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Klaus Staeck
Politische Werkschau eines zornigen Mannes

Bevor er sein Amt als Präsident der Akademie der Künste abgibt, zeigt Klaus Staeck noch einmal "Kunst für alle" - so der Titel seiner Ausstellung. Der Gedanke, Kunst zu vervielfältigen, ist so politisch wie Staeck selbst - und er ist immer noch wütend.

Von Oliver Kranz |
    Das Exponat "La Joconde (Mona Lisa)" von Robert Filliou (1969) ist am 17.03.2015 in der Akademie der Künste in Berlin in der Ausstellung "Kunst für Alle" zu sehen.
    Das Exponat "La Joconde (Mona Lisa)" von Robert Filliou (1969) ist am 17.03.2015 in der Akademie der Künste in Berlin in der Ausstellung "Kunst für Alle" zu sehen. (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    Eine Kartoffel liegt auf dem Boden, eine zweite, die von einem hölzernen Gestell herabhängt, kreist um sie herum...
    Klaus Staeck: "Das ist der Polke-Apparat, sage ich immer. Der wahre Titel lautet: "Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere Kartoffel umkreisen kann". Also wenn man so will: der äußerste technische Aufwand, um die ewige Wiederkehr des Gleichen."
    Klaus Staeck hat für Sigmar Polke 30 dieser Apparate anfertigen lassen. Einige davon hat er immer noch in seinem Depot. 1965 gründete er den Produzentenverlag Edition Tangente, der nicht nur Druck-Erzeugnisse herstellte, sondern Kunstobjekte verschiedenster Art. Staeck ließ für Joseph Beuys Zinkkisten mit Schwefel überziehen oder für Dieter Roth Gartenzwerge in Schokolade eingießen. Viele dieser Objekte sind nun in der Ausstellung zu sehen.
    Thomas Wagner: "Das Besondere ist, es ist nicht der Privatsammler Klaus Staeck, der seine Erwerbungen hier zeigt, sondern es ist alles aus der Produktion, es sind alles Elemente, die aus anderen selbstorganisierten Produzentengalerien stammen oder aus der Edition Staeck, vormals Edition Tangente."
    Sagt Thomas Wagner, der die Ausstellung mitkonzipiert hat. Klaus Staeck ist seit neun Jahren Präsident der Berliner Akademie der Künste. Seine großen Vorbilder sind Beuys und vor allem Heinrich Böll...
    Klaus Staeck: "Für mich war der ungeheuer prägend in seiner Art. Der hat die ganze Nation irgendwie mitgeprägt. Man hat gewartet, dass der Böll irgendwas sagt in bestimmten Situationen."
    "Demokratie macht noch mehr Arbeit"
    Staeck bedauert, dass es solche Künstler heute kaum noch gibt. Er selbst ist nicht nur Verleger und Akademiepräsident, sondern auch Plakatkünstler. In den 70er Jahren gehörten seine mit ironischen Sprüchen versehenen Fotomontagen zur Grundausstattung vieler WG-Wohnungen. Einige sind in der Ausstellung zu sehen. Man kann staunen, wie aktuell sie noch sind - das Plakat "Sozialfall" zum Beispiel, das eine alte, zusammengekrümmte Frau zeigt – eine Kohlezeichnung Albrecht Dürers...
    Klaus Staeck: "Dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, das ist natürlich politischer Sprengstoff. Und was machen wir dagegen? ... Demokratie bedeutet immer auch mal Arbeit. Karl Valentin hat mal gesagt: Kunst ist schön, macht aber auch viel Arbeit. Ich glaube, Demokratie macht noch mehr Arbeit, denn man muss sich leider einbringen."
    Als Präsident der Akademie der Künste hat Klaus Staeck dazu momentan die besten Möglichkeiten. Im Rahmenprogramm der Ausstellung veranstaltet er eine Diskussion zum Thema Charlie Hebdo. Überschrift "Nicht Einknicken!".
    Klaus Staeck: "Freiheit ist ja immer in Gefahr, dass sie der Erschlaffung anheimfällt - dass man es für normal ansieht, dass es frei zugeht und da kuckt man ein bisschen komisch, wenn Einschränkungen kommen. Und dann ist aber jetzt die Frage... Sind nicht die Leute mit der Kalaschnikow insofern erfolgreich geblieben, als die Schere im Kopf jetzt wieder neu klappert ... Wir haben die Aufklärung gehabt. Wir haben für die Meinungsfreiheit gekämpft, kämpfen jeden Tag dafür. Die gibt es auch nicht gratis. Die muss jetzt verteidigt werden."
    Für Klaus Staeck ist es selbstverständlich, in der Ausstellung auch eine Mohammed-Karikatur zu zeigen. Er bezeichnet sich selbst als zornigen alten Mann. Und Zorn, sagt er, setzt Energie frei. Das ist in der Ausstellung zu spüren...