Zwei Jahre lang musste der heute Zehnjährige Junge offenbar ein unfassbares Martyrium erleiden. Laut Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft war er wie eine Ware von seiner eigenen Mutter und deren Lebensgefährten im Internet zur Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch angeboten worden.
"Perfide Heile-Welt-Fassade"
Männer aus dem In- und Ausland kamen nach Südbaden, um sich an dem Jungen für tausende Euro zu vergehen. Das zuständige Jugendamt des Landkreises Breisgau Hochschwarzwald hatte keinerlei Beweise, die hätten vermuten lassen, welche Missbrauchsdimension sich hier im Verborgenen abspielte. Die Frau, die von der Behörde betreut wurde, hat eine perfide Heile-Welt-Fassade geschaffen, sagt Matthias Fetterer, Sprecher des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald.
"Es ist nicht erkennbar gewesen, welche Fassade diese Frau tatsächlich aufgebaut hat. Letztenendes wurde sie bei uns wahrgenommen als dem Kinde zugewandt. Es wäre keiner auf die Idee gekommen, dass sich eine Geschichte mit einem solchen Ausmaß hier ereignet."
Zwei Gerichte, eine falsche Entscheidung
Das Kind war im Frühjahr 2017 zwar vom Jugendamt kurzzeitig in Obhut genommen worden, weil die Erziehungsfähigkeit der Mutter in Zweifel stand. Per Gerichtsentscheid kam der heute Zehnjährige aber wieder zu ihr zurück. Wie sich herausstellte, die falsche Entscheidung. Getroffen von zwei Gerichten. Katja Ravat, die im Staufener Missbrauchsprozess als Anwältin den Zehnjährigen als Nebenklägerin vertritt, hat die scheinbare Mittäterschaft der Mutter hingegen nicht überrascht.
"Das ist schon etwas, was schon vielleicht über das übliche Maß in ähnlichen Missbrauchsverfahren hinausgeht, allerdings betrifft es auch unsere Vorurteile, nämlich die Annahme, dass Mütter nicht beteiligt sind. Es macht einen fassungslos, aber letztlich ist es kein Ausnahmefall, dass Mütter sich auf diesem Gebiet beteiligen."
Als verurteilter Sexualstraftäter bekannt
Der Staufener Missbrauchsfall hat auch für Aufsehen gesorgt weil Christian L., Lebensgefährte der Mutter, den Behörden als verurteilter Sexualstraftäter bekannt war. Dennoch konnte er nahezu unbehelligt mit ihr zusammen leben, trotz bestehenden Kontaktverbots mit Kindern. Bis das Paar festgenommen wurde und das Missbrauchsmartyrium für den Jungen ein Ende fand.
Für die Freiburger Staatsanwältin, Nikola Nowak war die Dimension des Staufener Falles überraschend.
"Ne, das habe ich mir nicht vorgestellt. Also, ich kannte natürlich den Hauptangeklagten aus dem früheren Verfahren, das hatte ich auch schon geführt, aber das wir so tiefe Einblicke in die Pädophilen-Szene bekommen würden, das hatte ich nicht erwartet und das hat uns auch alle wirklich sehr überrascht."
Vor dem Freiburger Landgericht sind inzwischen sechs Täter, die den Zehnjährigen gegen Geld missbraucht und vergewaltigt hatten, zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden, einige sogar mit anschließender Sicherungsverwahrung, weil davon auszugehen ist, dass von den Männern eine dauerhafte Gefahr für Kinder ausgeht.
Für die beiden Haupttäter, Christian L. und die Mutter des Jungen, Berrin T., fällt am Vormittag das Urteil. Staatsanwaltschaft und Nebenklage haben bis zu vierzehneinhalb Jahren Haft gefordert, für Christian L. zusätzlich Sicherungsverwahrung.