Diese Konferenz widmet sich einem Thema, über das man nicht gerne spricht. Das immer nur dann wieder auftaucht, wenn es besonders krasse Fälle in die Öffentlichkeit schaffen, und das man ansonsten gern unter der Decke hält. Nicht nur in der katholischen Kirche, aber auch.
Der Jesuitenpater Hans Zollner hat sich der Aufgabe verschrieben, genau das zu verhindern. Er reist um die ganze Welt, um aufzuklären, zu sensibilisieren, er leitet an der päpstlichen Gregoriana-Universität das Centre for Child Protection, wo unter anderem Multiplikatoren ausgebildet werden, die weltweit für das Thema Missbrauch sensibilisieren sollen. Und er schult inzwischen katholische Bischöfe, von denen viele in der Vergangenheit unglücklich agiert haben, manche kriminell. Doch das Thema Kindesmissbrauch ist zu groß, um es nur in der Kirche zu diskutieren, sagt Zollner:
"Wie können wir die weltweite Gemeinschaft von Menschen, von Staaten darauf aufmerksam machen, dass wir hier geschlossener und entschlossener agieren müssen?"
Schätzungen, dass jedes fünfte Kind Opfer von sexueller Gewalt wird
Das ist die Hauptfrage dieser Tagung, die heute in Rom beginnt. Das Besondere: Nicht nur Vertreter der katholischen Kirche sind dabei, sondern auch anderer Religionsgemeinschaften. Vertreter von Staaten, aus der Wissenschaft, von Nichtregierungs- und UN-Organisationen und der Polizei werden an einem Tisch sitzen. Denn das Problem des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen hat sich im digitalen Zeitalter noch einmal deutlich verschärft. Über 800 Millionen junge Menschen sind im Internet unterwegs. Allein in Europa schätzt man, dass jedes fünfte Kind Opfer einer Form von sexueller Gewalt wird. Professor Ernesto Caffo hat schon vor 30 Jahren eine Missbrauchshotline in Italien gegründet – er sagt: Das Thema braucht jetzt einen weltweiten Ansatz:
Das Problem der Gewalt, auch der Gewalt gegen Kinder im Internet ist riesig, Millionen Kinder sind betroffen. Auch in Ländern, wo es nur wenig Schutz gibt, in Afrika, in Asien und auch in Südamerika. Kinder, die alleingelassen sind, haben im Internet das größte Risiko.
Doch Kinder, Jugendliche vor Missbrauch, der vom Internet ausgeht, zu schützen, ist kompliziert. Das wissen viele Eltern, und auch Staaten können oft nicht viel ausrichten, sagt Hans Zollner:
Deutschland, Österreich und Frankreich können Gesetze machen, wie sie wollen. Wenn der Server von diesem Unternehmen auf einer Insel im Pazifik steht, dann haben sie keinen Zugriff.
Und kein Zugriff bedeutet oft keinen Schutz. Auch deshalb ist es wichtig, dass die großen Internetkonzerne nach Rom kommen. Facebook und Microsoft sind. Denn die Giganten der digitalen Zeit könnten viel für den Schutz von Kindern und Jugendlichen tun:
Facebook macht da schon einiges, Google macht einiges, Microsoft hat Leitlinien, aber auch da, wie überall, ist die Frage: und wie übersetzt sich das tatsächlich auch in die konkrete Tat und in die Maßnahmen, sodass junge Leute nicht gefährdet sind.
Papst Franziskus empfängt alle Teilnehmer zur Audienz
Am Ende der Tagung, am Freitag soll nicht ein "Schön, dass wir darüber geredet haben" stehen, sondern die eine Erklärung, aus der klar wird, was zu tun ist, sagt Ernesto Caffo aus Italien:
Die "Erklärung von Rom", die wir dem Heiligen Vater vorstellen, wird ein Dokument der ganz konkreten Verpflichtungen sein, die angegangen werden müssen. Von Regierungen, sonstigen Institutionen aber auch von der Kirche. Das ist der Beginn eines Weges. Es ist sehr wichtig, dass wir hier unterschiedliche Erfahrungen, Zuständigkeiten, Funktionen zusammen bringen, um ein dramatisches Problem anzugehen, dass viele Kinder auf der Welt betrifft.
Papst Franziskus empfängt alle Teilnehmer am Freitag zur Audienz. Mehr Wertschätzung geht nicht. Denn auch im Vatikan hat sich inzwischen bei vielen die Erkenntnis breitgemacht dass das Thema Missbrauch viel Aufmerksamkeit braucht, damit sich etwas ändert.