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Klagen gegen Titelentziehung meist erfolglos

Bildungsministern Annette Schavan will gegen die Aberkennung ihres Doktortitels klagen. Solche Verfahren an den Verwaltungsgerichten dauerten inzwischen nur noch wenige Monate, sagt Wolfgang Löwer, Professor für Wissenschaftsrecht an der Uni Bonn. Bisher seien sie in der Regel ohne Erfolg geblieben.

Wolfgang Löwer im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Und darüber möchte ich mit Wolfgang Löwer sprechen, er ist Professor für Wissenschaftsrecht an der Universität Bonn. Herr Löwer, wie Erfolg versprechend ist die Klage Annette Schavans?

    Wolfgang Löwer: Wenn ich das recht beobachte, sind die Klagen, die fast flächendeckend gegen die Entziehungen erhoben worden sind, auch flächendeckend erfolglos geblieben. Das heißt aber nicht, dass nicht irgendwann der Fall vorkommt, dass eine Entscheidung beanstandet wird.

    Götzke: Die Wahrscheinlichkeit ist also extrem gering. Was genau würde ein Gericht denn prüfen? Die Bedingungen des Verfahrens, oder würde man einen eigenen externen Gutachter bestellen, um eine weitere inhaltliche Überprüfung der Plagiatsvorwürfe erneut vorzunehmen?

    Löwer: Ja, geprüft wird, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die Entziehung vorgelegen haben, und ob das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist. Das ist Prüfungsgegenstand des Verfahrens.

    Götzke: Um das noch mal klarzustellen, es geht also vor allem um die Bedingungen des Verfahrens?

    Löwer: Nur ein rechtmäßiges Verfahren bringt üblicherweise auch ein rechtmäßiges Ergebnis hervor. Insofern geht es natürlich um das Verfahren, aber auch um die Kontrolle des Ergebnisses. Das ist ja ein belastender Verwaltungsakt, der hier ergangen ist. Und bei belastenden Verwaltungsakten trägt die Behörde die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Belastung vorliegen. Das muss das Gericht auch prüfen.

    Götzke: Sprechen wir noch mal über die einzelnen Einlassungen der Anwälte Schavans, die haben sich schon zu Wort gemeldet, und sagen unter anderem - ich zitiere mal: "Die gesetzlich vorgeschriebene Vertraulichkeit des Verwaltungsverfahrens wurde durch mehrfache selektive Information der Öffentlichkeit verletzt", heißt es da. Und es sind ja tatsächlich Informationen, die gutachterliche Stellungnahme, die ist ja an die Öffentlichkeit gelangt im Oktober. Inwieweit entwertet dies das Verfahren?

    Löwer: Also der Fehler ist vorgekommen. Wo die Fehlerursache liegt, weiß man einstweilen nicht. Aber richtig ist natürlich, dass dadurch die Vertraulichkeit des Verfahrens verletzt worden ist. Das dürfte allerdings kein Verfahrensfehler sein, der sich im Ergebnis derart auswirkt, dass deshalb die Entscheidung aufgehoben wird. Denn ich meine, Sie sind Journalist, Sie wissen, dass es kein größeres Interesse daran gibt, der Öffentlichkeit, die Vertraulichkeit zu durchbrechen, sodass das kein so ganz seltenes Ergebnis ist, dass vertrauliche Informationen durchgestochen werden. Wenn das schon ein Verfahren fehlerhaft machen würde und beenden würde, dann könnte das zum Beispiel auch der Betroffene selbst auf geschickte Weise bewirken, indem er verdeckt die Öffentlichkeit informiert und dann mit den Fingern auf die Behörde zeigt. So einfach sind die Dinge nicht. Der Vertraulichkeitsbruch ist ein Problem, aber dass er die Rechtswidrigkeit der Entscheidung herbeiführt, halte ich für nicht naheliegend.

    Götzke: Die Anwälte monieren noch einen zweiten Punkt, und zwar, dass es keinen externen Gutachter gegeben habe, dass kein externer Gutachter gehört worden ist, obwohl Schavan einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Was ist da dran an diesem Vorwurf?

    Löwer: Beweisherrin des Verfahrens ist natürlich die Behörde selbst, sie muss den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln, und sie muss deshalb auch einschätzen, ob sie fremden Sachverstand braucht. Aber so eine Verfahrensrüge, die kann, wenn das Gericht auch der Meinung sein sollte, dass auf unzureichender Tatsachengrundlage entschieden worden ist, eine solche Verfahrensrüge kann natürlich Erfolg haben.

    Götzke: Dennoch, Sie haben es ja vorhin gesagt, es ist relativ unwahrscheinlich, dass insgesamt die Klage Erfolg hat. Warum macht Annette Schavan das? Um Zeit zu schinden und sich bis zur Bundestagswahl irgendwie im Amt zu halten?

    Löwer: Ich kann nicht darüber spekulieren, warum ein Dritter etwas tut. Ich bin ja froh, wenn ich weiß, warum ich etwas tue. Aber ich meine, das ist ja ein gutes rechtsstaatliches Recht, dass jemand, der von einer belastenden Verwaltungsentscheidung betroffen ist, die richterlich überprüfen lässt. Das haben wir sogar in der Verfassung als Grundrecht versprochen. Darüber gibt es keinen Grund nachzudenken, warum das geschieht. Es geschieht, um Sicherheit zu haben, dass auch ein Richter der behördlichen Entscheidung folgt, hier korrigiert eine Behörde ihren eigenen Fehler, da werden wir doch lieber mal einen Dritten drauf gucken lassen, ob das auch seine Ordnung hat.

    Götzke: Wie lange könnte so ein Verfahren dauern?

    Löwer: Es dauert nicht mehr sehr lange, wobei ich mit dem VG Düsseldorf keine konkrete Erfahrung habe, aber im Fall Chatzimarkakis hatten wir das Urteil des VG Köln binnen drei, vier Monaten als Universität Bonn. Und im Fall Mathiopoulos ist es mindestens so schnell gegangen. Also es ist nicht mehr, die Zeiten sind nicht mehr so, dass man sagen konnte, Verwaltungsgericht, aha, zwei bis drei Jahre gehen damit ins Land. Die Zeiten sind vorbei.

    Götzke: Nun muss Annette Schavan, wenn sie den Doktortitel auch rechtskräftig aberkannt bekommt, muss sie dann auch als Ministerin zurücktreten?

    Löwer: Es wäre eine Frage an die politische Glaubwürdigkeit einer Ministerin, die das Fach hoher Wissenschaft vertritt. Wenn ein solcher Mangel rechtsbeständlich festgestellt ist, gehe ich nicht davon aus, dass ein solcher Minister in einem solchen Ressort dann im Amt bleiben kann.

    Götzke: Das sagt Wolfgang Löwer, Wissenschaftsrechtler der Uni Bonn und Ombudsmann für die Wissenschaft.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.