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Klasse statt Masse

Unterhaltungselektronik. - Was Fernseherhersteller in den letzten Jahren umtrieb, ist schnell erzählt: die wollten ihren Kunden immer größere Mattscheiben verkaufen. Das Schaulaufen auf der Internationalen Funkausstellung Ifa in Berlin, die heute begonnen hat, offenbart jetzt einen neuen Trend: Weil ein riesiger Fernseher in einem normalen Wohnzimmer bis dato wenig bringt, wenn man jetzt die Auflösung in die Höhe schrauben. Manfred Kloiber berichtet im Gespräch mit Ralf Krauter

Manfred Kloiber im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Krauter: Herr Kloiber, was soll das bringen, warum ist HDTV nicht gut genug?

    Kloiber: Naja, die Mattscheiben über 1,06 Meter oder 42 Zoll Diagonale zum Beispiel, sind angesagt, und da gibt es eben dieses kleine Problem: Wer nicht gebührend Abstand halten kann, der sieht bei den jetzt gängigen HDTV Programmen die einzelnen Bildpunkte, und das stört. Und wenn man nur ganz normale Fernsehprogramm bekommt, dann muss man noch weiter weg rücken. Beim Fernsehen in Standardauflösung gilt zu einer Faustregel: drei Bildschirmdiagonalen sollte die Entfernung sein, bei einem 42 Zoll Gerät sind das schon 3,20 Meter, und wenn das eigene Wohnzimmer nicht so groß ist, weil sie eben nicht in einer geräumigen Villa wohnen, dann hilft nur eines: mehr Auflösung. Und das ist dann quasi auch die inoffizielle Begründung für den diesjährigen Haupttrend der Ifa, und der heißt Ultra HD.

    Krauter: Das klingt gut, Ultra HD. Aber was bedeutet das konkret? Immer kleinere Pixel und höherer Auflösung vereinfacht gesagt?

    Kloiber: Ja das zum einen. Den bislang war ja HDTV der Standard für hochaufgelöstes Fernsehen. Und dieser Standard wurde, was die Pixel pro Zeile und die Anzahl der Zeilen angehen, jeweils verdoppelt. Ein Ultra-HD-Bild, das hat jetzt 3840 Bildpunkte in 2160 Zeilen. Die Anzahl der Bildpunkte hat sich entsprechend vervierfacht. Und damit das dann für uns nicht so einfach wird, da gibt es dann noch einen zweiten Standard hier auf der Ifa, nämlich 4K, der hat nämlich 4096 × 2304 Bildpunkte, noch ein bisschen besser. Grob gesagt gilt aber: Ultra HD, das wird der Standard für die Bildschirme zuhause und 4K ist der Standard für die Profis.

    Krauter: Sie haben gesagt, höhere Auflösung ist das eine, was zählt. Welche weiteren Vorteile bietet Ultra HD denn?

    Kloiber: Ja, mit Ultra HD soll auch der Dynamikumfang bei der Farbdarstellung und auch der Kontrast deutlich gesteigert werden. Das geht über eine Verfeinerung der digitalen Auflösung, also der Tatsache, wie viele Bits für die binäre Codierung dieser Größen spendiert werden. Statt acht Bits für jede Grundfarbe und acht Bits für die Helligkeit, sollen es dann bei Ultra HD demnächst zehn Bits werden. Und das bedeutet dann rein rechnerisch eine Vervierfachung der Dynamik, vorausgesetzt das Display ist dann auch so gut, dass es das umsetzen kann.

    Krauter: Welche Displays können das denn? Welch kommen dafür infrage?

    Kloiber: Ja, das können eigentlich schon die wirklich hochwertigen Displays mit LED Hintergrundbeleuchtung. Und ein wahrer Quantensprung gelang in der Brillanz und in der Bildqualität, den sieht man bei den Bildschirmen mit so genannter Oled-Technologie, weil hier die Bildpunkte selbstleuchtend sind.


    Krauter: Ultra HD jetzt also der neueste Schrei. Aus Erfahrung wissen wir aber: Es dauert in der Regel Jahre, ehe sich solche Standards dann wirklich auch auf breiter Front durchsetzen. Da müssen ja erst einmal die Programmanbieter auch mitziehen und passende Sendungen überhaupt ausstrahlen. Bei HDTV ist man jetzt gerade so weit. Was glauben Sie, wie lange werden wir auf Ultra HD warten müssen?

    Kloiber: Die Frage kann Ihnen eigentlich niemand so genau beantworten. Denn tatsächlich ist ja für Ultra HD wieder eine neue Generation sowohl in der Produktion als auch in der Übertragung nötig. Was allerdings schon geht, ist das die Fernsehgeräte selber sich das HD-Signal mit Bildverbesserungsalgorithmen schön rechnen und dann Ultra HD simulieren, quasi. Die Experten argumentieren aber auch noch anders. Sie sagen zum Beispiel, dass mit Ultra HD die Fotos aus ganz normalen Digitalkameras erst recht zur Geltung kommen. Die gute alte Diashow wird hier also reaktiviert, und sie argumentieren, dass die Kinofilme, die in dieser Auflösung produziert werden, über das Internet nicht nur in Kinos sondern dann auch auf die Ultra-HD-Glotzen in den Wohnzimmern gebeamt werden können, also Ultra HD setzt auf das Kino aus dem Internet.