Peter Kapern: Die Menschheit hat die Ressourcen der Erde ausgereizt und wir werden in einigen Fällen schon vor 2052 einen örtlichen Kollaps erleiden. Diese düstere Prognose gab gestern in Rotterdam Jorgen Randers, ein norwegischer Wirtschaftsexperte und Zukunftsforscher, ab. Randers stützte sich dabei auf eine Sammlung wissenschaftlicher Studien, die im Auftrag des "Club of Rome" erstellt worden sind. Der Titel dieser Studien lautet "2052" und der Name ist Programm, denn Randers und sein Team sollten eine Studie über die Lage der Welt in 40 Jahren erstellen.
Der "Club of Rome", das ist jene Vereinigung von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftskapitänen, die vor 40 Jahren schon einmal mit einem solchen Bericht für Aufsehen sorgte. Der hieß "Die Grenzen des Wachstums" und musste sich bis zum heutigen Tag viel Kritik gefallen lassen, weil die Menschheit diese Grenzen bis heute nicht, wie prognostiziert, erreicht hat.
Mitgehört hat Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister und Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Guten Morgen, Herr Töpfer.
Klaus Töpfer: Einen schönen guten Morgen!
Kapern: Herr Töpfer, nach den früheren Berichten des "Club of Rome", nach den UNO-Weltklimaberichten nun schon wieder ein Untergangsszenario. Lockt man damit eigentlich noch jemanden hinter dem CO2-produzierenden Ofen hervor?
Töpfer: Ja sehen Sie, Sie sind dahinter hervorgerufen worden. Wir sitzen heute zusammen und sprechen darüber, welche Realitäten damit verbunden sind, wir machen uns Gedanken, ob wir durch eigenes Handeln das wieder vermeiden können, was "hier ändert sich nichts" vorhergesagt wird. Also eine Funktion haben solche Studien natürlich schon und auch der "Club of Rome" mit den Grenzen des Wachstums hat wirklich viele, viele Jahre hinweg bis in unsere Zeit hinein klar gemacht, dass wir uns der Folgen des Wachstums sehr genau bewusst werden müssen: Folgen im sozialen Bereich, Spannungen im gesellschaftlichen Bereich, die durch eine Fehlverteilung von wirtschaftlicher Entwicklung entstehen, aber Folgen natürlich auch im ökologischen Bereich, wenn wir sehen, dass viele Kosten, die eigentlich unser Wohlstand heute verursacht, aber nicht in den Preisen bezahlt wird, die wir jetzt bezahlen, und die deswegen sich anhäufen – etwa in der Tatsache, dass sich das Klima verändert und der Mensch nimmt immer mehr Einfluss auf diese Welt.
Der große Nobelpreisträger Paul Krugman, der in Mainz lange Jahre gelehrt hat und auch dort noch lebt, hat schon Anfang dieses Jahrhunderts in der sehr renommierten Zeitschrift "Nature" einen Artikel veröffentlicht unter der Überschrift "Anthropozän", also unter Menschheitszeitalter, dass die Erdzeitalter zu Ende gehen, dass dieser Globus mehr und mehr durch den Menschen direkt und indirekt bestimmt wird. Alles das sind nicht Untergangsszenarien, ich glaube nicht, dass die Autoren das so sehen, sondern sind Aufrüttler, sind Tatsachen, die wir beachten müssen.
Und sehen Sie: nicht überall ist dieser Bericht ja auch so negativ. Viele machen sich lustig darüber, dass man nur 8,1 Milliarden Menschen als Höhepunkt der Bevölkerungsentwicklung sieht, während die mittleren Prognosen etwa der Vereinten Nationen auf jeden Fall im Jahre 2050 auf deutlich über neun Milliarden hinausgehen. Also nicht überall wird dort nur ganz schwarz gemalt. Aber die Konsequenzen der Tatsache, dass wir gegenwärtig bei uns und weltweit unsere wirtschaftliche Entwicklung massiv ökologisch und sozial subventionieren, das ist sehr, sehr notwendig zu unterstreichen und das wird hoffentlich auch zu verstärktem Handeln führen, wie das ja auch in der Vergangenheit nach dem Bericht des "Club of Rome", "Die Grenzen des Wachstums", der Fall war.
Kapern: Das ist aber eine sehr optimistische Deutung der Geschehnisse seither, denn die Autoren – wir haben das ja gerade von Jorgen Randers noch mal gehört – kommen zu dem Ergebnis, die Menschheit wird es nicht schaffen. Ist der Zug schon abgefahren?
Töpfer: Ja da bin ich nun mal anderer Meinung. Ich glaube nicht, dass der Zug abgefahren ist. Wir dürfen auch gar nicht den Eindruck erwecken. Aus Resignation heraus sind noch nie Probleme gelöst worden. Ich bin ganz und gar der Überzeugung, dass auch die Menschheit eine lernende Größe ist, dass viele auch und gerade in den schnell wachsenden Entwicklungsländern, also in China, in Indien, in Südamerika, in Afrika, erkennen, dass stabile, nachhaltige Wirtschaften notwendig sind, wenn man auch einer weiter wachsenden Bevölkerung eine Existenzmöglichkeit geben wird. Also hier unterscheide ich mich in der Frage der optimistischen oder pessimistischen Reaktion – nicht nach dem Motto, das wir immer wieder hören, dem Ingenieur ist nichts zu schwer, es ist immer gut gegangen, wird auch diesmal wieder gut gehen. Nein, nein, etwas mehr Zukunftsverantwortung ist schon notwendig als Reaktion auf einen solchen Bericht.
Kapern: Nun schwingt sich Europa ja gerade auf, eine neue Wachstumsstrategie aufzulegen. Man hat den Eindruck, da scheint die Parole zu herrschen, die Schlote müssen jetzt wieder qualmen. Ist im Moment keine Konjunktur für solche Umweltschutzappelle, wie sie dieser Bericht beinhaltet?
Töpfer: Ach Gott, wissen Sie, für solche Bericht ist eigentlich unter dem Gesichtspunkt nie Konjunktur. Sagen Sie mir eine Zeit, in der man hinkommen konnte und sagen konnte, so, jetzt haben wir alle anderen materiellen Erwartungen einer wachsenden Weltbevölkerung erfüllt und jetzt geben wir uns der Säuberung dieser Probleme hin, die wir selbst mit verursacht haben. Nein, ich glaube, dies ist konjunkturunabhängig und gerade in einer Zeit, in der wir wirklich wieder wirtschaftliche Entwicklung brauchen, um Probleme der Vergangenheit, die durch wirtschaftliches Wachstum entstanden sind, wieder abzutragen, muss man sagen, wie soll das denn aussehen.
Wir wollen in Kürze nach Rio de Janeiro wieder gehen, 20 Jahre nach dem Erdgipfel 1992 dort, und eines der großen Themen, das behandelt wird, ist das sogenannte grüne Wirtschaften, the green economy, die Frage, wie können wir also unsere Wirtschaft so weit auch entwicklungsfähig halten, weil wir das für eine wachsende Weltbevölkerung, und ich sage noch mal, für die Bewältigung der Probleme vergangenen Tuns brauchen, ohne dass wir damit das Problem weiter verschärfen, dass wir uns also in einer Abwärtsspirale befinden, die sich immer beschleunigt, immer vergrößert. Genau dies ist das Nachdenken heute, und wie gesagt: the green economy, das grüne Wirtschaften, andere sagen das grüne Wachstum - da habe ich meine Sorgen - ist es, was wir auf Dauer brauchen, wie auch immer sich das umsetzen lässt, dass gerade die Entwicklungsländer, die massiv Armut überwinden müssen, um Stabilität auch in ihrer gesellschaftlichen Perspektive zu haben, um den Menschen zu sagen, auch wir können anders und müssen anders leben, um Armut zu überwinden, genau dort können wir also mit einer solchen Botschaft nur sehr schwer vorankommen. Das müssen wir weiter tun und wir müssen uns überlegen, dass es geht.
Hier spielt eben so etwas wie die Energiewende eine zentrale Rolle, denn jede wirtschaftliche Entwicklung braucht Energie, da haben Sie die Querverbindung auch zum Klimawandel. Wenn es uns wirklich gelingt, bis zum Jahre 2050 die CO2-Emissionen in Deutschland weiterhin um 80 Prozent zu reduzieren, ohne dass wir wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftlichen Ausgleich in Frage stellen, dann ist das ein faszinierender Beispielfall, der von anderen mit verfolgt wird, den wir auch in eine gute Situation zur Zusammenarbeit bringen können. Heute bereits fragen mich die Kollegen in Afrika, wann wir denn mit der Fotovoltaik im Kostenbereich so niedrig sind, dass sie auch für sie wirklich relevant wird.
Kapern: Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister, heute Früh im Deutschlandfunk. Herr Töpfer, danke für das Gespräch und schönen Tag noch.
Töpfer: Danke Ihnen auch. Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Der "Club of Rome", das ist jene Vereinigung von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftskapitänen, die vor 40 Jahren schon einmal mit einem solchen Bericht für Aufsehen sorgte. Der hieß "Die Grenzen des Wachstums" und musste sich bis zum heutigen Tag viel Kritik gefallen lassen, weil die Menschheit diese Grenzen bis heute nicht, wie prognostiziert, erreicht hat.
Mitgehört hat Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister und Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Guten Morgen, Herr Töpfer.
Klaus Töpfer: Einen schönen guten Morgen!
Kapern: Herr Töpfer, nach den früheren Berichten des "Club of Rome", nach den UNO-Weltklimaberichten nun schon wieder ein Untergangsszenario. Lockt man damit eigentlich noch jemanden hinter dem CO2-produzierenden Ofen hervor?
Töpfer: Ja sehen Sie, Sie sind dahinter hervorgerufen worden. Wir sitzen heute zusammen und sprechen darüber, welche Realitäten damit verbunden sind, wir machen uns Gedanken, ob wir durch eigenes Handeln das wieder vermeiden können, was "hier ändert sich nichts" vorhergesagt wird. Also eine Funktion haben solche Studien natürlich schon und auch der "Club of Rome" mit den Grenzen des Wachstums hat wirklich viele, viele Jahre hinweg bis in unsere Zeit hinein klar gemacht, dass wir uns der Folgen des Wachstums sehr genau bewusst werden müssen: Folgen im sozialen Bereich, Spannungen im gesellschaftlichen Bereich, die durch eine Fehlverteilung von wirtschaftlicher Entwicklung entstehen, aber Folgen natürlich auch im ökologischen Bereich, wenn wir sehen, dass viele Kosten, die eigentlich unser Wohlstand heute verursacht, aber nicht in den Preisen bezahlt wird, die wir jetzt bezahlen, und die deswegen sich anhäufen – etwa in der Tatsache, dass sich das Klima verändert und der Mensch nimmt immer mehr Einfluss auf diese Welt.
Der große Nobelpreisträger Paul Krugman, der in Mainz lange Jahre gelehrt hat und auch dort noch lebt, hat schon Anfang dieses Jahrhunderts in der sehr renommierten Zeitschrift "Nature" einen Artikel veröffentlicht unter der Überschrift "Anthropozän", also unter Menschheitszeitalter, dass die Erdzeitalter zu Ende gehen, dass dieser Globus mehr und mehr durch den Menschen direkt und indirekt bestimmt wird. Alles das sind nicht Untergangsszenarien, ich glaube nicht, dass die Autoren das so sehen, sondern sind Aufrüttler, sind Tatsachen, die wir beachten müssen.
Und sehen Sie: nicht überall ist dieser Bericht ja auch so negativ. Viele machen sich lustig darüber, dass man nur 8,1 Milliarden Menschen als Höhepunkt der Bevölkerungsentwicklung sieht, während die mittleren Prognosen etwa der Vereinten Nationen auf jeden Fall im Jahre 2050 auf deutlich über neun Milliarden hinausgehen. Also nicht überall wird dort nur ganz schwarz gemalt. Aber die Konsequenzen der Tatsache, dass wir gegenwärtig bei uns und weltweit unsere wirtschaftliche Entwicklung massiv ökologisch und sozial subventionieren, das ist sehr, sehr notwendig zu unterstreichen und das wird hoffentlich auch zu verstärktem Handeln führen, wie das ja auch in der Vergangenheit nach dem Bericht des "Club of Rome", "Die Grenzen des Wachstums", der Fall war.
Kapern: Das ist aber eine sehr optimistische Deutung der Geschehnisse seither, denn die Autoren – wir haben das ja gerade von Jorgen Randers noch mal gehört – kommen zu dem Ergebnis, die Menschheit wird es nicht schaffen. Ist der Zug schon abgefahren?
Töpfer: Ja da bin ich nun mal anderer Meinung. Ich glaube nicht, dass der Zug abgefahren ist. Wir dürfen auch gar nicht den Eindruck erwecken. Aus Resignation heraus sind noch nie Probleme gelöst worden. Ich bin ganz und gar der Überzeugung, dass auch die Menschheit eine lernende Größe ist, dass viele auch und gerade in den schnell wachsenden Entwicklungsländern, also in China, in Indien, in Südamerika, in Afrika, erkennen, dass stabile, nachhaltige Wirtschaften notwendig sind, wenn man auch einer weiter wachsenden Bevölkerung eine Existenzmöglichkeit geben wird. Also hier unterscheide ich mich in der Frage der optimistischen oder pessimistischen Reaktion – nicht nach dem Motto, das wir immer wieder hören, dem Ingenieur ist nichts zu schwer, es ist immer gut gegangen, wird auch diesmal wieder gut gehen. Nein, nein, etwas mehr Zukunftsverantwortung ist schon notwendig als Reaktion auf einen solchen Bericht.
Kapern: Nun schwingt sich Europa ja gerade auf, eine neue Wachstumsstrategie aufzulegen. Man hat den Eindruck, da scheint die Parole zu herrschen, die Schlote müssen jetzt wieder qualmen. Ist im Moment keine Konjunktur für solche Umweltschutzappelle, wie sie dieser Bericht beinhaltet?
Töpfer: Ach Gott, wissen Sie, für solche Bericht ist eigentlich unter dem Gesichtspunkt nie Konjunktur. Sagen Sie mir eine Zeit, in der man hinkommen konnte und sagen konnte, so, jetzt haben wir alle anderen materiellen Erwartungen einer wachsenden Weltbevölkerung erfüllt und jetzt geben wir uns der Säuberung dieser Probleme hin, die wir selbst mit verursacht haben. Nein, ich glaube, dies ist konjunkturunabhängig und gerade in einer Zeit, in der wir wirklich wieder wirtschaftliche Entwicklung brauchen, um Probleme der Vergangenheit, die durch wirtschaftliches Wachstum entstanden sind, wieder abzutragen, muss man sagen, wie soll das denn aussehen.
Wir wollen in Kürze nach Rio de Janeiro wieder gehen, 20 Jahre nach dem Erdgipfel 1992 dort, und eines der großen Themen, das behandelt wird, ist das sogenannte grüne Wirtschaften, the green economy, die Frage, wie können wir also unsere Wirtschaft so weit auch entwicklungsfähig halten, weil wir das für eine wachsende Weltbevölkerung, und ich sage noch mal, für die Bewältigung der Probleme vergangenen Tuns brauchen, ohne dass wir damit das Problem weiter verschärfen, dass wir uns also in einer Abwärtsspirale befinden, die sich immer beschleunigt, immer vergrößert. Genau dies ist das Nachdenken heute, und wie gesagt: the green economy, das grüne Wirtschaften, andere sagen das grüne Wachstum - da habe ich meine Sorgen - ist es, was wir auf Dauer brauchen, wie auch immer sich das umsetzen lässt, dass gerade die Entwicklungsländer, die massiv Armut überwinden müssen, um Stabilität auch in ihrer gesellschaftlichen Perspektive zu haben, um den Menschen zu sagen, auch wir können anders und müssen anders leben, um Armut zu überwinden, genau dort können wir also mit einer solchen Botschaft nur sehr schwer vorankommen. Das müssen wir weiter tun und wir müssen uns überlegen, dass es geht.
Hier spielt eben so etwas wie die Energiewende eine zentrale Rolle, denn jede wirtschaftliche Entwicklung braucht Energie, da haben Sie die Querverbindung auch zum Klimawandel. Wenn es uns wirklich gelingt, bis zum Jahre 2050 die CO2-Emissionen in Deutschland weiterhin um 80 Prozent zu reduzieren, ohne dass wir wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftlichen Ausgleich in Frage stellen, dann ist das ein faszinierender Beispielfall, der von anderen mit verfolgt wird, den wir auch in eine gute Situation zur Zusammenarbeit bringen können. Heute bereits fragen mich die Kollegen in Afrika, wann wir denn mit der Fotovoltaik im Kostenbereich so niedrig sind, dass sie auch für sie wirklich relevant wird.
Kapern: Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister, heute Früh im Deutschlandfunk. Herr Töpfer, danke für das Gespräch und schönen Tag noch.
Töpfer: Danke Ihnen auch. Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.