Susanne Luerweg: Worum handelt es sich denn bei "Unsere Zeit ist jetzt"? Ist es eine Doku, ein Comic oder eine Science-Fiction-Schlacht: Cro in der Zukunft?
Fabian Wolff: Von allen drei Sachen ein bisschen, also ich würde das am besten als Metafilm bezeichnen, also ein Film, der immer wieder sagt: Okay, vielleicht ist das die Realität, vielleicht auch nicht. Cro spielt nicht die Hauptrolle, sondern es geht um drei junge Menschen - zwei Männer und eine Frau -, die für einen Kreativwettbewerb, die der Rapper Cro mit seiner Plattenfirma Chimperator ausschreibt, drei Filmideen liefern. Eine Dokumentation über Cros große Tour, einen Zeichentrickfilm über Cros Anfänge - so ein bisschen superhelden-origin-story-mäßig und eine Satire über den alten Cro in 30 Jahren, der mit fettem Bierbauch irgendwie rumhängt und Golf spielt und es eigentlich noch mal wissen möchte. Diese drei Filmideen werden mit dem vierten Plot - weil natürlich diese drei Hauptfiguren ménage-à-trois-mäßig irgendwie zusammenhängen, bla bla bla, Liebeschaos und so weiter, man kennt das ja alles - diese Sachen werden nicht unelegant vermischt zu so einem Film, der quasi Cro nicht als Figur, aber als Lebensgefühl einfangen soll.
"Der Film trägt die Handschrift von Schweiger"
Luerweg: Und Til Schweiger ist der Produzent und außerdem auch noch Darsteller des 30 Jahre älteren Cro - ohne Bierbauch nehme ich mal an. Wie passt er in dieses doch auf den ersten Blick ein bisschen verworren klingende Konzept?
Wolff: Also der Film trägt - auch wenn Cro im Hintergrund ist - schon die Handschrift von Schweiger. Also die weibliche Hauptfigur ist eigentlich nur dazu da, den männlichen Hauptfiguren bisschen die Traurigkeit zu nehmen, indem sie so ein bisschen wunderlich ist, und das wird dann in dem Fall damit erklärt, dass sie das Asperger-Syndrom hat und sehr unsensibel geht der Film mit dem Asperger-Syndrom und Autismus um, aber klopft sich gleichzeitig auf die Schulter. Und statt ernsthafter Behandlung von Autismus als Thema, isst sie halt ganz gerne Popcorn und läuft immer mit Rollkoffer herum, und das ist ja sehr schön wunderlich. Da merkt man Til Schweiger als Ideengeber und als Produzenten auf jeden Fall in dieser merkwürdigen Zeichnung der Frauenfigur. Ansonsten hält er sich da glaube ich bedeckt.
"Musik als Lebenshilfe - dieses Gefühl fängt der Film gut ein"
Luerweg: Sie sagen gerade Cro spielt gar nicht die Hauptrolle. Welche Bedeutung hat er denn dann für den Film? Ist er nur so ein bisschen Aufhänger für diese verworrene Liebesgeschichte und dass die Teenies ins Kino gehen?
Wolff: Cro ist auf jeden Fall - ich würde sagen - der gute Geist des Films, also seine Ideen, sein Spirit, seine Präsenz wabern so ein bisschen durch den Film. Er ist natürlich auch der Aufhänger, und alle drei Figuren werden auch explizit als Cro-Fans eingeführt und sind große Liebhaber seiner Musik, die ihnen in schweren Stunden irgendwie weiterhilft und so weiter. Also es geht hier schon um Musik als Lebensgefühl, Musik als Lebenshilfe - und dieses Gefühl fängt der Film auf jeden Fall gut ein. Das klingt natürlich sehr klischeehaft. Es geht so um Sachen wie "Lebe deinen Traum", "Der Moment ist jetzt", "So jung kommen wir nicht mehr zusammen", " Trau dich was", "Hab keine Angst" bla bla bla und so weiter, man kennt das von ganz vielen T-Shirts oder Jutebeuteln oder lustigen Katzenbildern. Diese Botschaft bringt der Film gar nicht zynisch, sondern relativ authentisch. Er glaubt da schon daran, so wie Cro ja daran auch glaubt - also im Grunde geht es um Lebenshilfe, so eine Mischung aus Film und Motivations-Clip vielleicht.
Luerweg: Und jetzt wollen ja alle immer unbedingt wissen, wie Cro denn aussieht. Nimmt er die Pandamaske ab? Also es heißt ja, man könnte ihn erkennen, wenn man denn wüsste, wer er ist in dem Film. Wissen Sie es jetzt?
Wolff: Also ich glaube nicht, dass Cro einen Cameo-Aufritt hat, also es gibt ja ein altes Jugendfoto von Cro. Ansonsten ist der junge Cro ohne Maske zu sehen, aber eben - das ist dann der Kniff - als Zeichentrickfigur. Also kann er trotzdem immer noch unerkannt über die Fußgängerzone von Stuttgart laufen, ohne von Hunderten Teenie-Fans irgendwie umrannt zu werden, die unbedingt T-Shirts signiert haben wollen.
"Cro-Fans kriegen das, was sie erwarten und wollen"
Luerweg: Was ist das denn irgendwie? Wir hängen uns mal auf die Erfolgswelle drauf, also in dem Fall Til Schweiger, der sagt: Deutschrap kommt gerade gut an. Cro ist der Erfolgreichste - also das nehme ich jetzt auch noch mal mit für mich?!
Wolff: Ich glaube nicht. Das merkt man daran, wie kreativ Deutschrap ist und natürlich wie kommerziell erfolgreich das ja schon seit ein paar Jahren so ... und diese große Welle - da haben zwar immer alle Angst, dass sie vielleicht bald bricht und der ganze Boom vorbei ist, aber ich glaube, das bleibt noch ein paar Jahre. Und wenn es natürlich an so ein Filmprodukt, das auch sehr professionell produziert ist und mit viel Budget und großen Stars und auch Leuten wie Howard Carpendale in einer lustigen Nebenrolle und so - dann zeigt das schon, dass Deutschrap, glaube ich, schon zu den eigenen Bedingungen im Mainstream angekommen ist und sich da nicht unbedingt verkaufen muss, um so eine ja im Grunde harmlose Komödie ins Kino zu bringen.
Luerweg: Der Film ist jetzt was für Cro-Fans oder auch für andere?
Wolff: Cro-Fans werden mit dem Film auf jeden Fall glücklich. Der belügt sie auch nicht, also sie kriegen das, was sie erwarten und auch wollen. Nicht-Cro-Fans bietet der Film relativ wenig, weil auch die ganzen vermeintlichen Meta-Gags über das Showbiz dann halt doch sehr platt an der Oberfläche bleiben und das Ganze dann doch arg sehr til-schweigert.
Luerweg: Fabian Wolff über den Film, in dem Cro zwar als Vehikel dient, aber im Grunde eine Nebenrolle spielt. "Unsere Zeit ist jetzt" läuft heute im Kino an. "Unsere Zeit ist jetzt" hört sich auch an wie ein Cro-Titel.
Wolff: Ja.
Luerweg: Ist aber keiner, ne?
Wolff: Bestimmt bald, bestimmt bald - als Hörspiel, Videospiel und Handy-App.
Luerweg: Fabian Wolff, vielen Dank für das Gespräch.
Wolff: Vielen Dank.