So beginnt das 70. Kapitel des Capitulare de Villis vel curtis imperii. Obst, Gemüse und Kräuter listet Karl der Große auf, damit jedes seiner Landgüter gut ausgestattet ist.
Die Liste Karls des Großen bildet die Grundlage für den Karlsgarten in Aachen. Alle Pflanzen, die der Kaiser erwähnt hat, sind hier zu finden. Fleißig gesammelt und gepflegt von den Freunden des Botanischen Gartens.
Dr. Ruth Gestrich-Schmitz, Biologin: " Der Freundeskreis Botanischer Garten hat im Jahr 2000 diesen Karlsgarten eröffnet, und das Jahr 2000 ist ein besonderes Jahr für die Stadt Aachen gewesen, denn in diesem Jahr jährte sich zum 1200. Mal die Kaiserkrönung Karls des Großen. "
Mechthild Feese, pensionierte Hauptschullehrerin: " Der Garten ist hier bei Gut Melaten. Das ist ein alter Bauernhof ursprünglich gewesen, der nachher als Leprastation genutzt wurde. "
Dr. Ruth Gestrich-Schmitz, Biologin: " Wie wir angefangen haben zu pflanzen? Wir hatten zur Seite einige Planungsbüros ... Es sollte ein bisschen in Anlehnung an Klostergärten sein auf der anderen Seite auch wieder nicht, denn es gibt überhaupt keine Vorlagen, wie die Karlsgärten ausgesehen haben, und dann hat man so ein bisschen in Anlehnung an dieses Gut Melaten den Garten geplant, der öffnet sich also vom Gut aus und führt weiter in die Ferne... und ein Weg, der mittendurch geht, der soll ein wenig Spannung erzeugen. "
" Rechts und links davon sind die kleinen Kräuter- und Staudenparzellen, außen rum eine große Buchenhecke und davor stehen Obst- und Nussbäume. "
" Wir können jetzt im Prinzip einfach mal durchgehen und die Pflanzen ein bisschen charakterisieren. "
Dr. Karl Josef Strank, Biologe: " Also hier in der ersten Reihe des Karlsgartens stehen vor allen Dingen Duftpflanzen, die dann aber auch alle eine Heilwirkung haben, und im Einzelnen waren das natürlich auch fürs Mittelalter sehr wichtige Pflanzen. Da könnte man vielleicht, Frau Feese, sie erzählt nämlich immer auf den Karlsgartenführungen die Geschichte zu den Pflanzen und hat einen reichen Fundus, aus dem sie schöpfen kann.
Ja, wenn wir gerade vor den leeren Beeten stehen, ist es schwer, die Pflanze zu beschreiben oder darüber zu reden und da wir so viele andere haben, können wir die übergehen. Dieses hier ist also der Salbei mit den rauen Blättern, ist außerdem ein Lippenblütler, den man immer wieder am Vierkantstängel selber erfühlen kann. Salbei war wirklich früher so ein Allheilmittel, eigentlich wie heute Melisse oder Kamille oder so. Dies hier ist eigentlich das Stück der Geruchspflanzen, der Weingewürze, und man muss hier mit der Nase entlang gehen, und riechen, an jedem Blatt ein bisschen reiben und riechen. Und das auf sich wirken lassen. Du hast da schon. "
" Ja, so gibt's hier die Eberraute, ist ein Asterngewächs, sieht eigentlich so ein bisschen aus - weil das Blatt ganz zerteilt ist - wie so ein Ästchen von einer Lärche, nur dass die Ästchen nicht in Büscheln stehen und, sie merken, es duftet ganz, ganz intensiv. Und dieser Geruch führte auch dazu, dass jeder, der in die Kirche ging, sich mindestens eins, zwei kleine in die Bibel gelegt hat, denn wenn der Pfarrer mal ganz langweilig predigte und man immer weiter so einschlief und der Kopf herabsank auf die Bibel, durch den Geruch, schlagartig wurde man wieder wach. "
Feese: " Der Bärwurz sieht so ein bisschen aus wie Asparagus, was man so in Blumensträuße mit rein nimmt. Er ist eine sehr aromatische Pflanze, wieder riechen. Man muss immer riechen, bisschen nach Möhre, und heißt Bärwurz, weil nach der Wurzel, bevor die Pflanze rauskommt, sich so ein großer Haarkranz bildet, und man meint, dass es Bärenähnlichkeit hat, und man kann, in Bayern macht man das, die Wurzel sehr gut verarbeiten zu einem vorzüglichen Schnaps, der auch Bärwurz heißt. Es gibt einige Herren, die haben intensive Erfahrung damit, die schlagen immer die Augen gen Himmel auf, wenn sie Bärwurz hören. "
" Wir machen das immer so, dass wir Produkte auf den Tisch stellen. Da haben wir unter anderem auch so einen Kräuterlikör, der wird immer als erstes von den Herren genommen, und dann haben die die Aufgabe, die dazugehörige Pflanze zu suchen, freuen sich natürlich sehr, wenn sie den Bärwurz gefunden haben. "
" Herren mit etwas schütterem Haarwuchs werden hierher geführt, aus der Wurzel wird heute noch Öl hergestellt, das berühmte Klettenöl, das gegen Haarausfall wirken soll. Soll!. "
Gestrich-Schmitz: " Außerdem ist bei der Klette noch zu sagen...Die Klette ist das Vorbild für den heutigen Klettverschluss. Früher, wenn die Soldaten die Knöpfe verloren hatten, haben die zum Teil, wenn sie Kletten gefunden haben, die als Knopfersatz genommen, deshalb auch der Name im französischen boutons de soldat. "
Jeden zweiten Samstag im Monat von März bis Oktober treffen sich die Aktiven des Freundeskreises, zum säen, pflanzen, Unkraut jäten und schneiden, damit der Garten ganzjährig attraktiv ist.
" Wir beginnen das Jahr mit dem Frühjahrsputz im Karlsgarten, wo die Arbeiten dann anfangen. Da wird dann nach getaner Arbeit Kuchen gegessen, Kaffee getrunken, leckerer Schluck Wein getrunken und beschließen das Jätejahr dann mit dem Kehraus. Dann gibt's oft Zwiebelkuchen, bringen die Leute mit, die hier arbeiten. Und das ist dann ein schönes Beisammensein so zum Abschluss der Arbeiten, bevor die Winterpause beginnt. "
Infos und Literatur
Wenn Sie Lust haben auf einen "grünen" Sonntagsspaziergang: Der Karlsgarten liegt am Gut Melaten, direkt neben dem Aachener Klinikum. Mehr über die Landgüterverordnung Karls des Großen und ein genaues Portrait der von ihm empfohlenen Pflanzen erfahren Sie in dem Bildband:
Von Kirschen, Bohnen und Knoblauch. Die Pflanzen im Garten Karls des Großen von Karl Josef Strank und Jutta Meurers-Balke, erschienen im Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 2008