuen Varianten bevorzugt Kinder infizieren.
Das Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg hat im Rahmen der COPSY-Studie insgesamt über 1.000 Kinder und Jugendliche in Hamburg und bundesweit befragt. Das wichtigste Ergebnis: Fast jedes dritte Kind leidet inzwischen unter psychischen Auffälligkeiten, das sind Ängste, depressive Symptome aber auch psychosomatische Beschwerden. Und das gilt ganz besonders für Kinder und Jugendliche aus sowieso benachteiligten Umständen.
Ein Teil der Probleme erklärt sich aus der Angst vor Corona, aber wichtig ist auch die Isolation, das Fehlen der Freunde und Spielkameraden. Kinder und Jugendliche leiden nicht also nur unter dem Virus, sondern auch an den Folgen des Lockdowns.
Psychische Gesundheit und Eindämmung des Infektionsgeschehens - wie kann man beide Aspekte vereinen?
Es geht nicht um das "Ob" der Schulöffnung, es muss um das "Wie" gehen. Hier gibt es inzwischen Vorschläge der Europäischen Gesundheitsbehörde ECDC und eine wissenschaftliche Leitlinie aus Deutschland:
- Maske im Unterricht
- das Aufteilen der Schüler in Kohorten, die jeweils untereinander keinen Kontakt haben
- Halbierung der Klassen, bei hohen Infektionszahlen
- Lüften ist sehr wichtig, wenn es nicht anders geht, sollen Luftreinigungsgeräte aufgestellt werden
- Schülerinnen und Schüler, die mehr als bloß eine laufende Nase haben, bleiben zuhause
Schulleiterinnen und Schulleiter sowie die Schulverwaltungen müssen die Pläne aufstellen, mit denen Unterricht in Pandemiezeiten sicher angeboten werden kann. Gerade die geteilten Klassen bedeutet aber auch, dass es weniger Unterricht gibt, denn die Zahl der Lehrenden kann nicht sprunghaft gesteigert werden. Sonst wird bei den Kindern und Jugendlichen Lockdownstress durch Leistungsstress ersetzt.
Bei den Kitas zeigen repräsentative Daten aus England, dass auch sehr kleine Kinder sich ähnlich häufig wie ältere infizieren. In Kitas ist es aber schwierig Corona-Schutzmaßnahmen umzusetzen und so mussten rund zwei Prozent der Kitas Gruppen aufgrund von Infektionen schließen.
Solche Tests helfen in der Schule, wie auch sonst in der Gesellschaft, Infektionen zu entdecken, die keine Symptome verursachen, die sonst oft gar nicht bemerkt würden. Das ist gut und kann die Sicherheit in den Schulen erhöhen.
Die entscheidende Frage ist aber: Wie organisiert man das? Sollen die Eltern ihre Kinder testen, wird das vor Schulbeginn in der Aula gemacht? Und wie stellt man sicher, dass Kinder mit positivem Selbsttest auch wirklich isoliert werden und einen PCR-Test bekommen.
Und umgekehrt darf ein negativer Test von den Kindern nicht als Freifahrtschein interpretiert werden, die Maske wegzulassen und wieder im großen Durcheinander auf dem Schulhof zu spielen.
Einen weiteren Schutz bieten natürlich Impfungen bei Kindern. Die Studien zu diesem Thema laufen aber gerade erst an, sodass wohl erst Ende 2021 Anfang 2022 mit Impfprogrammen für Kinder zu rechnen wäre.
Generell ist es für die Schule am besten, wenn die Coronainzidenz niedrig ist. Und das heißt: Wenn die Priorität bei den Schulen liegen sollen, dann müssen andere Bereiche zurückstehen.