Es ist ein sonnendurchfluteter Herbstmorgen, als die Glocke von Sankt Laurentius nahe der Kölner Universität, mit wuchtigen Bewegungen zum wohl letzten Gottesdienst läutet.
Obwohl früh am Morgen um kurz nach neun, ist die Kirche gut gefüllt. Am Eingang müssen die Besucher angeben, ob sie zur Kommunion gehen wollen, dann wird jeweils eine Hostie in den Korb gelegt - Hilfestellung bei der Kalkulation. Denn: So viele Besucher wie an diesem Morgen hatte St. Laurentius lange nicht mehr - die Kirche wird außer Dienst gestellt.
Zum letzten Gottesdienst ist extra der stellvertretende Generalvikar des Erzbistums Köln gekommen, Pfarrer Mike Kolb.
"Das ist heute ein trauriger Tag. Da gibt es nichts zu deuteln. Traurig ist dieser Tag für die Menschen, die mit dieser Kirche verbunden sind, die in ihr groß geworden sind, vielleicht sogar hier geheiratet haben und immer wieder in den Gottesdienst hier gesucht haben."
Obwohl früh am Morgen um kurz nach neun, ist die Kirche gut gefüllt. Am Eingang müssen die Besucher angeben, ob sie zur Kommunion gehen wollen, dann wird jeweils eine Hostie in den Korb gelegt - Hilfestellung bei der Kalkulation. Denn: So viele Besucher wie an diesem Morgen hatte St. Laurentius lange nicht mehr - die Kirche wird außer Dienst gestellt.
Zum letzten Gottesdienst ist extra der stellvertretende Generalvikar des Erzbistums Köln gekommen, Pfarrer Mike Kolb.
"Das ist heute ein trauriger Tag. Da gibt es nichts zu deuteln. Traurig ist dieser Tag für die Menschen, die mit dieser Kirche verbunden sind, die in ihr groß geworden sind, vielleicht sogar hier geheiratet haben und immer wieder in den Gottesdienst hier gesucht haben."
Es kommen immer weniger
Doch über die Jahre sind dies weniger geworden, immer weniger. Maximal gut 20 Personen seien dies Sonntag für Sonntag gewesen, die noch zum Gottesdienst in die 1961 eingeweihte Kirche gekommen sind; das Gemeindeleben hätte nur aus dem Treffen eines Seniorenkreises bestanden. Da es fünf weitere Kirchen im Umkreis gibt, will man sich nun die Kosten sparen - und den mächtigen Backsteinkubus, mit außen angebrachter Glocke, der erst auf den zweiten Blick als Kirche zu identifizieren war, eine neue Verwendung zuzuführen. Die Gespräche mit der Universität sind fortgeschritten, künftig soll das Gebäude als Hörsaal dienen. In der Gemeinde ist man stolz darauf, eine gute Nachnutzung gefunden zu haben - doch erst einmal heißt es nun, Abschiednehmen, so Pfarrer Kolb in seiner Predigt.
"Es macht Mut, selber glaubender Mensch zu sein, weil ich in älteren Menschen ein Vorbild, finde. Und wo ältere Menschen erfahren, das ist schön zu sehen, dass Kinder und Jugendliche, wenn auch nicht in so großer Zahl wie früher, den Glauben weitertragen und so ein Zeichen der Hoffnung säen. Ich wünsche uns, und ihnen, dass dies trotz der Schließung eines Gotteshauses in Lindenthal gelingt."
Es geht um die Gemeinschaft in der Gesellschaft, aber letztendlich auch um das schrumpfende Christentum hierzulande.
"Obwohl wir kleiner werden, in unserem Glauben, Hoffen und Lieben ausstrahlen und uns gegenseitig stärken und ermutigen. Die Menschen brauchen Hoffnung. Wir mit der besten Botschaft der Welt, mit dem lebendigen Christus in unserer Mitte, wir haben etwas zu bezeugen. Sind wir - trotz der Traurigkeit dieses Tages - Zeugen der Hoffnung. Amen."
Seit der Jahrtausendwende über 500 Kirchen aufgegeben
Eindringliche Worte, die jedoch nach dem Gottesdienst und wenige Meter hinter der Eingangstür, bei den älteren Herrschaften, wie vergessen zu sein scheinen.
"Wenn ich ehrlich sein soll: Es ist eine Schande. Sagen Sie auch? Ja."
"Schade, schade. Und es ist eine kleine Gemeinde da. Das sind alte Leute, aber die sind an dieses Haus, an die Kirche gebunden. Und dann das andere: Ich meine, ich bin gläubig und ich finde, eine Kirche ist ein Gotteshaus. Hat auch noch einen anderen Zweck als einfach an die Uni weiterzugeben und dann irgendetwas draus machen. Nein."
Sie schüttelt den Kopf, doch die Säkularisierung der Gesellschaft ist Fakt: Im Erzbistum Köln fiel die Zahl der Mitglieder in diesem Jahr erstmals unter die Marke von zwei Millionen Menschen, etwas weiter nördlich, im Erzbistum Essen, diskutiert man gar offen über eine Auflösung. Und diese Entwicklung hat auch sichtbare Konsequenzen: Seit der Jahrtausendwende wurden in Deutschland über 500 katholische Kirchengebäude als Gottesdienstorte aufgegeben, so jüngsten Umfragen. Bei mehr als 24.000 katholischen Kirchen und Kapellen in Deutschland, ein Zahl, die nicht besonders hoch klingt. Aber:
" … ist natürlich die Entwicklung nach wie vor schon dramatisch. Es ist nicht in Sicht, dass wieder im größeren Maße man breitere Bevölkerungsschichten dazu bekommt, regelmäßig die Kirche zu besuchen. Es ist eine gewisse Stabilisierung im Sinne eben eines Kirchenbesuchs einmal im Monat so ungefähr."
Sagt der Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards. Für den Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn ist die Diskussion von Seiten der Kirchen zu einseitig und
"Wenn ich ehrlich sein soll: Es ist eine Schande. Sagen Sie auch? Ja."
"Schade, schade. Und es ist eine kleine Gemeinde da. Das sind alte Leute, aber die sind an dieses Haus, an die Kirche gebunden. Und dann das andere: Ich meine, ich bin gläubig und ich finde, eine Kirche ist ein Gotteshaus. Hat auch noch einen anderen Zweck als einfach an die Uni weiterzugeben und dann irgendetwas draus machen. Nein."
Sie schüttelt den Kopf, doch die Säkularisierung der Gesellschaft ist Fakt: Im Erzbistum Köln fiel die Zahl der Mitglieder in diesem Jahr erstmals unter die Marke von zwei Millionen Menschen, etwas weiter nördlich, im Erzbistum Essen, diskutiert man gar offen über eine Auflösung. Und diese Entwicklung hat auch sichtbare Konsequenzen: Seit der Jahrtausendwende wurden in Deutschland über 500 katholische Kirchengebäude als Gottesdienstorte aufgegeben, so jüngsten Umfragen. Bei mehr als 24.000 katholischen Kirchen und Kapellen in Deutschland, ein Zahl, die nicht besonders hoch klingt. Aber:
" … ist natürlich die Entwicklung nach wie vor schon dramatisch. Es ist nicht in Sicht, dass wieder im größeren Maße man breitere Bevölkerungsschichten dazu bekommt, regelmäßig die Kirche zu besuchen. Es ist eine gewisse Stabilisierung im Sinne eben eines Kirchenbesuchs einmal im Monat so ungefähr."
Sagt der Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards. Für den Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn ist die Diskussion von Seiten der Kirchen zu einseitig und
" … führt im Moment noch faktisch dazu, dass man die Dinge rein ökonomisch und auch quantitativ behandelt und immer nur nach Nutzungsdauer, Nutzungszahlen und entsprechenden Kosten, Unterhaltskosten verfährt.
Glauben an eigene Zukunft verloren?
Wie eben im Fall von Sankt Laurentius. Dabei: Geld wäre in dem mit 3,6-Milliarden-Euro reichen Erzbistum Köln vorhanden. Aber: Wie und nach welchen Kriterien geht man vor?
"Wenn ich hingehe und zähle, dann habe ich ein großes Problem, weil ich natürlich auf diese Art und Weise Fakten schaffe und dann natürlich auch andere zumachen muss. Und dann hat man im Grunde genommen einen Präzedenzfall natürlich auch geschaffen, mit diesem Argument, das sicherlich Kreise ziehen wird, ja."
Monsignore Sebastian Cüppers hat die letzten Jahre im Pfarrheim bei St Laurentius gelebt, den Gottesdienst gehalten, obwohl der 63-Jährige eigentlich die Stabsstelle Kirchenrecht im Erzbistum Köln leitet. Er war ein entschiedener Gegner der Schließung.
"Warum soll man hingehen und eine Gemeinde zumachen, in der sich, eben gemäß dem Wort Jesu zwei oder drei versammeln und er mitten unter ihnen ist?"
Stattdessen würde nun ein attraktiver Standort in Uni-Nähe aufgegeben - und…
"…natürlich ist es ein Zeichen nach Außen, weil im Grunde genommen im Gegensatz zudem, was eigentlich immer in Predigten und Hirtenworten und so weiter propagiert wird, man eigentlich der Gesellschaft gegenüber signalisiert: Wir glauben nicht an unsere eigene Zukunft."
"Wenn ich hingehe und zähle, dann habe ich ein großes Problem, weil ich natürlich auf diese Art und Weise Fakten schaffe und dann natürlich auch andere zumachen muss. Und dann hat man im Grunde genommen einen Präzedenzfall natürlich auch geschaffen, mit diesem Argument, das sicherlich Kreise ziehen wird, ja."
Monsignore Sebastian Cüppers hat die letzten Jahre im Pfarrheim bei St Laurentius gelebt, den Gottesdienst gehalten, obwohl der 63-Jährige eigentlich die Stabsstelle Kirchenrecht im Erzbistum Köln leitet. Er war ein entschiedener Gegner der Schließung.
"Warum soll man hingehen und eine Gemeinde zumachen, in der sich, eben gemäß dem Wort Jesu zwei oder drei versammeln und er mitten unter ihnen ist?"
Stattdessen würde nun ein attraktiver Standort in Uni-Nähe aufgegeben - und…
"…natürlich ist es ein Zeichen nach Außen, weil im Grunde genommen im Gegensatz zudem, was eigentlich immer in Predigten und Hirtenworten und so weiter propagiert wird, man eigentlich der Gesellschaft gegenüber signalisiert: Wir glauben nicht an unsere eigene Zukunft."
"Die Entscheidung fällt immer schwer."
Monsignore Markus Bosbach sitzt nur einige Gänge von Cüppers entfernt. Bosbach leitet die Hauptabteilung Seelsorgebereiche, er ist Ansprechpartner im Erzbistum für die Schließung von St. Laurentius - und sich des Dilemmas bewusst:
"Eine Kirche, die anders genutzt wird, predigt ja auch. Predigt auch von einem Bedeutungsverlust, den wir haben. Das schmerzt und legt eben auch den Finger in eine Wunde und zeigt uns: Wir spielen eben nicht mehr die Rolle, die wir vielleicht mal gespielt haben."
Monsignore Markus Bosbach sitzt nur einige Gänge von Cüppers entfernt. Bosbach leitet die Hauptabteilung Seelsorgebereiche, er ist Ansprechpartner im Erzbistum für die Schließung von St. Laurentius - und sich des Dilemmas bewusst:
"Eine Kirche, die anders genutzt wird, predigt ja auch. Predigt auch von einem Bedeutungsverlust, den wir haben. Das schmerzt und legt eben auch den Finger in eine Wunde und zeigt uns: Wir spielen eben nicht mehr die Rolle, die wir vielleicht mal gespielt haben."
Die Zukunft wird noch viele Schließungen bringen
Aktuell werden Einzelfälle bewertet.
"Aber es ist nicht so, dass wir jetzt ein diözesanes Schließungsprogramm oder so etwas haben."
Auch Bosbach weiß, dass es ein strukturelles Thema wird. Für ihn ist entscheidend: Die Nachnutzung der Gotteshäuser müsse angemessen sein.
"Von daher bevorzugen wir immer Umnutzungen, die auch zu dieser Würde, die ein Raum hat, durch seine Geschichte, durch seine bauliche Gestalt, passen."
Dann, so Bosbach, sei auch die Akzeptanz der Entscheidung höher. In Zukunft, das scheint allen klar, wird es noch viele solcher letzten Momente geben - wie eben in St. Laurentius.
"Gehet hin in Frieden."
"Dank sei Gott dem Herren."
"Aber es ist nicht so, dass wir jetzt ein diözesanes Schließungsprogramm oder so etwas haben."
Auch Bosbach weiß, dass es ein strukturelles Thema wird. Für ihn ist entscheidend: Die Nachnutzung der Gotteshäuser müsse angemessen sein.
"Von daher bevorzugen wir immer Umnutzungen, die auch zu dieser Würde, die ein Raum hat, durch seine Geschichte, durch seine bauliche Gestalt, passen."
Dann, so Bosbach, sei auch die Akzeptanz der Entscheidung höher. In Zukunft, das scheint allen klar, wird es noch viele solcher letzten Momente geben - wie eben in St. Laurentius.
"Gehet hin in Frieden."
"Dank sei Gott dem Herren."