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Klassenkampf an der Ostsee - Die ''Aktion Rose''

Die DDR Anfang 1953: Die SED ist an der Macht, aber sie hat noch immer nicht die absolute Mehrheit im Bereich der Ökonomie: Anfang der 50er Jahre liegt der private Anteil in Handwerk und Dienstleistungen noch immer bei fast 70 Prozent. Dies zu ändern hatte die SED-Parteikonferenz im Juli 1952 beschlossen, die kapitalistischen Produktionsverhältnisse wurden seither mehr und mehr beschnitten, Privatbetriebe mit allerlei Schikanen belegt. Auch die Genossen der Kreisleitung Wolgast am Peenestrom sind mit dem "planmäßigen Aufbau des Sozialismus" beschäftigt. Planmäßig kommen sie - wie andere Parteifunktionäre längs der DDR-Küste auch - zu dem Schluss, dass man die so genannte "Strandbourgeoisie" zugunsten der Arbeiterschaft enteignen müsse.

Joachim Dresdner |
    Die DDR Anfang 1953: Die SED ist an der Macht, aber sie hat noch immer nicht die absolute Mehrheit im Bereich der Ökonomie: Anfang der 50er Jahre liegt der private Anteil in Handwerk und Dienstleistungen noch immer bei fast 70 Prozent. Dies zu ändern hatte die SED-Parteikonferenz im Juli 1952 beschlossen, die kapitalistischen Produktionsverhältnisse wurden seither mehr und mehr beschnitten, Privatbetriebe mit allerlei Schikanen belegt. Auch die Genossen der Kreisleitung Wolgast am Peenestrom sind mit dem "planmäßigen Aufbau des Sozialismus" beschäftigt. Planmäßig kommen sie - wie andere Parteifunktionäre längs der DDR-Küste auch - zu dem Schluss, dass man die so genannte "Strandbourgeoisie" zugunsten der Arbeiterschaft enteignen müsse.

    Die Leute, die in den volkseigenen Betrieben arbeiteten, konnten den Ferienscheck bekommen und wollten im Sommer an die Ostsee reisen. Für Neubauten hatte der Feriendienst der Gewerkschaften damals noch nicht die materiellen Möglichkeiten, aber die Hotels an der Ostseeküste, auf der Insel Usedom, waren ja vorhanden, aber die befanden sich noch in Privathand!

    Der Historiker Dietrich Gildenhaar lebt in Ahlbeck, auf Usedom. Er leitet eine Reiseagentur und schrieb mehrere Bücher über die Insel mit den bekannten Badeorten: Zinnowitz, Koserow und Ückeritz. Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck. Nach dem Krieg mussten diese Orte zahlreiche Flüchtlinge aus Ostpreußen, Pommern und zuletzt aus Swinemünde unterbringen. Aus einigen Hotels wurden Wohnhäuser. Herbergen für Flüchtlinge. Doch allmählich erwachte auch wieder der Fremdenverkehr: 1952 zählte das heilklimatische Solebad Heringsdorf über 29.000 Feriengäste. Hotels und Pensionen waren gut in Schuss, deren Besitzer traditionell geschäftstüchtig. Solche Quartiere konnte der noch junge Feriendienst der Einheitsgewerkschaft "FDGB" nicht bieten. Die Feriendienstleute - stets auf der Jagd nach Billigquartieren – waren an der Küste nicht gerade gern gesehen.

    Jedenfalls entschloss man sich das wäre dann Ende...1952 dieses Problem des Privateigentums an der Ostseeküste, im Beherbergungssektor, im Gaststättensektor mit Gewalt zu lösen. Also in Form einer Enteignungsaktion.

    Der Befehl zu dieser Aktion kam aus Berlin, er lautete:

    Im gesamten Küstengebiet der DDR findet in der Zeit vom 10.2. bis 10.3.1953 eine Überprüfung sämtlicher Besitzer und Pächter von Hotels und Pensionen statt. Es liegen Hinweise vor, dass von diesen Besitzern seit Jahren ständig gegen die Gesetze der DDR verstoßen wird. Diese Verstöße finden ihren Ausdruck in dem Verkauf von illegal eingeführten Westwaren, Verkauf von bezugsbeschränkten Waren ohne Markenabgabe zu überhöhten Preisen, in Wirtschaftsverstößen schlechthin. Darüber hinaus besteht der begründete Verdacht, dass die Besitzer dieser Hotels und Pensionen mit den Agentenzentralen des amerikanischen Imperialismus in Westberlin und Westdeutschland in Verbindung stehen und für dieselben arbeiten.

    Am 27.1.1953 begannen die Vorbereitungen zur "Aktion Rose". Heimlich stellten Vorkommandos die "zur Aufdeckung strafbarer Handlungen in Frage kommenden Objekte" fest. Falsche Bautechniker oder Steuersachverständige sahen sich in den Seebädern um, ausgestattet mit echten Ausweisen vom Rat des Bezirkes Rostock. Am 10. Februar wurde dann zur Razzia geblasen: Von den 6 zusammengestellten Volkspolizei-Einsatztruppen - insgesamt 400 Mann – wurden 711 Hotels, Pensionen und Gaststätten durchsucht. Die Einsätze liefen überall nach dem gleichen Schema ab. Am anderen Ende des DDR-Küstenstreifens, an der Mecklenburger Bucht, wohnte damals Ilse Friedrich. In Kühlungsborn führte sie ein Kinderheim und eine kleine Möbelfabrik. 1993 sagte sie dem "Deutschlandfunk":

    Das fing bei den Größten an, am 10. Februar. Da hatten sie die ersten am Wickel. Da kamen also am 08. oder 09. wurde plötzlich ein Hotel hier belegt mit lauter jungen Männern, was uns schon verwunderte. Und dann stellte sich ’raus, war alles von der Polizeischule in Arnstadt, frisch ausgebildete Kriminalleute. Und die wurden nun losgelassen. Immer drei Mann hoch in die Häuser und da kamen als erstes die großen Häuser, die guten Hotels.

    Dem Einsatzgebiet 3, das war der Kreis Wolgast, wurden 80 VP-Angehörige zugewiesen. Sie nahmen Quartier im Heringsdorfer VP-Erholungsheim, verfügten über einen Bus und einen PKW. Jeder trug eine Pistole – 7,65 mm – und eine Taschenlampe bei sich. Diese Polizisten durchkämmten auch Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck, bestätigt Dietrich Gildenhaar:

    Der Beginn, so wissen wir ’s von Augenzeugen in Ahlbeck und Heringsdorf, war so, dass die Strandbereiche durch Bereitschaftspolizei, Uniformierte, abgesperrt wurde. Die haben also die Zufahrtsstraßen gesperrt und nachdem dort keiner mehr ’reinkam, ich sag’ mal, in den Bereich der Promenade, begann dann nach vorbereiteten Listen, wo also die Namen der entsprechenden Hotels, Pensionen und Eigentümer draufstanden, die Hausdurchsuchungen.

    Telefonisch meldeten die Polizisten Durchsuchungen mit dem Codewort: " Ansicht", für Festnahmen galt: "Einladung". Heringsdorf. Die Straße in Richtung Bansin führt leicht bergan, zum Höhenzug des Kulm. Oberhalb der Promenade von Bansin über Heringsdorf nach Ahlbeck, steht das "Strandhotel Ostseeblick". Elisabeth und Kurt Wehrmann hatten es 1938 gekauft. Der Enkel, Uwe Wehrmann, erinnert sich:

    Es war ein sehr verspieltes Haus gewesen. Es war ein sehr schönes Haus gewesen und meine Eltern hatten, meine Großeltern hatten dort ein sehr gut gehendes Hotel mit Restaurant. Nicht in der Größe, wie wir’s heute haben, aber eben im Stil der Bäderarchitektur.

    Die Feriengäste mussten ihre Lebensmittelkarten mitbringen. Damit konnte der Hotelier die nötigsten Esswaren beziehen. Trotzdem reichte es vorne und hinten nicht. Auf der überlaufenen Insel florierten Aalschieberei, der schwarze und der graue Markt.

    Ein Hotel oder eine Pension konnte alleine von den damaligen, normalen materiellen Zulieferungen, allein im Lebensmittelsektor, ein Hotel nicht aufrechterhalten.

    ...räumt Historiker Gildenhaar ein. Uwe Wehrmann bestätigt:

    Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, hatten meine Großeltern ein Fass Hering und zwei Zentner Zucker gehabt, im Hause, und es gab eine Kommission, die diese Betriebe besucht hat, um zu schauen, ob es denn irgendwelche Gründe geben könnte und man hat natürlich dann immer, wenn man Lebensmittel gefunden hat, gesagt, man würde dem Volkseigentum irgendwelche Lebensmittel entziehen, man würde Lebensmittel horten.

    Die "Ostee-Zeitung" schrieb im März 1953, die Besitzerin des "Parkhotels" in Ahlbeck, Wiesner, hätte Fleisch und andere Nahrungsmittel gehortet, wie auch Scheffler von der Gaststätte Seehof in Ahlbeck, der obendrein noch Lebensmittel verderben ließ. Das Blatt verschwieg allerdings, dass in einigen Einrichtungen Lebensmittel und ähnliches mit der Bitte um Aufbewahrung deponiert worden waren, um diese dann "überraschend" wiederzufinden und somit einen Grund für die Enteignung der Besitzer zu haben.

    ... also wenn man ’n Knüppel sucht, find’ man. ... erinnert sich Ilse Fridrich:

    Da haben ’se also sehr schnell bei einem, der hatte Kohlen und der andere hatte zuviel Kartoffeln und der Dritte hatte 20 Pfennig im Sessel stecken, Westpfennige! Das war’n ja alles Schwerstverbrecher!

    ...die sofort verhaftet wurden. Dietrich Gildenhaar zählt Begründungen auf, die bei der "Aktion Rose" gebräuchlich waren:

    Zum Beispiel Hortung von Lebensmitteln, oder ein hohes Maß an Lebensmittelkarten, war ja Lebensmittelkartenzeit, die nicht dem Bestand des Eigentümers entsprachen, also zu viele, zum Beispiel. Dann: nicht ordnungsgemäße Abrechnungen mit dem Finanzamt bei Einnahmen. Vierter Grund, ... direkte Kontakte mit Bürgern aus Westberlin und aus der Bundesrepublik, damals. Man muss ja bedenken, die Grenze war offen.

    ...was für die Betroffenen ein Glück war. 219 von ihnen flüchteten aus dem Arbeiter- und Bauernstaat. 447 Personen gerieten in Untersuchungshaft, darunter die Wehrmanns:

    ...die Kinder kamen aus der Schule, die Eltern waren abgeholt gewesen. Damals sagte man immer noch mit der "Grünen Minna" und wurden dann eben zu Verhören zu den zuständigen Gremien der "Aktion Rose" gebracht.

    Der Polizeibericht hielt fest, die Einsatzkräfte hätten "eine gute Arbeitsfreudigkeit und Begeisterung an den Tag gelegt", trotz der Schneestürme und Eiseskälte in den Tagen um den 10. Februar. Ein DDR-Rundfunkkommentar vom 27.Februar 1953 bilanzierte:

    Die Arbeiterklasse der Deutschen Demokratischen Republik...kann und wird dem Treiben solcher Ratten wie der jetzt Inhaftierten nicht untätig zusehen; sie macht Schluss damit, indem sie Hotels und Pensionen, in denen bisher die Arbeiter betrogen wurden, in Volkseigentum überführt und in Heime verwandelt.

    Es hieß jetzt "Heime", nicht mehr "Hotels"! Die Reise der Verhafteten endete in Bützow, etwa 40 Kilometer südlich von Rostock. Auch Ilse Fridrich landete dort:

    Das B-Haus in Bützow war ja extra leergemacht worden für die ganzen Hoteliers und die zur "Aktion Rose" gehörten. Männer und Frauen. Unten war ’n ’de Frauen und oben war’n de Männer. Alles Bekanntes natürlich, die ganzen Hoteliers von hier. Wir war’n wohl bald 80 Leute, die eingesperrt waren.

    Meine Großeltern wurden dann gleich mitgenommen, kamen dann auch in das Gefängnis Bützow zum Verhör und dort wurden dann auch die Urteile gesprochen.

    In Bützow, dem Sitz der Untersuchungshaftanstalt, war ein Sondergericht aus politisch verlässlichen Richtern gebildet worden. Es sprach in kürzester Zeit 408 Urteile, Gefängnisstrafen zwischen einigen Monaten und 10 Jahren. Ein damaliger DDR-Staatsanwalt wurde im diesem Zusammenhang noch 1997 wegen Rechtsbeugung mit einer Bewährungsstrafe von 15 Monaten belangt. Er hatte im Frühjahr 1953 in circa 60 bis 70 Fällen die Anklagen verfasst. Auch die Großeltern von Uwe Wehrmann waren damals als Wirtschaftsverbrecher verurteilt worden.

    Der Großvater zu 5 Jahren, die Großmutter zu 3 Jahren Gefängnis.

    Das ist dann nach drei Jahren aufgehoben worden. Dann kamen meine Großeltern wieder nach Heringsdorf zurück..

    Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis war Kurt Wehrmann ein gebrochener Mann. Die erlittene Willkür konnte und wollte er nicht verstehen.

    Wir haben durch die Urteile auch noch gesehen, es wurde sehr penibel aufgegliedert, welche Schmuckstücke man abgenommen hatte, welcher Ring, welche Manschettenknöpfe, welche Uhr. Das wurde sehr genau aufgeführt. Leider gibt es diese Gegenstände nicht mehr (Sibylle Wehrmann) Es war noch so ein weiterer Punkt, den wir in Urteilen nachlesen konnten, dass der Großmutter vorgeworfen wurde, dass sie übermäßig viel Kleidungsstücke besessen hat, also eine sehr aufwändige Garderobe hatte. Das wurde in diesem Urteil auch angeführt.

    ... ergänzt Sibylle Wehrmann, die heute mit ihrem Mann Uwe das neue "Strandhotel Ostseeblick" in Heringsdorf führt. Insgesamt brachten konfisziertes Bargeld, Konten und Schmuck dem DDR-Staat zwei Millionen Mark ein, auch 100 Autos wurden "verstaatlicht." Der Wert der enteigneten Immobilien belief sich auf 30 Millionen Ostmark. Der Sozialismus hatte die Eigentumsverhältnisse an der Ostsee verändert. Das sollte auch den Einwohnern und sesshaft gewordenen Flüchtlingen klargemacht werden, fand Dietrich Gildenhaar heraus:

    Einige Wochen später sah man sich dann veranlasst, von staatlicher Seite und von Seiten der Volkspolizei öffentliche Versammlungen abzuhalten, in allen betroffenen Seebädern, wo über diese "Aktion Rose", über das, was da passiert ist und warum die das gemacht haben, berichtet wurde, da wurden auch alle Namen genannt.

    Über eine Gemeindeversammlung im Heringsdorfer Kultursaal berichtete die "Ostsee-Zeitung":

    Bürgermeister Genosse Rauch zeigte auf, mit welcher Raffinesse die Schieber Gomoll, Wehrmann, Michaelis usw. tonnenweise Kohlen "eingespart" haben. In der anschließenden Diskussion verlangte die Bevölkerung eine strenge Bestrafung der Schieber und Spekulanten. Genosse Möller rief: "Nie wieder eine zweite "Knochenmühle" Wehrmann, in der die Angestellten ausgebeutet und die Urlauber betrogen wurden, sondern Heringsdorf muss das erste sozialistische Bad der Werktätigen werden.

    In den enteigneten Häusern von Heringsdorf erholten sich unter anderen: die berüchtigte DDR-Justizministerin Hilde Benjamin, der Fernsehpropagandist Karl Eduard von Schnitzler und Stasichef Erich Mielke. Der Gewerkschaftsvorsitzende Herbert Warnke kam schon seit 1948 hierher, mit Familie und "Kindermädchen". An der gesamten DDR-Ostseeküste waren 440 Hotels und Pensionen enteignet, 181 Gaststätten, Wohnhäuser und Wirtschaftsbetriebe – vom Strandkorbbau bis zur Holzfabrik – beschlagnahmt worden. Das Bützower Gefängnis gab die ersten "Aktion-Rose"-Häftlinge nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 frei, Kurt und Elisabeth Wehrmann erst 1956. Die Hotels in Heringsdorf gehörten nun dem Zentralkomitee der SED, der Volkspolizei und vor allem dem FDGB. Einige Enteignete durften zurück in ihre Häuser, als Angestellte des FDGB-Feriendienstes.

    Diejenigen, die dann zu Gefängnis verurteilt wurden, kamen zurück und erhielten eine entsprechende Arbeit, waren sogar Betriebsleiter und ähnliches, nachher... (Sibylle Wehrmann) Wir wissen ’s ja von dem Großvater, der dann eben dazu bestimmt wurde, in einer Hähnchenbratstube zu arbeiten. Das war also nach diesem Leben als Hotelier und nach Verbüßung seiner Haftstrafe seine Bestimmung hier in Heringsdorf zu tun.

    Sibylle Wehrmann kann sich kaum vorstellen, was Leute damals empfanden, die ihren Großvater als Hotelier gekannt hatten und ihn nun "Broiler" bruzzeln sahen.

    ... es gab eine Reihe von Erscheinungsformen in der "Aktion Rose", die auch mit den Gesetzen, z.B. den Strafgesetzen, der damaligen Zeit nicht in Übereinklang zu bringen waren.

    Elisabeth und Kurt Wehrmann verließen Anfang 1963 die DDR. Sie gingen nach Westdeutschland. Dietrich Gildenhaar hat die unmittelbaren Folgen der "Aktion Rose" recherchiert.

    Egal, ob die nun nicht mehr da waren, die DDR verlassen hatten, ob nun im Gefängnis saßen oder auf ihren Gerichtsprozess warteten, oder ausgesiedelt waren, diese Häuser standen leer. Im Grunde genommen hat sich damit das staatlich gelenkte Ferienwesen der DDR selbst ’n Tor geschossen. Es fielen jetzt zum Beispiel Versorgungseinrichtungen weg, die haben zum Beispiel Frühstück gegessen in diesen Privathotels und –pensionen. Jetzt hatte der FDGB echte Schwierigkeiten die Versorgung im Sommer aufrecht zu erhalten...

    Aus diesem Grunde zitierte die "Ostsee-Zeitung" am 28. Februar 1953 einen Kommentar aus dem DDR-Rundfunk von Herbert Geßner:

    Notwendig ist, dass die Partei in jedem Ort mit Hilfe der Arbeiter eine strenge Kontrolle des Kurbetriebes in der Richtung organisiert, dass in den Ostseebädern für die kommende Saison alle Erholungsmöglichkeiten für die werktätigen Gäste garantiert sind.

    ...diese Häuser, die jetzt leer standen, gingen also an den Staat und über den Staat erfolgte die Übergabe an staatliche Institutionen. ...

    ... An den Gewerkschaftsferiendienst zum Beispiel. Einige der schönsten Häuser schnappte sich die Volkspolizei:

    Andere Häuser gingen an ’s MdI, das waren die sogenannten Sonderheime, Ministerium des Innern, an die Vorläufer der NVA, das war die kasernierte Volkspolizei zum Beispiel, und die Grenzbrigade, oder Grenztruppen, wie z.B. ein Haus in Ahlbeck, da waren die Grenzer stationiert, also nicht an Privatpersonen !

    Doch meist an den FDGB. Der nahm bis zur Wende 1989 eine Monopolstellung ein. Nicht die örtliche Kurverwaltung, nicht das DDR-Reisebüro, hatten in den Badeorten das Sagen, sondern die Einheitsgewerkschaft. Nach der Wende versuchten die Familien der Hotel- und Pensionsbesitzer ihr Eigentum zurückzubekommen. Es dauerte fünf bis sechs Jahre, dann waren die Rückübertragungen geregelt.

    Also wenn ich Ahlbeck, Heringsdorf, Bansin, Zinnowitz, nehme, war bis 1995 - in Einzelfällen vielleicht noch ’96 - im Grunde genommen die gesamte Eigentumsfrage aller Dinge erledigt, abgeschlossen.

    Das "Strandhotel Ostseeblick" allerdings war schon in der DDR-Zeit erledigt. Abgewohnt, abgerissen und durch einen hässlichen Zweckbau ersetzt worden. Dieser konnte, mit zentralen Toiletten und Duschen auf dem Flur, nach der Wende die gestiegenen Ansprüche des modernen Tourismus nicht erfüllen.

    Die Eltern von Uwe Wehrmann kümmerten sich um die Rückübertragung des väterlichen Eigentums. Nicht mit eingerechnet hatten sie: die Treuhand:

    Die Treuhand wollte für die Rückführung des Hotels noch einen D-Mark-Betrag sehen, weil man gesagt hat, man hätte ja auch eine "Wertschöpfung" durch den Neubau geschaffen. Nur diese Wertschöpfung war in dieser Form nicht so vorhanden, denn wir mussten alles komplett sanieren. Es war nichts brauchbares mehr da und so hat man meinen Vater dann noch dazu gebracht, dennoch 300.00 Mark als Ablösebetrag an die Treuhand zu bezahlen. Was für mich einen bitteren Beigeschmack hat, denn aus anderen Berichten hat man erfahren, dass es "1:1" zurückgegeben worden ist.

    Das Haus musste saniert werden, doch die Eltern scheuten die hohen Investitionen. So erwarben Sibylle und Uwe Wehrmann 1994 das "Strandhotel Ostseeblick". Sofort begann der Umbau. 43 Jahre nach der "Aktion Rose" eröffnete der Enkel von Kurt Wehrmann ein 4-Sterne-Hotel,... mit Panoramarestaurant, Therme und: "Ostseeblick"!

    In Heringsdorf erinnern über 20 Gedenktafeln an prominente Sommergäste, von Wilhelm II., über Fontane bis Gorki. An die "Aktion Rose" aber, die am eiskalten Morgen des 10. Februar 1953 begann, erinnert bis heute keine Tafel.