Vereine und Organisationen, die als gemeinnützig gelten, sind privilegiert. Wer ihnen Geld spendet, kann diese Ausgaben von der Einkommensteuer absetzen – und zahlt damit weniger davon. Das macht es für Spender attraktiver, die Organisationen zu unterstützen. Dafür müssen sie eine Spendenquittung vorlegen. Voraussetzung ist, dass das Finanzamt die Organisation auch als gemeinnützig anerkennt.
Das für die globalisierungsskritische Organisation Attac zuständige Finanzamt Frankfurt III hatte ihr diesen Status 2014 aberkannt – mit der Begründung, deren Arbeit sei zu sehr politisch geprägt. Die politischen Bildungsangebote seien lediglich ein Mittel zum Zweck, Attac wolle politische Ziele erreichen, argumentierte das Amt. Es kritisierte mehrere Aktionen von Attac, darunter das Engagement gegen die geplante Übernahme des Unternehmens Hess Natur durch den Finanzinvestor Carlyle. Dabei sei es um rein wirtschaftliche und nicht um gemeinnützige Themen gegangen.
Attac dagegen begründete die Aktion damit, dass man exemplarisch habe zeigen wollen, wie Finanzinvestoren arbeiteten und welche Folgen das habe. Auch Veranstaltungen zum Bahnhofsneubau Stuttgart 21 und feministische Ökonomie wertete das Frankfurter Finanzamt als nicht gemeinnützig.
"Ohrfeige für das Finanzamt"
Vor dem Hessischen Finanzgericht in Kassel verlor die Behörde allerdings mit dieser Argumentation (AZ: 4 K 179/16). Der Vorsitzende Richter sagte, der Begriff der politischen Bildung müsse weit gefasst werden. Alle Aktionen von Attac seien in ein umfassendes Informationsangebot eingebettet gewesen. Bei ihren Aktionen habe die Organisation auch Alternativen aufgezeigt, was dem Anspruch an politische Bildung genüge.
Attac-Pressesprecherin Frauke Distelrath nannte das Urteil einen Sieg für die Zivilgesellschaft und eine Ohrfeige für das Finanzamt. Sie sprach von einem politischen Signal. Attac finanziert seinen Etat in Höhe von 1,5 Millionen Euro zu mehr als 90 Prozent aus Beiträgen und Spenden.
Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das Finanzamt hat noch die Möglichkeit, sich beim Bundesfinanzhof gegen die Nichtzulassung der Revision zu beschweren.*
* Ursprünglich hieß es in diesem Absatz, durch die Nichtzulassung der Revision sei das Urteil rechtskräftig. Er wurde korrigiert.