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Klausurtagung im Kloster Seeon
Auf der Suche nach der neuen CSU

Neue Themen, weniger Streit: 2019 soll für die CSU ein Jahr der Erneuerung werden. Und das beginnt mit der traditionellen Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon. Der Kurs ist dieses Jahr - anders als 2018 - klar europafreundlich.

Von Tobias Krone |
     Im Kloster Seeon in Bayern findet die Klausurtagung der CSU-Landesgruppe statt
    Im Kloster Seeon in Bayern findet die Klausurtagung der CSU-Landesgruppe statt (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Es wird anders als 2018. Auf der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Seeon vor einem Jahr war noch Ungarns europakritischer Premierminister Victor Orbàn der Ehrengast, neben dem britischen Wirtschaftsminister Greg Clark, der die innerbritischen Herausforderungen des Brexit erläutern durfte. In diesem Jahr liest sich die Gästeliste der christsozialen Bundestagsabgeordneten ein bisschen wie das Gegenprogramm: Neben dem Chef der konservativen Opposition im europatreuen Griechenland, Kyriakos Mitsotakis, erwartet man den irischen Premier Leo Varadkar, der referieren wird, wie Großbritanniens unmittelbare europäische Nachbarn den Brexit erleben. Der Kurs dieses Jahr ist klar europafreundlich. Markus Blume, CSU-Generalsekretär, stimmt die Öffentlichkeit auf die Europawahl im Mai ein:
    "Wir haben ja diesmal den Spitzenkandidat Manfred Weber, der nicht nur für Bayern, nicht nur für Deutschland antritt, sondern für die Europäische Volkspartei insgesamt. Das heißt, wir werden eine gemeinsame Grundstruktur von Überzeugungen vertreten innerhalb der EVP in ganz Europa. Das hat es in der Form so auch noch nicht gegeben."
    Eine andere Europavision
    Auch Manfred Weber kommt zur Klausur ins ehemalige Kloster. Der niederbayerische Spitzenkandidat der EVP hat die Rückendeckung seiner Parteispitze. Er möchte einen pro-europäischen Wahlkampf führen, nachdem vor fünf Jahren der Europa-Wahlkampf mit dem populären Europaskeptiker in der Partei Peter Gauweiler zu empfindlichen Verlusten geführt hatte. Auch der designierte CSU-Chef Markus Söder richtet sein Augenmerk auf Brüssel:
    "Weil es bei dieser Europawahl um mehr geht als in den vergangenen Diskussionen, wie viel oder wie wenig Europa. Jetzt geht es eigentlich um die Frage, ob Europa überhaupt noch institutionell handlungsfähig bleibt. Sowohl das Programm als auch der Kandidat sind genau die richtigen an der Stelle."
    Mehr Investitionen in europäische Start-Ups und mehr Zusammenarbeit in der militärischen Verteidigung. Für seine liberalere Europavision sucht Weber auch den Schulterschluss mit der Schwesterpartei CDU. Deren frisch gekürte Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer unterbricht sogar für zwei Tage ihren Winterurlaub, um zu ihren bayerischen Koalitionspartnern zu stoßen. Unstrittig ist der Wille bei CDU und CSU, wieder mehr zu kooperieren als unter Merkel und Seehofer. Markus Söder: "Der vermeintliche Streit bringt wenig Profil, nur das Profil, das beiden schadet. Wir brauchen ein positives Profil, positive Ausstrahlung – und das geht nur durch Zusammenarbeit."
    Einigkeit in der Partei demonstrieren
    Die Belastbarkeit dieser Zusammenarbeit werden die Christsozialen sogleich testen. Und zwar in den Beschlüssen, mit denen sie in den kommenden Tagen die Aufmerksamkeit gewinnen wollen. In einem Papier fordert die CSU konsequentere Abschiebungen. Damit reagiert Bundesinnenminister und Noch-Parteichef Horst Seehofer auf die Diskussionen um vier jugendliche Asylbewerber, die vergangenes Wochenende alkoholisiert durch die bayerische Stadt Amberg gezogen waren und wahllos Menschen angegriffen und teils verletzt hatten.
    "Wenn Asylbewerber Gewaltdelikte begehen, müssen sie unser Land verlassen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer der "Bild"-Zeitung. Zu Gesetzesänderungen werde er der Koalition Vorschläge machen. Damit zog Seehofer bereits Kritik der Opposition auf sich, bei der CDU erntete er vor allem Zustimmung. Als umstrittener gelten die Forderungen nach DNA-Proben von Verdächtigen ohne Richtervorbehalt oder nach einer europäischen Gefährderdatei.
    Neben den Inhalten geht es der CSU aber auch darum, Einigkeit zu demonstrieren, "und wie ich es auch einmal nannte, auch den Seelenfrieden, nach außen zeigt, den wir nach einem sehr sehr schweren Wahljahr gemacht haben."
    Und um diesen Seelenfrieden zu demonstrieren, reist dieses Jahr auch Markus Söder selbst an, der künftige Parteichef, der im Laufe seiner bayerischen Polit-Karriere bisher auf den Klausuren der Bundestagskollegen noch nie größer in Erscheinung getreten ist.