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Kita-Streik
"Der Schlichterspruch ist ein wichtiger Zwischenschritt"

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wertet den Schlichterspruch im Kita-Streit als Fortschritt. Sprecher Norbert Hocke warnte aber im DLF: "Wir können noch nicht von einer Aufwertung des Berufsfeldes reden." Mit Sorge blickte er auf die vorgeschlagene Laufzeit von fünf Jahren: "Das wird einer der Knackpunkte sein in den Tarifkommissionen."

Norbert Hocke im Gespräch mit Jörg Biesler |
    Erzieher und Erzieherinnen mit roten Plastikhelmen beteiligen sich an einer Demonstration.
    Die Erzieher wollen, dass ihre Arbeit auch finanziell besser anerkannt wird. (picture-alliance / dpa / Oliver Berg)
    Jörg Biesler: In Sachen Kita ist schon seit Längerem viel in Bewegung, keine Kinderverwahranstalten sollen Tagesstätten sein, sondern Orte der frühkindlichen Bildung. Das verlangt von den Erzieherinnen und Erziehern einiges, und das wollen sie auch honoriert wissen. Auf den Streik, von dem viele etwas gemerkt haben, folgte die Schlichtung, gerade eben gab es nach zähen Verhandlungen den Schlichterspruch.
    Am Telefon ist jetzt Norbert Hocke, im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zuständig für die Kitas. Guten Tag, Herr Hocke!
    Norbert Hocke: Guten Tag!
    Biesler: Die Schlichter, wir haben es gerade noch mal gehört, die haben Tariferhöhungen empfohlen, einvernehmlich, in verschiedenen Berufsfeldern unterschiedlich hoch, aber natürlich nirgendwo so hoch, wie Sie es gefordert hatten. Das wäre ja nun auch ein Wunder gewesen, wenn das das Ergebnis einer Schlichtung ist. Wie nahe ist es denn dran an dem, was Sie sich vorgestellt haben?
    Hocke: Die Tarifkommission der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft berät zurzeit über den Schlichterspruch. Ein abschließendes Ergebnis kann ich noch nicht vermelden, aber der Schlichterspruch ist ein wichtiger Zwischenschritt. Nun müssen die Tarifkommissionen der Gewerkschaften, aber auch die Arbeitgeberseite noch einmal in die Bewertung gehen. Man kann aber bei dem jetzigen Schlichterspruch sagen, dass man feststellen muss, dass die Aufwertung eines Berufsfeldes so noch nicht gelungen ist. Wir haben materielle Erfolge durch den Schlichterspruch, aber wir können noch nicht von einer Aufwertung des Berufsfeldes reden.
    Kritische Punkte bleiben
    Biesler: Ja, das war ja ein ganz wichtiger Aspekt auch während des Streiks, dass Erzieherinnen und Erzieher und mit ihnen natürlich auch die Gewerkschaften gesagt haben, es geht uns eigentlich nicht nur ums Geld, es geht uns auch darum, dass unsere Arbeit anerkannt wird. Die Arbeitgeber haben dagegen immer argumentiert, der Erzieher sei der bestbezahlte Ausbildungsberuf im öffentlichen Dienst. Wie kriegen Sie das hin, dass da eine Balance gewährleistet wird, wenn Sie jetzt noch ein bisschen mehr wollen?
    Hocke: Na ja. Der Punkt ist erst mal der, der beste Ausbildungsberuf im öffentlichen Dienst ist ja nicht so zu vergleichen. Wir haben eine fünfjährige Ausbildung zur Erzieherin, und das ist nicht vergleichbar mit den bezahlten Ausbildungsberufen im öffentlichen Dienst. Die Erzieherinnen müssen in ihrer Ausbildung, wenn sie an privaten Schulen sind, auch noch Geld für die Ausbildung mitbringen. Wir müssen schauen, dass sich die Arbeitsfelder deutlich verändert haben. Nicht zuletzt die Frage der Sprachgestaltung, die Frage der Flüchtlingskinder, die Frage der Migration. Nein, da hätte man eine deutliche Aufwertung schon spürbar in die entsprechenden Verhandlungen einbringen müssen vonseiten der Arbeitgeber.
    Aber man muss auch sehen, es gibt an der einen oder anderen Stelle jetzt deutliche Verbesserungen, die Leitungskräfte werden besser bewertet, obwohl wir uns jetzt hier auch ein anderes Bewertungskriterium gewünscht hatten, wegkommen von der Kinderzahl hin zu den Beschäftigungsverhältnissen. Das ist nicht geglückt.
    Ein weiterer Punkt, der uns schätzungsweise in den Tarifkommissionen große Sorgen machen wird, ist die Laufzeit dieses Tarifvertrages, für fünf Jahre ohne Veränderungen. Das ist sehr lang, und das wird einer der Knackpunkte sein in den Tarifkommissionen.
    "Fünf Jahre ohne Veränderungen. Das ist sehr lang"
    Biesler: Jetzt ist ja entscheidend bei solchen Verhandlungen, so stelle ich mir das jedenfalls vor, auch die Atmosphäre, in der die stattfinden. Hat denn die Schlichtung da Fortschritte gebracht?
    Hocke: Eine Schlichtung muss immer bemüht sein, beiden Seiten entgegenzukommen und hier den gordischen Knoten zu durchschlagen. Ich glaube schon, dass die Schlichter sich an dieser Stelle sehr, sehr deutlich bemüht haben, beiden Seiten erstens das Gesicht zu wahren und zweitens beiden Seiten auch an ihren grundsätzlichen Punkten nicht alles zu verschließen. Und das sieht man ja: Wir wollten als Gewerkschaften eine deutliche Aufwertung. Die Arbeitgeber wollten keine Veränderung, sondern sie wollten nur da, wo es wirklich aus ihrer Sicht eine spezifische Veränderung gegeben hat, etwas mehr zahlen. Insofern ist der Schlichterspruch ein Weg, an dem jetzt die Verhandlungskommission noch einmal in den nächsten Tagen dann ihre Verhandlungsgeschicke überprüfen müssen.
    Biesler: Jetzt wären Sie natürlich ganz töricht, wenn Sie schon einen weiteren Streik ausschließen würden, den brauchen Sie natürlich auch im Hintergrund, dass der noch möglich ist. Aber wie wahrscheinlich ist er denn?
    Hocke: Nein, jetzt warten wir erst einmal die nächsten zwei Tage ab, schauen auch, wie die Streikversammlungen vor Ort diesen Schlichterspruch bewerten, und dann wird die Öffentlichkeit spätestens am Samstag wissen, wie es weitergeht.
    Biesler: GEW-Vorstand Norbert Hocke zum Schlichterspruch im Tarifkonflikt der Erzieher und Sozialarbeiter. Vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.