Kinder können echte Helden sein und manchmal erfahren die Eltern davon überhaupt nichts. So ergeht es Oskar und Zacharias. Es sind Sommerferien in Hamburg. Zacharias, kurz Zack genannt, jobbt als Hundesitter und Oskar begleitet seinen Freund bei den Spaziergängen mit einer Pudeldame. Als die beiden ein paar Minuten in der Eisdiele verschwinden, wird der Hund gestohlen. Völlig aufgelöst gehen die Kinder zur Polizeiwache, doch wie die meisten Erwachsenen glaubt der unfreundliche Polizist den Kindern kein Wort. Es kommt noch schlimmer. Er behauptet, dass die Kinder den Hund verkauft hätten, und steckt die beiden kurzerhand in ein Erziehungsheim. Zum Glück gibt es Charly, Zacks unerschrockene Schwester und ihre Freundin Elektra. Als sie Oskar und Zack aus dem Heim herausholen wollen, kommen die Vier in große Bedrängnis: Zu zwei verrückten Wissenschaftlern mit mutierten Killeraalen kommt noch ein ganz und gar unappetitliches Dosengericht: Labskaus. Übel, wirklich übel.
Labskaus ist tatsächlich ein traditionelles Hamburgisches aber auch insgesamt norddeutsches und wie ich jetzt gelernt habe, auch in Teilen Skandinaviens und Englands verbreitetes Seemannsgericht ursprünglich aus Kartoffeln, Rote Beete, Hering und Pökelfleisch. Das Ganze wurde püriert früher auf den Segelschiffen aus dem einfachen Grund, dass vielen der Matrosen, der Seeleute auf langen Fahrten die Zähne ausfielen aufgrund von Vitamin C Mangel und sie also gar nichts Festes mehr kauen konnten. Und da kam natürlich so ein Pamp, den man mehr oder weniger schlucken konnte wie er in den Mund kam, ganz gelegen.
Für besonders mutige Leser steht das original Hamburger Labskaus-Rezept auf dem im Buch befindlichen Lesezeichen, passend illustriert von Andi Meier, der auch das Cover und die Vignetten im Buch gestaltet hat. Der Labskausbrei spielt im Erziehungsheim eine bedeutende Rolle, denn er wird dort hergestellt. Die Leiterin des KBH, das steht für Kinderbesserungsheim, Paloma Hansen, ist eine schlaue Geschäftsfrau. Sie bezahlt keine Arbeiter für die Produktion von Labskaus, sondern lässt die Kinder arbeiten. Paloma Hansen ist überzeugt, dass ihre Zöglinge dann nicht mehr auf dumme Gedanken kommen. Eindrucksvoll und sehr anschaulich beschreibt das Autorenteam die Atmosphäre im Erziehungsheim. Die Kinder stecken in braungrünen hässlichen Arbeitsanzügen, die Stimmung ist angespannt. Es gibt einen strengen Aufseher und Kontrollen per Videoüberwachung. Ein Horrorszenario. Das Ergebnis der Kinderarbeit steht auf einer Blechdose: "Davon schwärmt das ganze Land - feines Labskaus vom Elbstrand". Paloma Hansen empfängt Oskar und Zacharias in ihrem Heim freundlich und resolut.
"Willkommen am Elbstrand." Eine Stimme wie das Knurren einer heiseren Hyäne ließ die beiden herumfahren. Sie gehörte einer dürren Frau mit verkniffenem Mund und schmalen Augen in dunkelgrauem Jackett und knielangem Rock. Ihren Haarknoten hatte sie so fest gebunden, als wolle sie sich damit die Falten aus dem Gesicht zurren. Hinter ihr hatten sich zwei muskelbepackte, ganz in schwarz gekleidete Kerle aufgebaut. "Was ihr hier riecht, fuhr die Frau fort, "ist der feine Duft von Labskaus..." Sie sah die Jungen aus wässrig-blauen Augen durchdringend an. "Ihr seid also Oskar und Zacharias?"
Martin Verg und Ina Rometsch haben in "Geheimsache Labskaus" originelle Figuren mit vielsagenden Namen entworfen: Raissa von Hoheluft-Schillingsbek heißt die teure Pudeldame. Oder Harro Ungern, so der Name des Polizisten. Er macht seinen Job wirklich nicht gerne und rächt sich an den Kindern. Die Eltern von Oskar sind sehr wohlhabend und überhäufen ihr einziges Kind mit teuren Dingen. Allerdings freut sich Oskar nicht über einen Golfschläger oder ein neues Handy. Er ist genervt von seiner Mutter. Sie ruft ihn ständig an und stellt blöde Fragen, aber eigentlich hat sie nur ihr Yogastudio im Kopf. Die alleinerziehende Mutter von Zack und Charly lässt die Kinder in den Ferien alleine zu Hause, während sie mit ihrer Freundin unterwegs ist und telefonisch nicht erreichbar. In "Geheimsache Labskaus" sind Eltern eine schwierige Sache: Wenn man sie braucht, sind sie nicht da oder sie sind ständig anwesend und sehr lästig.
Martin Verg:
"Ich bin davon überzeugt, dass man, wenn man für Kinder schreibt, einfach ein bisschen stärker typisieren muss, als man das tun würde, wenn es für Erwachsene wäre. Auch die Mutter von Oskar ist ja auch sehr Klischee, so die Frau des reichen Chefarztes, die eigentlich so als Hobby sich um ihr Yogastudio kümmert. Ich hoffe, dass es da draußen ein bisschen mehr Facetten hat, die echte Welt, als das hier im Buch sich darstellt."
Die Probleme der Erwachsenen sind derart kompliziert, dass wirklich keine Zeit für Kinder übrig ist. Das kommt den Kindern sehr gelegen, sie übernehmen die Regie und werden zu echten Helden. Über einen klassischen Erpresserbrief erfährt Zack, dass niemand anderes als Paloma Hansen die Pudelbesitzerin ist und ein wissenschaftliches Experiment hinter der Geschichte steckt. Experten züchten mit Kaviar ein Dopingmittel. Aale liefern den Stoff. Aber ihr Lebensraum, das Elbwasser ist seit einiger Zeit verändert und schuld daran ist Paloma Hansen. Sie hat durch eine neu entwickelte Labskausrezeptur das Abwasser verändert. Nun soll sie das alte Abwasser wieder herzustellen, bis dahin bleibt der Pudel gefangen. Die Wissenschaftler vermuten, dass Zack und Oskar das wichtige Originalrezept für Labskaus vom Elbstrand in den Händen haben und entführen die beiden. Spannung pur! Die Kinder werden als Geisel im wissenschaftlichen Institut eingesperrt,
Zack fragte sich, ob die Knarre echt war. Sie sah irgendwie schrottig aus, als wäre sie aus billigem Plastik. Elektroschockpistole – gab es so was überhaupt? "Ihr steigt jetzt schön langsam aus dem Wagen und folgt Doktor Dose im Gänsemarsch, klar?" Kurz trat aus dem Weg, hielt den Lauf seiner Waffe aber weiter auf Zack gerichtet, während der aus dem Auto kletterte. Oskar folgte. Dose raunte: "Hier entlang", und lief heftig schnaufend auf eine rot lackierte Feuertür zu. Hinter den Jungen kam Kurz, die Pistole schussbereit... Es war wirklich höchste Zeit abzuhauen. "Jetzt oder nie", dachte Zack und rannte los. "Zack, nicht!", hörte er Oskar noch rufen. Da machte es leise plopp! Zack riss es die Beine weg, und ein stechender Schmerz fuhr ihm wie ein Blitz durch den Körper.
Eine klassische Verfolgungsjagd mit viel Spannung. Ina Rometsch und Martin Verg verpacken in "Geheimsache Labskaus" wichtige Themen wie Umweltverschmutzung, Genmanipulation oder Doping mit viel Witz in eine spannende Handlung. Die Wissenschaft wird dabei ordentlich aufs Korn genommen, es gibt ein Forschungszentrum für angewandte Animalkapitaloptimierung. Der Name ist Programm, Forschung bringt Geld. Doch jeder Eingriff in die Umwelt hat Folgen, sogar das Abwasser verändert sich durch ein neues Labskausrezept.
Martin Verg:
"Wir haben uns jetzt nicht als Missionare in umweltbildungspolitischer Mission verstanden. Wenn das da rein gelesen wird, ist es wunderbar, aber das war nicht in erster Linie unsere Absicht. Natürlich werden ganz viele Themen angerissen, über die es sich sicherlich lohnt auch mal ein bisschen länger nachzudenken."
Mit viel Humor und einer originellen Handlung gelingt es dem Autorenteam auf die Gefährdung unseres Ökosystems hinzuweisen. In diesem spannenden Krimi sind Kinder die Helden. Sie nehmen ihr Schicksal in die Hand und übernehmen Verantwortung für sich und andere. Der Leser kann sich herrlich über die kunstvoll überspitzt dargestellten Figuren amüsieren. Gekonnt entsteht in dieser rasant erzählten Geschichte Spannung durch unerwartete Wendungen.
Ina Rometsch und Martin Verg ist mit "Geheimsache Labskaus" ein spannender, leicht verrückter und auch sehr amüsanter Krimi für Kinder ab 10 Jahren gelungen.
Martin Verg/Ina Rometsch: "Geheimsache Labskaus". Mit Vignetten von Andi Meier. Residenz Verlag. Preis: 12,90 Euro. ISBN 978-3-7017-2121-4. Empfohlen ab 10 Jahren.
Labskaus ist tatsächlich ein traditionelles Hamburgisches aber auch insgesamt norddeutsches und wie ich jetzt gelernt habe, auch in Teilen Skandinaviens und Englands verbreitetes Seemannsgericht ursprünglich aus Kartoffeln, Rote Beete, Hering und Pökelfleisch. Das Ganze wurde püriert früher auf den Segelschiffen aus dem einfachen Grund, dass vielen der Matrosen, der Seeleute auf langen Fahrten die Zähne ausfielen aufgrund von Vitamin C Mangel und sie also gar nichts Festes mehr kauen konnten. Und da kam natürlich so ein Pamp, den man mehr oder weniger schlucken konnte wie er in den Mund kam, ganz gelegen.
Für besonders mutige Leser steht das original Hamburger Labskaus-Rezept auf dem im Buch befindlichen Lesezeichen, passend illustriert von Andi Meier, der auch das Cover und die Vignetten im Buch gestaltet hat. Der Labskausbrei spielt im Erziehungsheim eine bedeutende Rolle, denn er wird dort hergestellt. Die Leiterin des KBH, das steht für Kinderbesserungsheim, Paloma Hansen, ist eine schlaue Geschäftsfrau. Sie bezahlt keine Arbeiter für die Produktion von Labskaus, sondern lässt die Kinder arbeiten. Paloma Hansen ist überzeugt, dass ihre Zöglinge dann nicht mehr auf dumme Gedanken kommen. Eindrucksvoll und sehr anschaulich beschreibt das Autorenteam die Atmosphäre im Erziehungsheim. Die Kinder stecken in braungrünen hässlichen Arbeitsanzügen, die Stimmung ist angespannt. Es gibt einen strengen Aufseher und Kontrollen per Videoüberwachung. Ein Horrorszenario. Das Ergebnis der Kinderarbeit steht auf einer Blechdose: "Davon schwärmt das ganze Land - feines Labskaus vom Elbstrand". Paloma Hansen empfängt Oskar und Zacharias in ihrem Heim freundlich und resolut.
"Willkommen am Elbstrand." Eine Stimme wie das Knurren einer heiseren Hyäne ließ die beiden herumfahren. Sie gehörte einer dürren Frau mit verkniffenem Mund und schmalen Augen in dunkelgrauem Jackett und knielangem Rock. Ihren Haarknoten hatte sie so fest gebunden, als wolle sie sich damit die Falten aus dem Gesicht zurren. Hinter ihr hatten sich zwei muskelbepackte, ganz in schwarz gekleidete Kerle aufgebaut. "Was ihr hier riecht, fuhr die Frau fort, "ist der feine Duft von Labskaus..." Sie sah die Jungen aus wässrig-blauen Augen durchdringend an. "Ihr seid also Oskar und Zacharias?"
Martin Verg und Ina Rometsch haben in "Geheimsache Labskaus" originelle Figuren mit vielsagenden Namen entworfen: Raissa von Hoheluft-Schillingsbek heißt die teure Pudeldame. Oder Harro Ungern, so der Name des Polizisten. Er macht seinen Job wirklich nicht gerne und rächt sich an den Kindern. Die Eltern von Oskar sind sehr wohlhabend und überhäufen ihr einziges Kind mit teuren Dingen. Allerdings freut sich Oskar nicht über einen Golfschläger oder ein neues Handy. Er ist genervt von seiner Mutter. Sie ruft ihn ständig an und stellt blöde Fragen, aber eigentlich hat sie nur ihr Yogastudio im Kopf. Die alleinerziehende Mutter von Zack und Charly lässt die Kinder in den Ferien alleine zu Hause, während sie mit ihrer Freundin unterwegs ist und telefonisch nicht erreichbar. In "Geheimsache Labskaus" sind Eltern eine schwierige Sache: Wenn man sie braucht, sind sie nicht da oder sie sind ständig anwesend und sehr lästig.
Martin Verg:
"Ich bin davon überzeugt, dass man, wenn man für Kinder schreibt, einfach ein bisschen stärker typisieren muss, als man das tun würde, wenn es für Erwachsene wäre. Auch die Mutter von Oskar ist ja auch sehr Klischee, so die Frau des reichen Chefarztes, die eigentlich so als Hobby sich um ihr Yogastudio kümmert. Ich hoffe, dass es da draußen ein bisschen mehr Facetten hat, die echte Welt, als das hier im Buch sich darstellt."
Die Probleme der Erwachsenen sind derart kompliziert, dass wirklich keine Zeit für Kinder übrig ist. Das kommt den Kindern sehr gelegen, sie übernehmen die Regie und werden zu echten Helden. Über einen klassischen Erpresserbrief erfährt Zack, dass niemand anderes als Paloma Hansen die Pudelbesitzerin ist und ein wissenschaftliches Experiment hinter der Geschichte steckt. Experten züchten mit Kaviar ein Dopingmittel. Aale liefern den Stoff. Aber ihr Lebensraum, das Elbwasser ist seit einiger Zeit verändert und schuld daran ist Paloma Hansen. Sie hat durch eine neu entwickelte Labskausrezeptur das Abwasser verändert. Nun soll sie das alte Abwasser wieder herzustellen, bis dahin bleibt der Pudel gefangen. Die Wissenschaftler vermuten, dass Zack und Oskar das wichtige Originalrezept für Labskaus vom Elbstrand in den Händen haben und entführen die beiden. Spannung pur! Die Kinder werden als Geisel im wissenschaftlichen Institut eingesperrt,
Zack fragte sich, ob die Knarre echt war. Sie sah irgendwie schrottig aus, als wäre sie aus billigem Plastik. Elektroschockpistole – gab es so was überhaupt? "Ihr steigt jetzt schön langsam aus dem Wagen und folgt Doktor Dose im Gänsemarsch, klar?" Kurz trat aus dem Weg, hielt den Lauf seiner Waffe aber weiter auf Zack gerichtet, während der aus dem Auto kletterte. Oskar folgte. Dose raunte: "Hier entlang", und lief heftig schnaufend auf eine rot lackierte Feuertür zu. Hinter den Jungen kam Kurz, die Pistole schussbereit... Es war wirklich höchste Zeit abzuhauen. "Jetzt oder nie", dachte Zack und rannte los. "Zack, nicht!", hörte er Oskar noch rufen. Da machte es leise plopp! Zack riss es die Beine weg, und ein stechender Schmerz fuhr ihm wie ein Blitz durch den Körper.
Eine klassische Verfolgungsjagd mit viel Spannung. Ina Rometsch und Martin Verg verpacken in "Geheimsache Labskaus" wichtige Themen wie Umweltverschmutzung, Genmanipulation oder Doping mit viel Witz in eine spannende Handlung. Die Wissenschaft wird dabei ordentlich aufs Korn genommen, es gibt ein Forschungszentrum für angewandte Animalkapitaloptimierung. Der Name ist Programm, Forschung bringt Geld. Doch jeder Eingriff in die Umwelt hat Folgen, sogar das Abwasser verändert sich durch ein neues Labskausrezept.
Martin Verg:
"Wir haben uns jetzt nicht als Missionare in umweltbildungspolitischer Mission verstanden. Wenn das da rein gelesen wird, ist es wunderbar, aber das war nicht in erster Linie unsere Absicht. Natürlich werden ganz viele Themen angerissen, über die es sich sicherlich lohnt auch mal ein bisschen länger nachzudenken."
Mit viel Humor und einer originellen Handlung gelingt es dem Autorenteam auf die Gefährdung unseres Ökosystems hinzuweisen. In diesem spannenden Krimi sind Kinder die Helden. Sie nehmen ihr Schicksal in die Hand und übernehmen Verantwortung für sich und andere. Der Leser kann sich herrlich über die kunstvoll überspitzt dargestellten Figuren amüsieren. Gekonnt entsteht in dieser rasant erzählten Geschichte Spannung durch unerwartete Wendungen.
Ina Rometsch und Martin Verg ist mit "Geheimsache Labskaus" ein spannender, leicht verrückter und auch sehr amüsanter Krimi für Kinder ab 10 Jahren gelungen.
Martin Verg/Ina Rometsch: "Geheimsache Labskaus". Mit Vignetten von Andi Meier. Residenz Verlag. Preis: 12,90 Euro. ISBN 978-3-7017-2121-4. Empfohlen ab 10 Jahren.