Die Verfechter der Kindergrundsicherung haben eine wohlklingelnde Formel zur Hand, um ihr Modell der Familienförderung zu bewerben: Sie sagen, es sei "vom Kind her gedacht". Familien sollten nicht mehr über die Steuer entlastet werden oder dafür, dass die Eltern verheiratet sind. Stattdessen soll eine Familie für jedes Kind eine feste Summe erhalten.
"Wir müssen weg von diesem Dualismus von Kindergeld und Kinderfreibetrag, der die Besserverdienenden bevorzugt."
Das sagt Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbunds. Er kritisiert, dass Besserverdienende über den Kinderfreibetrag mehr Steuern sparten, als Normalverdiener über das Kindergeld an Zuschüssen erhielten. Die Kindergrundsicherung soll dieses Ungleichgewicht beseitigen.
"Alle Kinder würden unabhängig von ihrer Situation die Kindergrundsicherung bekommen. Dann würden wir allerdings in einem zweiten Schritt die Kindergrundsicherung abschmelzen mit dem Grenzsteuersatz, die die Familie zahlt."
Modell würde 20 Milliarden Euro kosten
Die volle Kindergrundsicherung würde nach diesem Modell im kommenden Jahr 619 Euro betragen. Die Summe beinhaltet das sächliche Existenzminimum, das der Gesetzgeber festlegt, und einen Freibetrag für Betreuung und Erziehung. Wer nichts oder wenig verdient, soll für sein Kind den vollen Betrag erhalten. Mit steigendem Familieneinkommen würde die Leistung dann bis zum Mindestbetrag von gut 300 Euro sinken. Vor allem Familien mit mittlerem Einkommen würden dadurch mehr Geld erhalten. Der Nachteil: Das kostet viel. Die Befürworter der Kindergrundsicherung wollen das Modell unter anderem durch die Abschaffung des Ehegattensplittings gegenfinanzieren, aber eine beträchtliche Restsumme bleibt.
"Aso wir haben circa 20 Milliarden Euro, die man brauchen würde."
Die Kosten sind eines der wichtigsten Argumente, die die Gegner der Kindergrundsicherung vorbringen. Zudem sei es falsch, die soziale Sicherung von Kindern von der der Eltern abzukoppeln, sagt Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
"Die Lebenslage eines Kindes ist untrennbar mit der Lebenslage der Eltern und der Einkommenssituation der Eltern verbunden."
Kindern könne vor allem dadurch geholfen werden, dass ihre Eltern Arbeit haben, um die Familie zu finanzieren. Das Problem ist nur: Von den insgesamt 2,7 Millionen armen Kindern in Deutschland lebten 1,7 Millionen in Armut, obwohl die Eltern arbeiteten, sagt Heinz Hilgers. Diese stockten mithilfe von Hartz IV auf oder erhielten andere Sozialleistungen. Hier solle die Kindergrundsicherung Abhilfe schaffen.
"Sie befreit die Familien von einer überbordenden kontrollierenden Bürokratie, gibt ihnen die Würde, befreit sie davon, beim Bildungs- und Teilhabepaket Anträge stellen zu müssen für Essensgeld, für Lernförderung."
Grüne, Linke und Teile der SPD befürworten Kindergrundsicherung
Neben Wohlfahrtsverbänden setzen sich vor allem Grüne, Linke und Teile der SPD für die Kindergrundsicherung ein. Die von den Grünen verfolgte Form kommt der Version des Kinderschutzbundes nah: Ein Grundbetrag von rund 300 Euro soll den Steuervorteil ausgleichen, den im Moment Besserverdienende haben. Dazu sollten Bedürftige zusätzlich Geld erhalten, sagt Lisa Paus, steuerpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion.
"Wir wollen, dass diejenigen, die erwerbstätig sind, die sich selber davon finanzieren können, aber die wegen ihrer Kinder zusätzlich zum Amt laufen müssen, dass das nicht mehr notwendig ist."
Die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Katarina Barley, SPD, machte vor der Bundestagswahl einen ähnlichen Vorschlag: Sie will ein höheres Kindergeld mit dem Kinderzuschlag koppeln, den Eltern mit kleinem Einkommen derzeit bekommen. Für die Verfechter der Kindergrundsicherung ist das immerhin ein erster Schritt.