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Klaus von Dohnanyi
"Zivilcourage ist in Deutschland vielfach verloren gegangen"

Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi hat im Deutschlandfunk in Zeiten von Hetze und Hassparolen gegen Flüchtlinge zu mehr Zivilcourage aufgerufen. Der Mut vorangegangener Generationen sei eine Verpflichtung für die heutige Zeit, sagte der Sohn des in der NS-Zeit hingerichteten Widerstandskämpfers Hans von Dohnanyi.

Klaus von Dohnanyi im Gespräch mit Birgid Becker |
    Klaus von Dohnanyi (SPD), früherer Erster Bürgermeister von Hamburg
    Klaus von Dohnanyi (SPD), früherer Erster Bürgermeister von Hamburg (privat)
    Im Interview mit dem Deutschlandfunk übte der SPD-Politiker Kritik an der "sehr stark auf Anpassung und Konsens ausgerichteten Medienlandschaft". Sich gegen den Mainstream der Medien gerade zu stellen und seine Meinung zu behaupten, diese Art von Zivilcourage sei in Deutschland schwach geworden, kritisierte Dohnanyi.
    "Kindern beibringen, die eigene Meinung zu behaupten"
    Deshalb sei es die große Aufgabe, "Zivilcourage zu zeigen und auch zu lehren", betonte der 87-Jährige. Das bleibe eine wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie und dafür, "dass, wenn es denn mal wieder brennt, wie es gebrannt hat in den Nazi-Jahren, dass die Leute dann auch eventuell aufstehen und mehr Mut, und auch physisch mehr gefährlichen Mut, aufbringen."
    Die Menschen, die in der NS-Zeit nicht in den Widerstand gegangen wären, dürften man jedoch nicht verurteilen. Mitläufertum sei eine normale menschliche Eigenschaft: "Der Mensch versucht zu überleben, das ist das normale Verhalten", sagte Dohnanyi. Es sei nicht selbstverständlich, in den Widerstand zu gehen, das seien die Ausnahmen.

    Das Gespräch können Sie mindestens fünf Monate lang als Audio-on-demand abrufen.