Motoren brummen und jaulen, Fahrräder klappern und klingeln. Fußgänger quatschen mit sich selbst ins unsichtbare Headset. Wenn's nach dem Klangkünstler Erwin Stache geht, könnte sich der Straßenverkehr auch mal anders anhören:
"Mein Vorschlag war ja, das zu manipulieren. Dass man da was anderes reinspielt. Und dann mal seinen Spaß hat an der Kreuzung. Man könnte ja den gesamten Stadtverkehr völlig in einen anderen Klang umwandeln."
Wie wäre es zum Beispiel, wenn es nur noch fahrende Schallplatten gäbe?
Der Klang der Straßen – eine Marktlücke für den Klangkünstler. Schließlich sind immer mehr Räder mit einem Elektromotor ausgerüstet – blitzschnell aber ultraleise und deshalb super gefährlich. Ein künstliches Geräusch muss her.
"Ich hatte mich dann auch noch spezialisiert auf diese Sachen mit Elektrofahrzeugen, die jetzt laut EU-Beschluss praktisch alle Klänge haben müssen. Was passiert dann in so einem Schwarmverhalten, wenn dann alle nach kaputten Fahrrad klingen?"
Für das Acht-Brücken-Festival hat er die Klangräder entwickelt, Studierende der Universität der Künste Berlin haben die Sounds als Rohmaterial geliefert und der Radfahrer muss nur noch fahren und klingt wie eine Schreibmaschine.
"Wenn man den Lenker schräg stellt, dann hört man ganz normal wie geschrieben wird."
Je nachdem wie schnell er fährt, ist er ein flinker Schreiber oder eher der nachdenkliche Tipper. Staches Soundmaschine reagiert auf den Fahrer.
"Und wenn man langsamer wird, wird es auch langsamer."
Wahlweise bietet Erwin Stache noch Donner, Regen, Glocken und mehr.
Während des gesamten Acht Brücken-Festivals bis zum 11. Mai können Besucher ihr Fahrrad in ein Instrument verwandeln. Dazu müssen sie sich den schuhkartongroßen schwarzen Kasten vor den Lenker schrauben und eine Art Hufeisen ans Rad montieren. Schon fahren sie als Regen oder Schallplatte durch Köln.
"Wenn sie losfahren, dann können sie mit Gelb verschiedene Schnelligkeiten der Stücke einstellen."
Auf dem Acht-Brücken-Festival probt Stache den verkehrstechnischen Ernstfall. Er hat zwanzig Fahrradfahrer eingeladen. Sie treffen sich direkt vor dem Kölner Dom.
"Wenn wir dann was machen, werden wir Ziffern hochhalten, was heißt, dass mit diesem Knopf dann eine bestimmte Zahl eingestellt werden soll."
Erwin Stache dirigiert die Masse. Die fährt im Kreis und tippt auf den drei Knöpfen der Soundmaschine herum.
"Zum Schluss die Eins und auch noch mal Aktion mit dem Knopf."
So könnte der Verkehr klingen: Ein bisschen Schallplatte, Regen, Glocken, Zischen, ein paar Popsongs. Der individuelle Klang für Jedermanns Fahrrad. Kein Einheitsrauschen. Die Elektrofahrzeuge werden zu Instrumenten - ein Orchester auf den Straßen. Doch der Klangkünstler meint:
"Es wär' dann schlimm, wenn die alle Musik machen würden. Musik nervt dann, wenn sie immer wiederholt wird, weil man sie immer irgendwo zuordnen kann. Dieses zufällige, was im Rauschen liegt, kann man eigentlich stundenlang ertragen."
Deshalb brummt und rauscht es auf den Straßen wie gewohnt weiter - und Erwin Staches Klangräder verstummen nach dem Festival wieder.
Information: Ausleihe der Adaptersets (kostenlos) bis zum 11.05.2014 bei KölnMusik Ticket am Roncalliplatz.