Der Ausbau von Kindertagesstätten ist gut vorangekommen, mittlerweile gibt es für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Platz – doppelt so viele wie noch vor acht Jahren. Doch das Angebot reicht immer noch nicht aus, denn auch die Nachfrage ist gestiegen: 40 Prozent der Eltern wünschen sich eine Betreuung für ihr Kleinkind – in den Großstädten liegt der Bedarf noch höher. Doch die befürchtete Klagewelle ist ausgeblieben.
Klagewelle ist ausgeblieben
Trotz der guten Zahlen - Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig steht unter Druck. Denn für die jetzt anstehende Qualitätsoffensive in der Kinderbetreuung gibt es vom Bund kein zusätzliches Geld mehr. Satt und sauber reiche aber nicht, kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner.
„Jedes einzelne Kind, das nicht gut genug und kindgerecht betreut wird, ist eins zu viel. Wenns um die Qualität geht, wissen wir, dass es in vielen Bereichen mangelt. Und der wichtigste ist die Frage, wie viel Zeit haben die Erzieherinnen und Erzieher wirklich für die Kinder."
Geld und Erzieher fehlen
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind 5 Milliarden Euro und 120.000 zusätzliche Erziehrinnen und Erzieher nötig, um eine kindgerechte Betreuung zu gewährleisten. Maximal drei Kinder unter Drei Jahren sollen von einer Erzieherin betreut werden, so die Empfehlung der Experten - bei den Älteren sollen es maximal sechs Kinder sein. Davon sind die meisten Bundesländer weit entfernt, nur Bremen und Baden-Württemberg erreichen diesen Schlüssel - dafür hinkt hier der Ausbau hinterher. In Berlin etwa ist zwar das Angebot an Betreuungsplätzen gut - doch kommen hier sechs Kleinkinder auf eine Erzieherin, bei den über Dreijährigen liegt der Schlüssel bei 1 zu 12. Das Problem ist dabei nicht nur das fehlende Geld, sondern auch die Schwierigkeit, überhaupt Erzieherinnen und Erzieher zu finden.
"Zum Einen durch den massiven Aufbau von neuen Kindertagestättenplätzen, und noch ein Stückweit nachhinken von Ausbildungsplätzen, die vielleicht nicht ausreichend da sind, dann denke ich dass der Beruf nicht für alle attraktiv sind, weil die Aufstiegsmöglichkeiten doch relativ gering sind,"
Personal steht unter Druck
erzählt Ute Erben, Bereichsleiterin der Arbeiterwohlfahrt pro Mensch. Die AWO betreibt in Berlin sechs Kitas, fünf davon im Bezirk Marzahn-Hellersdorf. In den letzten Jahren hat allein die AWO 245 zusätzliche Plätze geschaffen. Doch eine 2013 fertiggestellte große Einrichtung konnte erst jetzt voll ausgelastet werden - weil keine Erzieher gefunden wurden. Bei steigenden pädagogischen Anforderungen und wachsenden Aufgaben steht das Personal zudem stark unter Druck, beklagt Erben.
"Das ist nicht in allen Kitas gleich, ohne Frage, aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir viele schwierige Familien auch haben, im Sinne von, dass die viel Unterstützung brauchen."
Keine einheitlichen Regelungen
Nun ist die frühkindliche Bildung Sache von Ländern und Kommunen - und der Bund, hat mit seiner Finanzhilfe dafür schon viel getan - allein 3 Milliarden Euro in den vergangenen 4 Jahren. Doch Familienministerin Manuela Schwesig muss sich an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen. Vor ihrer Wahl hatte sie stets ein Bundesqualitätsgesetz gefordert, das einheitliche Standards für alle Bundesländer vorschreibt - zumindest was Betreuungsschlüssel, Qualifikation des Personals und Weiterbildung angeht. Das fordert jetzt auch die Opposition. Doch im Amt musste Schwesig zurückrudern. Denn Länder und Kommunen wollen sich nicht vorschreiben lassen, was vom Bund nicht gegenfinanziert wird. Im Herbst will Schwesig einen Kita-Qualitätsgipfel einberufen - reden kostet nichts.