"Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der niederländische Staat gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet ist, das Ziel einer Reduzierung der Emission von Treibhausgasen um mindestens 25 Prozent der Emissionen von 1990 bis zum Ende des Jahres 2020 zu erfüllen."
Es war ein großer Erfolg für die niederländische Umweltschutzorganisation Urgenda: Im Dezember 2019 verurteilte das oberste Gericht die niederländische Regierung dazu, die Treibhausgasemissionen bis Ende 2020 auf maximal 25 Prozent des Ausstoßes von 1990 zu senken.
Zum ersten Mal stellte ein Gericht fest, dass Versprechen, die eine Regierung im Rahmen des Pariser Klimaabkommens abgegeben hatte, auch vor Gericht durchsetzbar sind. Umweltorganisationen und Aktivisten aus ganz Europa, wenn nicht gar aus der ganzen Welt, jubelten. Von einem historischen Urteil war die Rede.
Und die Entscheidung zog auch ganz konkrete Konsequenzen nach sich, wie der Verfassungs- und Umweltrechtler Thomas Groß von der Universität Osnabrück erläutert: "Die Regierung der Niederlande hat sich dann verpflichtet, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, und zum Beispiel ein verschärftes Tempolimit auf Autobahnen erlassen und den Ausstieg aus der Kohleenergie beschleunigt."
Mehrere Klimaklagen laufen in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es mittlerweile mehrere sogenannte Klimaklagen. Mit Hilfe der Gerichte wollen Umweltverbände wie Greenpeace, Germanwatch oder die Deutsche Umwelthilfe, eine aktivere Klimapolitik durchsetzen. Neu ist das Phänomen Klimaklage allerdings nicht, sagt Thomas Groß:
"Also, das gibt es etwa seit zwei Jahrzehnten. Die ersten Klagen wurden in den USA erhoben und seither ist das aber ein internationales Phänomen und es gibt schon eigene Datenbanken und Forschungszentren, die das untersuchen."
Der Weg für eine erfolgreiche Klimaklage ist jedoch steinig, die Voraussetzungen dafür, dass eine solche Klage zulässig ist, sind hoch. Anders als in den Niederlanden können Umweltorganisationen in Deutschland nicht selbst Klimaklagen führen. Hierzulande sind grundsätzlich nur Personen klagebefugt. Und die müssen geltend machen, dass sie, wie es im Juristendeutsch heißt "individuell in ihren Rechten verletzt sind". Damit sollen im deutschen Recht sogenannte Popularklagen verhindert werden. Es soll eben gerade nicht möglich sein, dass Menschen für andere oder für die Allgemeinheit vor Gericht ziehen.
Deshalb prüft das Gericht, erklärt Thomas Gross, "kann man nachweisen, dass die Kläger in besonderer Weise betroffen sind? Das ist normalerweise Voraussetzung für Klagen vor dem Verwaltungsgericht".
Wie schwierig dieser Nachweis zu erbringen ist, zeigt ein Urteil aus Berlin vom Herbst 2019. Drei Landwirte und ihre Familien aus Brandenburg, dem Alten Land bei Hamburg und von der Insel Pellworm hatten gemeinsam mit Greenpeace im Jahr 2018 vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Sie wollten durchsetzen, dass Deutschland mehr machen muss, um das selbst gesteckte Ziel einer Senkung der Emissionen von Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen.
Denn bereits 2018 war absehbar, dass die Reduzierung um 40 Prozent ohne zusätzliche Maßnahmen verfehlt werden würde. Sie seien als Landwirte besonders vom Klimawandel betroffen, brachten die Kläger im Verfahren vor. Die Auswirkungen des Klimawandels seien bereits heute deutlich für sie spürbar und sie müssten befürchten, dass sie ihre Betriebe ohne ausreichenden Klimaschutz langfristig nicht mehr würden nutzen können.
Woran Klimaklagen scheitern
Vor dem Berliner Verwaltungsgericht hatten sie damit keinen Erfolg. Die Klage wurde abgewiesen. Warum, erklärt der Pressesprecher des Verwaltungsgerichtes Stephan Groscurth: "Das Gericht ist hier zu dem Ergebnis gekommen, die Landwirte und ihre Familien kamen nicht in den Bereich einer individuellen Betroffenheit, die gereicht hätte, um die Bundesregierung hier zu einem aktiven Tun zu verpflichten."
Zwar habe der Staat eine Pflicht gegenüber seinen Bürgern, Leben und Gesundheit zu schützen, einklagbar ist diese Verpflichtung aber nur, wenn der Staat sie in "eklatanter Weise" verletzt hat.
"Das bedeutet, der Staat, wenn er völlig versagt, nichts tut, dann kann ich diesen Staat verklagen, dann kann ich einen Anspruch geltend machen. Hier hatte das Gericht aber gesehen, dass natürlich die Bundesregierung auch Anstrengungen unternommen hat, wenn sie auch dem Anspruch der Kläger nicht genügt haben. Aber es waren Anstrengungen, und sie haben immerhin dazu geführt, dass eine Reduzierung von 32 statt 40 Prozent jedenfalls prognostiziert wurde für das betreffende Jahr. Das war nicht nichts, damit sind vielleicht nicht alle zufrieden, aber es war kein völliges staatliches Versagen."
Auch wenn im Endeffekt die Klage abgewiesen wurde, haben die Richter aber eine für die Kläger sehr wichtige Aussage getroffen: "Die Bundesregierung hatte sich hier auf den Standpunkt gestellt, dass das staatliche Handeln in diesem Bereich überhaupt nicht gerichtlich überprüft werden kann. Diese Auffassung hat das Gericht verworfen." Und festgestellt, dass auch reines Regierungshandeln, wie beispielsweise ein Kabinettsbeschluss, gerichtlich überprüft werden kann. Denn auch hier ist der Staat an die Grundrechte gebunden, deren Einhaltung ja von den Gerichten überwacht wird.
"Ja, wie gesagt, das sind alles Weideflächen hier. Rechts und links von der Apfelallee, die wir für die Kühe als Portionsweide im Sommer nutzen. Das heißt, es wird immer jeden Tag eine Portion zugesteckt. Die Stücke sind immer ungefähr ein Hektar groß. Und dann gibt's jeden Tag von diesem Hektar immer, sagen wir mal, tausend Quadratmeter morgens, tausend Quadratmeter abends."
Klage vor dem Bundesverfassungsgericht
Lucas Lütke Schwienhorst ist Bauer in Brandenburg, genauer gesagt Öko-Bauer. Insgesamt bewirtschaftet er mit seinen Mitarbeitern 420 Hektar Acker und Weiden. Hier werden unter anderem verschiedene Getreiden angebaut, außerdem stehen gut 200 Rinder und 15 Schweine in den Ställen. Die Auswirkungen des Klimawandels merkt der Landwirt in seiner täglichen Arbeit. "Was vor allem ein Problem ist, sind diese extremen Hitzetage. Also Tage mit über 35 Grad. Und diese Tage, die sind einfach exorbitant angestiegen."
Die Folge: Der Boden speichert nicht mehr genug Wasser und trocknet aus. Nicht nur auf den Pflanzenanbau wirkt sich das aus, auch die Tiere leiden im Sommer: "Wir können die Tiere im Sommer, wenn die Hitze so extrem ist, nicht auf die Weide stellen. Also die Tiere sollen tatsächlich ihr Futter auf der Weide aufnehmen und nicht im Stall. Das geht an solchen Hitzetagen natürlich nicht."
Schwienhorst klagt deshalb mit anderen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Klimapolitik der Bundesrepublik. Unterstützt wird die Verfassungsbeschwerde von den Umweltorganisationen Greenpeace und Germanwatch.
"Da geht es um neun Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Regionen Deutschlands, die eben vor das Verfassungsgericht gezogen sind, weil sie sagen, ihre Grundrechte sind schon jetzt, oder werden auch in Zukunft, durch die Klimakrise verletzt", erläutert Caroline Schroeder von der Umweltorganisation Germanwatch. Konkret wenden sich die jungen Leute gegen das Bundesklimaschutzgesetz von 2019, in dem die Große Koalition die Klimaschutzziele bis 2030 festgelegt hat.
"Aus der Sicht der Beschwerdeführer- und Beschwerdeführerinnen ist eben dieses nicht ausreichend, um die Klimakrise einzudämmen und eben Grundrechte dieser jungen Menschen zu schützen", sagt Schroeder.
Die Klimaklage aus Peru
Für Germanwatch ist es nicht die erste Klimaklage. Bereits seit fünf Jahren unterstützt die Umweltorganisation einen peruanischen Bauern dabei, gegen den Stromkonzern RWE zu klagen. Wegen der durch den Klimawandel verursachten Gletscherschmelze droht seine peruanische Heimatstadt Huaraz überflutet zu werden. RWE soll nun für Schutzmaßnahmen zahlen, weil das Unternehmen als einer der größten CO2-Emittenten Mitverursacher der Klimakrise sei.
Auch hier wurde die Klage zwar in erster Linie abgewiesen, die Klimaschützer setzen aber ihre Hoffnungen nun in die Rechtsmittelinstanz – in das Oberlandesgericht in Hamm. Das hält die Klage immerhin für so substantiell, dass es eine Beweisaufnahme vor Ort in Peru angeordnet hat. Mittlerweile hat das Verfahren sogar weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Denn nie zuvor hatte ein einzelner Mensch in einem zivilrechtlichen Verfahren einen Konzern wegen des Klimawandels vor Gericht gebracht.
Sogenannte Klimaklagen sind für Germanwatch ein relativ neues Betätigungsfeld. Bisher drei Verfahren unterstützt der Verband. Neben der Klage des peruanischen Bauern und der Verfassungsbeschwerde noch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
"Was eigentlich die Herausforderung ist, ist, dass wir ja nie vorher wissen, wie lange dauert so ein Verfahren, hat das Erfolg oder nicht." Und damit auch: Wie viele Ressourcen werden benötigt. Ein Verfahren, das über mehrere Instanzen geht, kostet nicht nur erheblich Zeit, sondern auch Geld. Wichtig ist eine gute Vorbereitung.
"Wir arbeiten dann natürlich immer mit verschiedenen Szenarien: Was könnte das Gericht sagen? Was könnte dann der nächste Schritt sein? Würde man dann in Berufung gehen, oder nicht? Was steht vielleicht in so einem Urteil, was uns weiterhilft?"
Ist eine Verfassungsbeschwerde zulässig?
Was die Verfassungsbeschwerde der neun jungen Klägerinnen und Kläger, die die Klimapolitik der Bundesregierung für unzureichend halten, betrifft, ist Caroline Schroeder jedenfalls zuversichtlich. Immerhin haben die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde nicht gleich abgelehnt.
"Eigentlich ist es schon ein gutes Zeichen, dass das Verfassungsgericht gesagt hat, diese Klage, die schicken wir jetzt mal an Bund und Länder. Die sollen sich dazu verhalten. Und hat jetzt nicht sofort gesagt: Nee, wir möchten und jetzt nicht damit beschäftigen, wir weisen sofort ab."
Die Stellungnahme, die der Bundestag zum Verfahren abgegeben hat, stellt allerdings in Frage, dass die Verfassungsbeschwerde überhaupt zulässig ist. Wie schon das Verwaltungsgericht Berlin meint auch der Bundestag, dass der Gesetzgeber seine grundrechtliche Pflicht erfüllt habe, einen angemessenen Mindestschutz vor den Konsequenzen des globalen Temperaturanstieges zu garantieren. Eine Grundrechtsverletzung sei deshalb von vorneherein ausgeschlossen, heißt es in dem Schriftsatz.
Die Rechtsprofessorin Ann-Kathrin Kaufhold vertritt in dem Verfahren die Position des Bundesrates. Sie lehrt Öffentliches Recht an der Ludwig Maximilians Universität in München. Die Verfassungsrechtlerin meint, dass sich aus der Verfassung zwar eine allgemeine Verpflichtung des Staates zum Schutz von Leben und Gesundheit ergibt.
"Welche Art von Maßnahmen er ergreift, und wie er das im Einzelnen macht, das lässt sich aber nach meinem Dafürhalten nicht aus der Verfassung ableiten." Deshalb, so meint die Verfassungsrechtlerin, gibt es bei uns kein einklagbares Grundrecht auf bestimmte Maßnahmen des Klimaschutzes. Ein Gericht kann also die Bundesrepublik beispielsweise nicht dazu verpflichten, die Treibhausgas-Emissionen in einem bestimmten Umfang zu senken.
Die Klimapolitik grundsätzlich ganz dem Zugriff der Gerichte entziehen, will der Staats- und Umweltrechtler Dietrich Murswiek: "Es gibt so viele hochkomplexe Faktoren, die auf das Klima einwirken, dass man die Frage, wie eine optimale Klimapolitik aussehen sollte, nicht durch Gerichte entscheiden lassen kann."
Alleine die Politik solle und dürfe hier entscheiden, meint der frühere Freiburger Rechtsprofessor. Deshalb sollten diese Fragen auch nur auf politischen Weg geklärt werden. "Wer der Bundesregierung vorwerfen will, sie erfülle nicht das Pariser Klimaabkommen, der sollte das mit öffentlichem Protest machen, der sollte schauen, dass er Parlamentarier findet, die dann diesen Protest unterstützen. Aber die Gerichte sind nicht die geeigneten Institutionen, um Politikfehler oder Fehler in der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrages zu beheben."
Die Rolle der EU
Auf EU-Ebene wird währenddessen in eine andere Richtung diskutiert. Die Europäische Kommission hatte hier im vergangenen Jahr den Entwurf für ein Europäisches Klimagesetz vorgelegt. Es soll die Ziele des sogenannten "Green Deal" – Europa will bis 2050 klimaneutral werden – verbindlich festschreiben. Das Europäische Parlament will in den Kommissionsentwurf nun einen Artikel einfügen, der die Mitgliedstaaten ausdrücklich verpflichten soll, dafür zu sorgen, dass es künftig auch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Klimaschutz gibt.
Michael Bloss ist Abgeordneter der Grünen im Europäischen Parlament und der Berichterstatter seiner Fraktion für das Gesetzesvorhaben. "Wenn eine Regierung einen Klimaschutzplan vorlegt und sich dann aber nicht daran hält, dann bekommen betroffene Personen oder NGOs die Möglichkeit, da vor Gericht zu ziehen. Also das ist ein bisschen enger ausgelegt, ein bisschen genauer, als diese breiten Grundrechtsfragen, die gerade debattiert werden."
Ob dieser Passus allerdings tatsächlich mitaufgenommen wird, ist alles andere als sicher, berichtet der Parlamentarier. Bisher noch sperrt sich der Rat, in dem die Regierenden der EU-Mitgliedsländer sitzen. "Die Mitgliedsstaaten, die sind da gerade nicht sehr dafür. Also da sind wir gerade in den Verhandlungen, im Trilogverfahren. Und da müssen wir noch ein bisschen miteinander ringen, damit das das Wirklichkeit wird. Und ich kann jetzt nicht garantieren, dass das dann auch so kommen wird."
Steigende Anzahl "Strategischer Klagen"
Nicht nur im Bereich des Klimaschutzes, sondern auch in vielen anderen Rechtsgebieten hat in den letzten Jahren die Zahl sogenannter Strategischer Klagen zugenommen. Bürger- und Menschenrechtsorganisationen nutzen dieses Instrument, um auf gerichtlichem Weg ihren Anliegen Nachdruck zu verleihen. Eine von ihnen ist die vor knapp fünf Jahren gegründete Gesellschaft für Freiheitsrechte. Ulf Buermeyer ist der Gründer und Vorsitzende der GFF. Er brachte die Idee von einem Studienaufenthalt in New York mit.
"Ich habe in den Vereinigen Staaten das Modell der strategischen Prozessführung zum Schutz von Grund- und Menschenrechten kennengelernt und als ich dann zurück nach Deutschland kam, habe ich mir die Frage gestellt, wer denn eigentlich solche Klagen in Deutschland erhebt."
Es gab bereits zwar einige Organisationen, die etwas Ähnliches machten, erzählt Ulf Buermeyer, zum Beispiel im Umweltbereich oder im Bereich internationaler Menschenrechtsverletzungen. Aber so richtig war es nicht das, was sich der Jurist vorgestellt hatte. Er tat sich mit Freunden zusammen und gründete die Gesellschaft für Freiheitsrechte. 30 bis 40 Klagen führt die GFF derzeit, viele von ihnen direkt vor dem Bundesverfassungsgericht, einen guten Teil aber auch vor den Instanzgerichten. Die Bandbreite ist groß: Die GFF unterstützt unter anderem eine Klage gegen ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen, hat erfolgreich gegen das BND-Gesetz geklagt und wendet sich gegen ausufernde Befugnisse der Polizei sowie gegen Gefährdungen der Pressefreiheit.
Zwei Möglichkeiten gibt es, wie die GFF an ihre Fälle kommt, erläutert Ulf Buermeyer: "Zum Einen wenden sich Menschen an uns, die sagen, dass sie ein grundsätzliches Problem der Grund- und Menschenrechte an ihrem Beispiel quasi illustrieren können, also Menschen, die sagen, ich habe hier ein Problem und dieses Problem habe ich nicht alleine, sondern es gibt ganz viele Menschen in einer ähnlichen Situation."
Oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GFF stellen selbst fest, dass beispielsweise ein neues Gesetz verabschiedet wurde, dessen Regelungen ihrer Ansicht nach gegen das Grundgesetz verstoßen. Sie suchen dann nach Menschen, die davon betroffen sind und gemeinsam mit der GFF gerichtlich dagegen vorgehen wollen.
Mehr öffentliche Aufmerksamkeit
Der Regensburger Rechtsprofessor Alexander Graser meint, dass solche Strategischen Klagen in vielen Fällen zu einer Bereicherung der politischen Debatte führen würden. Rechtskonflikte würden durch die öffentliche Aufmerksamkeit in einem guten Sinne politisiert, sagt Graser.
"Strategische Klagen bezwecken ja typischerweise den rechtlich geführten Konflikt auch in der Gesellschaft zu kommunizieren. Und dort darüber zu debattieren. Ich persönlich würde diese Integration auch von Rechtskonflikten in den öffentlichen Meinungskampf durchaus positiv bewerten."
Graser glaubt auch, dass dieses Instrument das Rechtsbewusstsein insgesamt stärken könnte. "Also die Anerkennung strategischer Klagen in einer Gesellschaft mag tatsächlich auch Einfluss auf das Verständnis von Recht und der Funktion eben der Gerichte insgesamt haben."
In diesem Sinn geht auch für Caroline Schroeder die Verfassungsbeschwerde der neun jungen Leute über die rein rechtliche Bedeutung weit hinaus.
"Es ist ja nicht nur dieses rechtliche Verfahren mit der Anwältin vor Gericht, mit den Schriftsätzen und so weiter, sondern es geht ja so ein bisschen darum, diese Geschichten zu erzählen, von diesen Klägern, aus ihrem Alltag: Inwieweit sind die betroffen? Was macht die Klimakrise eigentlich? Was hat das mit den Grundrechten zu tun?"
Der tatsächliche Erfolg der Verfassungsbeschwerde steht auch für den Kläger und Ökobauern Lucas Lütke Schwienhorst gar nicht unbedingt an erster Stelle: "Also für mich geht es vor allem darum, die Problematik zu zeigen und den Fokus darauf zu schärfen auf die Probleme, die wir einfach haben mit der Klimaveränderung. Vielen Leuten ist die Konkretheit gar nicht bewusst, weil sie, sagen wir einmal, davon auch nicht direkt betroffen sind. Und das ist bei den Landwirten natürlich wesentlich krasser. Also ich glaube, dass es total wichtig wäre, dass das auch andere Leute das schärfer im Bewusstsein haben, weil das ist ja eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
Dennoch wünschen sich der Landwirt und seine Mitstreiter natürlich, dass die Verfassungsbeschwerde letztendlich Erfolg haben wird. Vom Bundesverfassungsgericht heißt es, dass eine Entscheidung möglicherweise noch in diesem Jahr kommen wird.