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Kirchliche Mode
Fromme Stoffe

Japangold und Seide, Hermelin und Samt: In den Kirchen kommen traditionell edle Textilien zum Einsatz. Gewänder, Stolen und Altartücher werden in speziellen Werkstätten gefertigt. Doch mittlerweile darf's auch Polyester aus Fernost sein. Wie viel Pracht im Gottesdienst ist noch zeitgemäß?

Von Thomas Daun |
    Eines der päpstlichen Messgewänder hangt in der vatikanischen Sakristei an einem Kleiderhaken
    Die Gewänder von Geistlichen sind zumeist teure Unikate aus Handarbeit - und sie sind mehr als nur Prunkstücke (imago / Rüttimann)
    "Hier haben wir eine Lang-Stola, etwas moderner gestaltet. Hier sieht man die Trauben in Goldtönen und Japangold; unten das Kreuz, alles so schön in Braun-Gold-Tönen gehalten…"
    Schlicht, aber elegant ist der über zwei Meter lange Streifen aus Seide, der vor Doris Kraus auf dem Tisch liegt. Viele Stunden Arbeit stecken darin: sie hat einen Entwurf auf Pergament gezeichnet, die Konturen auf den Stoff übertragen, die feinen Fäden in Handarbeit aufgestickt.
    Die Stola zählt zu den wichtigsten Kleidungsstücken des Priesters. Deshalb verwendet man gerne kostbare Materialien; etwa Japangold, das bis heute aus Fernost importiert wird.
    Doris Kraus erklärt: "Japangold ist das Grundmaterial der Paramentenstickerei. Das ist ein Seidenfaden, der mit einem Papier umwickelt ist, das mit Blattgold abgedeckt wurde. Es gibt das in unterschiedlichen Stärken von 0,1 Millimeter bis 2 Millimeter Dicke und in der Paramentenstickerei ist es eben das Gold, dieser Glanz, der in die Stickereien reingebracht wird."
    Ein Gewand holt man nicht einfach aus dem Kleiderschrank
    "Paramente" sind Textilien, die im Gottesdienst gebraucht werden: liturgische Gewänder für Priester, Diakone und Messdiener, Tücher mit denen Altar und Taufbecken, Kanzel und Kelch geschmückt werden.
    Doris Kraus begann ihre Ausbildung als Paramenten-Stickerin 1983 in Bad Honnef; ein paar Jahre später legte sie die Meisterprüfung ab und arbeitet seitdem in der kleinen "Werkstatt für Textilkunst" der Franziskanerinnen im Kloster Nonnenwerth - idyllisch gelegen auf einer Insel im Rhein.
    "Ich komme morgens mit der kleinen Fähre hier rübergefahren, komme hier oben an, habe entweder schon eine angefangene Stickarbeit da liegen, an die ich mich dann setze und weiterarbeite. Manche Priester kommen dann und haben eine Idee, die umgesetzt werden soll, wo ich dann Skizzen schon mal anfertige und kleine Stickproben."
    Judith Maurer sagt: "Gewänder reicht man in der Regel, wenn nicht besondere Eile geboten ist, nicht aus der Stange heraus, sondern man legt sie auf dem Ankleidetisch aus. Die Liturgie genießt ja in all ihren Einzelheiten einen besonderen Respekt und eine Ehrfurcht, sodass man sich auch einer Paramentik nicht bedient wie in einem Kleiderschrank."
    Steine liegen auf handgemachten Paramenten auf einer Werkbank.
    Steine liegen auf handgemachten Paramenten auf einer Werkbank. (Kaiserswerther Paramente / Kerstin Fröse)
    Auch Judith Maurer hält jeden Tag liturgische Gewänder in den Händen; ihr Arbeitsplatz liegt nur 40 Kilometer rheinabwärts von Nonnenwerth. Die junge Frau ist Küsterin am Kölner Dom. Zu ihren Aufgaben gehört es, vor dem Gottesdienst die Paramente für die Geistlichen zusammenzustellen und "auszulegen".
    "Es gibt Traditionelle, die mögen gerne die alten Gewänder, es gibt Priester die eher die modernen, zeitgenössischen wählen. Dann gibt es die künstlerisch wertvollen oder die ganz schlichten, wie man es im Katalog bekommt. Hier am Dom lernt man das durch die Vielfalt der Priester auch besser kennen. Die Frage, wie dick ist so ein Gewand, schwitzt man darin oder nicht - das sind alles so Kleinigkeiten, die Priester an Vorlieben haben."
    Papst in Polyester
    Schon im Mittelalter ordnete man den Zeiten und Festen des Kirchenjahres bestimmte Farben zu: Weiß für Weihnachten und Ostern, Rot für Pfingsten und Märtyrerfeste, Violett für Advents- und Fastenwochen, Grün für die übrigen "Zeiten im Jahreskreis". Diese liturgischen Farben sind verbindlich für die priesterlichen Gewänder und den Kirchenschmuck, in der katholischen wie auch der evangelischen Kirche. Zusätzlich wurden die Textilien häufig auch mit biblischen Bildern und christlichen Symbolen geschmückt.
    Papst Johannes Paul II. am 03.05.1987 während seines Kölnaufenthaltes
    Das Gewand, das Papst Johannes Paul II. für seinen Kölnbesuch trug, ist heute eine Reliquie (imago stock&people )
    Aus den Kleiderschränken in der großen Dom-Sakristei holt Judith Maurer ein Gewand hervor - gold-silbern glitzernd, aus Polyester angefertigt. So gering der Materialwert, so hoch sei der ideelle Wert dieses Paramentes, erzählt die Küsterin:
    "Da sehen wir unten im Stab auf der Vorderseite das Wappen von Johannes Paul II. - und das hat er 1985, als er hier war, getragen. Johannes Paul II. ist ja heiliggesprochen worden, und damit ist es eine Berührungsreliquie. Wir legen dieses Gewand immer zu besonderen Tagen aus, insbesondere, wenn im Oktober der Gedenktag des Johannes Paul gefeiert wird."
    Leonie Becks sagt: "So, hier auf der untersten Ebene des mittelalterlichen Gewölbekellers sind die Textilien ausgestellt…"
    Leonie Becks leitet die Kölner Domschatzkammer, zu der ein reicher Bestand an Paramenten gehört; Messgewänder und Stolen, Kelch- und Altartücher aus sieben Jahrhunderten, viele davon reich bestickt und mit kostbaren Steinen geschmückt.
    Prunkstück der Sammlung ist die "Capella Clementina" - ein Ensemble aus 44 Kleidungsstücken, die der Kölner Kurfürst Clemens August Mitte des 18. Jahrhunderts zur Kaiserkrönung seines Bruders in Auftrag gab. Hergestellt wurden die Textilien von den besten Näherinnen der damaligen Zeit, die am französischen Königshof tätig waren. Seit zehn Jahren hängen die kostbaren Kleider in der Schatzkammer.
    "Die 300 Jahre alte Seide ist sehr brüchig und die schwere Stickerei und die Applikationen sind nicht mehr mit dem Stoff richtig befestigt, lösen sich und fallen herunter. Deswegen sind wir glücklich darüber, dass sie nicht mehr auf der Straße getragen werden, sondern gelegentlich noch am Dom an hohen Festtagen, aber nur einige wenige ausgewählte Gewänder."
    "Schluss mit dem Karneval!"
    "Du sollst deinem Bruder Aaron heilige Kleider machen zur Ehre und zur Zierde, dass er mein Priester sei. Dazu sollst du Gold nehmen und Stoffe von blauem und rotem Purpur und Karmesinfarbe und von weißer Baumwolle. Und du sollst die Gewänder mit vier Reihen von Steinen besetzen. Die erste Reihe sei ein Rubin, ein Topas und ein Smaragd; die zweite Reihe ein Granat, ein Saphir und ein Diamant; die dritte Reihe ein Opal, ein Achat, ein Amethyst; die vierte Reihe ein Chrysolith, ein Schoham und ein Jaspis. In Gold sollen sie gefasst sein bei ihrer Einsetzung." (Moses 2, 28)
    Schon im Buch Moses findet sich eine umfangreiche und luxuriöse priesterliche Kleiderordnung; das christliche Mittelalter stand dem in nichts nach, wie ein Chronist des 15. Jahrhunderts erzählt.
    "Die Kirchenfürsten stecken vollständig in Gold und Silber, in Samt und Seide, in Satin und Taft. Sie verschwenden Unsummen für Kleidungsstücke. Oft übersteigt die luxuriöse Ausstattung durch Stickereien, Schnüre, Borden, Quasten, Ketten und Fransen noch den Preis der Stoffe."
    Ist ein solcher Prunk noch zeitgemäß? Papst Franziskus, so scheint es, wendet sich ab vom Erscheinungsbild seiner Vorgänger: "Schluss mit dem Karneval! Das können Sie selbst anziehen!" - soll er bei seiner Amtseinführung ausgerufen haben, als ihn der Kammerherr in der Sakristei der Sixtinischen Kapelle in prachtvolle Gewänder kleiden wollte.
    "Ich kann mir vorstellen, dass der heutige Papst Franziskus für die Feier der Liturgie einen anderen Ansatzpunkt sieht als in dem, was er für sich selbst so tut. Er hat sich ja noch nicht geweigert, irgendwelche liturgischen Kleider zu benutzen oder Gewänder. Was er tut, ist in seinem persönlichen Erscheinungsbild. Das ist ihm zu pompös wie es aufgebaut worden ist, bis zum Hermelin. Das kann ich sehr gut nachvollziehen und da dürfen wir auch und sollten immer einen Unterschied sehen", sagt Schwester Maria.
    Das Kloster Nonnenwerth liegt auf einer Insel im Rhein
    Im Kloster Nonnenwerth werden noch heute liturgische Gewänder von Hand hergestellt (imago stock&people)
    Sie ist Äbtissin des Klosters Nonnenwerth. Für sie sind die Kleidung des Priesters und der Schmuck des Kirchenraums Ausdruck des feierlichen und besonderen Charakters der Messe.
    Sie erzählt: "Ich kann bis zu Jesus zurückgehen; der hat die Jünger ausgeschickt und einen bestimmten Saal ausgeguckt, wo das Abendmahl zelebriert werden sollte. Also, es war für ihn auch eine Besonderheit. Die sollten wir auch hochhalten und als was Besonderes weiterhin pflegen."
    Klaus Raschzok sagt: "Das Anliegen, die heiligen Orte und natürlich insbesondere den Priester als den zentralen heiligen Ort in der Eucharistiefeier zu schmücken und das durch Textil zu tun, seine Rolle hervorzuheben - das setzt schon im frühen Christentum ein. Die entscheidende Begründung ist, dass dieser Schmuck nicht dem Priester oder nicht dem Inhaber des geistlichen Amtes gilt, sondern dass der Schmuck Christus gilt, als dem Herrn der Kirche."
    Als Professor für Praktische Theologie an der Evangelischen Hochschule Neuendettelsau bei Nürnberg beschäftigt sich Klaus Raschzok seit Langem mit der Geschichte der Paramentik. Dabei liegt sein Augenmerk vor allem auf den Traditionen der protestantischen Kirche.
    "Im katholischen Bereich gilt der Schmuck der heiligen Orte dem zentralen heiligen Ort der Christusbegegnung, nämlich dem Priester, der Christi Leib austeilt an die Gläubigen. Im evangelisch-lutherischen Gottesdienst sind diese zentralen Orte der Altar, der Taufstein, die Kanzel, der Beichtstuhl."
    "Die Stickkunst ist geistlos und unerquicklich geworden"
    Im 18. und 19. Jahrhundert führte die französische Revolution, die Auflösung von Klöstern und Enteignung kirchlicher Besitztümer dazu, dass die einst blühende Kunst der Paramentik verkümmerte.
    "In den zurückliegenden Jahren ist die kirchliche Stickkunst geistlos und unerquicklich geworden. Auch heute noch ist es auf diesem Kunstgebiete an vielen Orten kläglich bestellt. Von jener Mannigfaltigkeit früherer Jahrhunderte hat man vollends alle Ahnung verloren", klagt ein gelehrter Theologe damals in seiner Abhandlung zur Geschichte der liturgischen Gewänder.
    Dabei hatte zu jener Zeit schon eine Gegenbewegung eingesetzt. Der fränkische Theologe und Pfarrer Wilhelm Löhe eröffnete 1854 in Neuendettelsau eine Diakonieanstalt für junge Frauen. Neben Krankenpflege und Sozialarbeit lernten die angehenden Schwestern dort auch die Stickereikunst und fertigten schmückende Textilien für den Kirchenraum an. Klaus Raschzok sagt:
    "Wilhelm Löhe argumentiert, dass diese Sorge für das Kirchengebäude ein Lernfeld ist. Was die Diakonisse in der Sorge für den Altar, für die Kanzel, für den Taufstein lernt, das kann sie in einem Wechselspiel dann auch in der Krankenpflege anwenden."
    Jedes Stück ein Unikat
    Wilhelm Löhes Ideen fielen auf fruchtbaren Boden. Katholische Frauenklöster entdeckten die fast vergessene Kunst der Paramentik wieder; evangelische Diakoniehäuser richteten Stickerei-Werkstätten ein.
    So etwa in Kaiserswerth bei Düsseldorf, einer der größten Diakonieanstalten Deutschlands. Krankenhaus und Kindergarten, Alten- und Jugendzentrum, Beratungsstellen und Berufskolleg - eine ganze kleine Stadt breitet sich in dem parkähnlichen Gelände aus. Viele Jahrzehnte lang gehörte die Paramenten-Werkstatt dazu. Kerstin Fröse sagt:
    "Es ist überliefert, dass hier auf dem Gelände auch der Flachs angebaut wurde. Und auf der Wiese wird heute Fußball gespielt. Ob das wirklich so war, kann man nicht mehr nachvollziehen; aber es wurde alles, vom Anbau des Flachses bis zur Gewinnung des Fadens und dem Verweben zum Grundstoff, wurde hier von den Diakonissen selbst in die Hand genommen."
    2009 gründete Kerstin Fröse mit ihrer Kollegin Valeska Stengert die "Kaiserswerther Paramentenwerkstatt"; die beiden Stickerinnen hatten zuvor viele Jahre lang als Angestellte der Diakonie gearbeitet. Als die Zukunft des Betriebes gefährdet war, kauften die beiden Freundinnen kurzerhand die Werkstatt auf und führen sie seitdem ohne kirchliche Unterstützung weiter.
    Aus handgewebtem Leinen fertigen Kerstin Fröse und Valeska Stengert in aufwändiger Handarbeit Altar-, Kanzel- und Wandbehänge an; jedes Stück ist ein Unikat, wird nach den Wünschen der Gemeinde und passend für den jeweiligen Kirchenraum hergestellt. Valeska Stengert sagt:
    "Wenn die Kunden zufrieden sind oder in der Gemeinde die Menschen bemerken: da hat sich was verändert - das ist eine tolle Erfahrung."
    Farbenfrohes Detail eines handgemachten Paramentes.
    Jedes Stück ist ein Unikat: Farbenfrohes Detail eines handgemachten Paramentes. (Kaiserswerther Paramente / Kerstin Fröse)
    Wie ihre Kollegin Kerstin Fröse kam Valeska Stengert über die Begeisterung für Handarbeit zur Paramentik.
    Sie erzählt: "Im Kontakt zu den Gemeinden, zu anderen Betrachtern, erfährt man viel Neues aus dem Bereich der Spiritualität. Das geht nicht so einfach an einem vorbei. Und letztlich glaube ich: Was uns Spaß macht, ist diese große Bandbreite an Arbeit, an Aufgaben hier - von der Entwicklung, Beratung, über die Farbauswahl, über die Motiv-Festlegung bis hin zum Handwerklichen Zu-Ende-Bringen und dann auch wieder inhaltlich bei der Gemeinde zu vertreten."
    "Was ich erlebe, ist nicht bloß billig, das ist auch Geiz"
    Katharina Hinz sagt: "Es ist teilweise Anlass, dass es zu echten Konflikten in Gemeinden kommt, gerade wenn es um Modernität geht. Da brechen dann diese typischen Fragen von Gemeinden auf: Wie modern soll Kirche sein? Wie traditionsbewusst soll sie sein? Das sind nicht nur Altersunterschiede, die sich in den Gemeinde-Kirchenräten nach außen hin zeigen. Das sind auch Haltungsunterschiede. Das sind auch Mentalitäten von Menschen, gerade wenn an Althergebrachtem wahnsinnig festgehalten wird."
    Katharina Hinz hat einen Beratungsvertrag für Paramente bei der Badischen Landeskirche. Nach einer dreijährigen Ausbildung als Paramentikerin in Magdeburg - noch zu DDR-Zeiten - studierte sie zusätzlich Theologie und Kunstgeschichte.
    Im Kontakt mit den Gemeinden erfährt Katharina Hinz immer wieder, wie gering die Wertschätzung für Paramentik heutzutage ist.
    "Das, was ich erlebe, ist nicht bloß billig, das ist auch Geiz. Wenn man schaut, im Vergleich, wofür Gemeinden selbstverständlich ordentlich Geld ausgeben, zum Beispiel für all das, was versicherungstechnisch notwendig ist. Der Wert von Paramentik ist in der protestantischen Kirche ideell dermaßen gering, dass so billig gearbeitet wird und viel zu wenig Beispiele in den Kirchen hängen, an denen man sieht, wie kostbar und wie wertschätzend Paramente für einen Kirchenraum und für eine Gemeinde sein können."
    Nicht bloß Zierrat
    In vergangenen Jahrhunderten waren Textilien Wertgegenstände; heute sind sie durch Billig-Produktion im Fernen Osten zu Wegwerf-Artikeln geworden. Mit festlichen Gewändern oder goldbestickten Kelchtüchern - hierzulande mit der Hand genäht und bestickt - lässt sich kein Geld verdienen. Leonie Becks sagt:
    "Wir haben eine Haute-Couture-Designerin angesprochen, weil wir Gewänder hatten mit Goldstickerei, die wir gerne übertragen lassen wollten. Dann hat sie gesagt: Warum wollen Sie das übertragen lassen? Lassen Sie das doch sticken, in Indien kann man das sticken lassen. Und sie hat uns tatsächlich dann ein Velum dort sticken lassen. Man kann das durchaus. Aber ich würde sagen, hier in Deutschland oder Europa wäre das schon schwierig zu finden. Das sind dann vielleicht die Restauratoren, die das noch können. Aber bezahlen kann man das hier nicht, die Arbeit."
    Klaus Raschzok sagt: "Da ist im Verlauf der letzten 20 Jahre ein starker Umbruch auch durch die Markt- und Unternehmens-Orientierung der evangelischen Diakonie passiert, dass die Werkstätten ausgegliedert wurden. Sie befinden sich weitgehend inzwischen in persönlicher Trägerschaft. Also, die Mitarbeiterinnen haben das selbst in die Hand genommen. Die evangelische und die katholische Kirche könnten die Paramentik nur dadurch schützen, dass sie bereit sind, das als ein Nicht-Gewinn-Geschäft zu betrachten."
    Die Tradition der Paramente reicht weit in die christliche Vergangenheit zurück. Priesterliche Gewänder, Stoffe für Kirchenraum, Kanzel oder Kelch, liturgische Farben, bildliche Symbole - all das ist kein überflüssiger Zierrat, sondern theologisch begründbar. Richtig verwendet, tragen die Stoffe zur Spiritualität von Riten und Räumen bei.
    Doch in Zeiten von Wegwerf-Mentalität und Sparzwängen fällt es schwer, Menschen vom Wert handgearbeiteter Paramente zu überzeugen. Der frühere Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst war ein Freund kostbarer Messgewänder - als Werbeträger taugt er wohl kaum. Die Zukunft der Paramentik ist mehr als ungewiss. Kerstin Fröse sagt:
    "Den Beruf an sich mag ich niemandem ans Herz legen, weil es keine Grundlage für den Lebensunterhalt bietet. Es ist aber mein Anliegen, dass das Handwerk an sich nicht verschwindet. Das ist ja eine sehr alte Kulturtechnik mit so vielen Ausformungen und Variationen, die weltweit ausgeführt wird. Da habe ich schon die Angst davor, dass das verschwindet oder große Vereinfachung erfährt, weil keiner mehr die Geduld hat oder die Zeit, sich intensiv mit Stickerei zu beschäftigen, die sehr viele Arbeitsschritte erfordert."