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Klare Bedingungen für die Offshoreindustrie

Die Offshoreindustrie kämpft mit hohen Investitionskosten und Insolvenzen. Mit dem "Cuxhavener Appell" wollen jetzt die norddeutschen Bundesländer Rahmenbedingungen für diesen Industriezweig schaffen. Außerdem sollen Möglichkeiten diskutiert werden, Verkehr vom Land auf die Seewege zu verlegen.

Von Franziska Rattei | 26.08.2013
    Mit dem "Cuxhavener Appell" werden die norddeutschen Wirtschafts- und Verkehrsminister beziehungsweise die zuständigen Senatoren die Bundesregierung auffordern, klare Rahmenbedingungen für die Offshoreindustrie zu schaffen. Auch deren Vertreter und die IG Metall Küste werden unterzeichnen. Derzeit sind die Investoren für Windkraftanlagen auf See verunsichert. Die Branche kämpft mit Kurzarbeit, Entlassungen und Insolvenzen. Dabei hat die Offshore-Energiegewinnung weitreichende Vorteile, sagt Martin Günthner, Wirtschaftssenator in Bremen:

    "Wenn Sie sich die 3500 Arbeitsplätze anschauen, die wir allein dadurch in Bremerhaven geschaffen haben. Wenn Sie sich die industriepolitische Komponente, die dahintersteckt, anschauen. Wenn Sie sich anschauen, wie weit - gerade auch im Maschinenbau - das Thema Windenergie ein Zukunftstreiber gewesen ist, dann macht das eben deutlich, dass das nicht nur eine umweltpolitische Komponente, eine energiepolitische Komponente, sondern vor allem auch eine industriepolitische Komponente hat."

    Die Kritik, Offshore sei zu teuer, belastet die Branche zusätzlich. Die hohen Investitionskosten zahlten sich auf Dauer aber aus, erklärt Jens Eckhoff, Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie, mit einem Vergleich:

    "Das kennt auch jeder private Verbraucher von den Flachbildschirmen - diese haben vor vielen Jahren auch viel gekostet, sind heute aber sehr günstig. Da gibt es auch eine industrielle Wertschöpfung. Bei der Offshoreindustrie gibt es aber den großen Vorteil, dass diese Wertschöpfung auch maßgeblich in Deutschland stattfindet."

    Erst vergangene Woche stellte die Stiftung Offshore-Windenergie eine Studie vor, die zeigte: Wenn die Offshoreindustrie in den kommenden zehn Jahren stetig ausgebaut wird, können knapp 40 Prozent der Kosten eingespart werden.

    Außerdem diskutieren die deutschen Wirtschafts- und Verkehrsminister bei ihrem Treffen in Cuxhaven den Bundesverkehrswegeplan. Er enthält alle bundesweit bedeutsamen Straßen, Schienen- und Wasserwege, die bis 2030 gebaut werden sollen. Derzeit fließen mehr als zehn Milliarden Euro in das Bundesverkehrswegenetz. Nach Ansicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) werden die Mittel aber falsch eingesetzt. Werner Reh, Verkehrsexperte des BUND kritisiert zum Beispiel, dass die Länder zu viele Verkehrsprojekte in Berlin anmeldeten und auf einen illusorischen Geldregen hofften. Rehs Forderung deshalb: Prioritäten setzen und intelligente Lösungen suchen. In Bezug auf den norddeutschen Raum meint der Verkehrsexperte damit den Ausbau des Nord-Ostseekanals, aber auch:

    "Wie viel Verkehr kann ich vom Land auf die Seewege verlagern? Das wäre das ganz große Projekt, was diese Wirtschafts- und Verkehrsminister auf den Weg bringen sollten. Und dann kann ich in der Tat auch die Straßenverbindungen im Hinterland entlasten und kann dann auch sehr viel Verkehr auf die Bahn bringen."

    Der BUND ist der Meinung, dass derzeit zu wenig Geld für den Erhalt der bestehenden Verkehrswege aufgewendet wird. So sieht es der Allgemeine Deutsche Automobil-Club übrigens auch. Ralf Resch, Leiter des Ressorts Verkehr beim ADAC, verweist allerdings darauf, dass nicht allein die Straßen das Problem der Bundesverkehrswegeplanung sind. Stichwort: Mainzer Hauptbahnhof oder Hauptstadt-Flughafen BER.

    "Wenn die Straße nicht leistungsfähig ist, dann möchte ich gar nicht wissen, was in der Zukunft alles passieren wird. Wir haben ausgerechnet, dass das Verlagerungspotenzial auf die Schiene viel zu gering ist, um tatsächlich nachhaltig die Straße zu entlasten."

    Am frühen Nachmittag werden die norddeutschen Wirtschafts- und Verkehrsminister sich zum Verlauf der Cuxhavener Konferenz äußern und auch erklären, ob und wie sie Einfluss auf den Bundesverkehrswegeplan nehmen wollen.