"Mein Gott, wir müssen doch in der Lage sein, diese Gesellschaft so auszustatten, dass die Kinder und Jugendlichen Sport treiben können."
Psychische Probleme und Fettleibigkeit
Ungewohnt emotional wandte sich Andreas Silbersack, als Vizepräsident im DOSB für den Breitensport zuständig, an die Parlamentarier. Corona habe die Lage deutlich verschlimmert. Mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche hätten dem organisierten Sport den Rücken gekehrt. Viele von ihnen hätten psychische Probleme und seien fettleibig geworden.
"Wenn ein Kind, das adipös wird, das heißt, der sitzt von früh bis Abend vor seinem Computer, frisst irgendwas in sich rein, ich muss das einfach mal so drastisch ausdrücken, das bedeutet für ihn, dass er sich verabschiedet von Bewegung. Stellen Sie sich das nochmal dynamisiert im Bereich der Inklusion vor, bei den Kindern und Jugendlichen, die geistig oder körperlich behindert sind. Denen noch weniger Angebote zur Verfügung stehen. Ich habe selber einen Sohn, der hat das Down-Syndrom. Und der darf nirgendwo mehr hin, da gibt es keinen Sport mehr, da ist mal Ende Allende."
Unter-14-Jährige sollten Sport treiben können
Die Unter-14-Jährigen, so der Appell des Sportfunktionärs, sollten endlich wieder regelmäßig Sport treiben können. Nicht nur allein, auch in Gruppe und organsiert. Findet auch der Sportsoziologe Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule in Köln, unter dessen Leitung der vierte Kinder- und Jugendsportbericht erstellt wurde.
"Für Kinder und Jugendliche ist das organisierte Sportangebot viel wichtiger als für andere Altersgruppen, dass sich Kinder und Jugendliche tatsächlich bewegen. Also da reicht nicht einfach nur zu sagen, sie können sich allein oder zu zweit an der frischen Luft irgendwie bewegen."
Spazierengehen, wandern, joggen – was für die Erwachsenen in Corona-Zeiten der neue Trendsport ist, finden Kinder und Jugendliche langweilig. Der Sportsoziologe schlägt gar vor, Marktplätze und Kirchhöfe zu öffnen für den organisierten Sport. Ob das schon in der akuten Lage möglich sein soll oder erst nach dem sich abzeichnenden nächsten harten Lockdown, war im Sportausschuss kein Thema.
"Kinder brauchen direkt vor ihrer Tür einen Platz zum Spielen"
Die Vorsitzende der Deutschen Kinderturn-Stiftung Kerstin Holze sprach sich ebenfalls für wohnortnahe Sportangebote aus. Sie brachte es auf die plakative Formel.
"Kurze Beine, kurze Wege. Kinder brauchen direkt vor ihrer Tür einen Platz zum Spielen und Toben. Stichwort: Schulhoföffnung am Wochenende, oder auch die Planung von Freiflächen bei der Stadtentwicklung."
Klar ist: Die Alarmsignale des Sports sind angekommen bei den Parlamentariern. Nun sind sie gefordert, dabei mitzuhelfen, dass Kinder und Jugendliche sich tatsächlich wieder mehr bewegen.