Michael Davies berichtete, wie er 1994 in Sierra Leone mit 16 Jahren von seinem Onkel für die Armee rekrutiert worden ist. Der Onkel habe ihm vorgegaukelt, dass er ihn auf einen Ausflug in die Nachbarstadt mitnehme, am Ende habe er ihn aber „an der Front abgeliefert“, sagte Davies im Deutschlandfunk. Vier bis fünf Jahre habe er dort verbracht.
„Die Kinder haben alles als Normalität wahrgenommen“, sagte Davies. Er sei dann regelmäßig für den Einsatz an die Front geschickt worden. Kinder, die sich gewehrt hätten, seien bestraft worden. Eine Flucht sei quasi unmöglich gewesen, da auf dem Weg zurück in die Stadt überall Rebellen gelauert hätten.
„Man stumpft komplett ab“
Die allgegenwärtige Angst habe alles bestimmt, berichtete Davies. Die hätte deswegen keinen Gedanken an eine mögliche Flucht aufkommen lassen. Man habe Drogen genommen, um die Aktivitäten ertragen zu können. „In dieser Situation gehören Drogen und Alkohol zusammen“, sagte Davies. „Man stumpft komplett ab.“
Was die Zahl der Menschen, die er getötet hat, betrifft, blieb Davies unkonkret. „Krieg ist Krieg. Wenn man angegriffen wird, greift man selber zurück.“ Man müsse bewaffnet sein, um sich selber zu schützen, das ist ganz wichtig, sagte Davies. „Die Waffe gehört immer dazu.“ Es gebe keinen anderen Weg. Die Feinde haben auch Waffen dabei, deswegen müsse man sich verteidigen.
„Kinder verdienen Liebe“
Er sei 2000 dann über ein halbes Jahr auf der Flucht gewesen, berichtete Davies. Seit 2001 lebt er in Deutschland und arbeitet in Hannover als Sozialarbeiter und als Integrationshelfer, wo er sich um behinderte Kinder kümmert. Seinen Kindern erzähle er aber nichts von seiner Geschichte. „Die Kinder verdienen Liebe.“
„Nach dem Krieg ist vor dem Krieg, man ist traumatisiert. Das spielt auch eine ganz große Rolle für das neue Leben“, sagte Davies, die Vergangenheit könne man nicht ausblenden, sie hole einen immer wieder ein. Musik habe ihm in der Therapie sehr geholfen, sein Trauma zu verarbeiten. „Man fühlt sich dann wieder wie neugeboren. Man vergisst die Albträume.“
Um in Zukunft Kindersoldaten zu verhindern, müsse man schon im Vorfeld versuchen Kriege zu verhindern. Dies könne die UN beispielsweise schon mit der Intervention in Krisenregionen tun.