Gleich zwei Altmeister haben CDs mit Klaviermusik von Debussy veröffentlicht: Daniel Barenboim und Maurizio Pollini. Barenboims CD sei in gewisser Weise eine Mogelpackung, stellt Christoph Vratz fest, da sie aus alten (von 1998) und neuen Aufnahmen besteht, und er kritisiert außerdem das etwas nachlässige Spiel des Pianisten. Trotzdem zeige Barenboim sich hier als Meister des Anschlags.
Daniel Barenboim
Préludes I, Estampes, Clair de lune, La plus que lente, Élégie
Deutsche Grammophon
028947987413
Préludes I, Estampes, Clair de lune, La plus que lente, Élégie
Deutsche Grammophon
028947987413
Auch Pollinis zweiter Band der Préludes überzeugt Christoph Vratz nicht. "En blanc et noir", im Duett aufgenommen mit seinem Sohn, Daniele Pollini, bietet zwar einen gewissen Reiz, doch Debussys Klarheit, die Clarté bleibt auf der Strecke.
Maurizio Pollini
Daniele Pollini
Préludes II, En blanc et noir
Deutsche Grammophon
028947984900
Daniele Pollini
Préludes II, En blanc et noir
Deutsche Grammophon
028947984900
Auch eine historische Aufnahme wurde remastered wiederveröffentlicht. Die Préludes, ein Klassiker von Debussy, gespielt von Friedrich Gulda. Das Besondere an der Aufnahme ist die Klangästhetik, die entsteht, indem die Mikrofone extrem nahe an den Saiten des Flügels angebracht wurden. Das schafft eine unmittelbare Atmosphäre, findet Christoph Vratz, und lenkt den Fokus auf das Wesentliche: das Klavierspiel. Bei Guldas Interpretation beispielsweise von "Feux d'artifice" kommt im Vergleich zu Pollinis Version die Klarheit und das Kühle, die Debussy auch ausmacht, präzise zum Vorschein, sagt der Musikkritiker.
Friedrich Gulda
Préludes
mps-music
885470009735
Préludes
mps-music
885470009735
Für Christoph Vratz nachgerade eine Überraschung ist die CD des Briten Stephen Hough. Sein Pedalspiel überzeugt und macht ihn zum Repräsentanten der Frage: Wie geht man mit Debussy um? Hough bewegt sich hier auf einem schmalen Grat, ihm gelingt es aber, weder zur einen noch zur anderen Seite zu kippen. Im direkten Vergleich mit Barenboim bringt Hough in "Jardins sous la pluie" aus "Estampes" die gebotene Clarté zum Ausdruck.
Stephen Hough
Estampes, Images, Children’s Corner, L’isle joyeuse, La plus que lente
Hyperion CD
034571281391
Estampes, Images, Children’s Corner, L’isle joyeuse, La plus que lente
Hyperion CD
034571281391
Zum 100. Todestag hat der Pianist Michael Korstick seine Gesamtaufnahme der Klavierwerke von Debussy abgeschlossen. Insgesamt fünf CDs sind seit 2012 erschienen. Dem technischen Anspruch der Werke wird Korstick absolut gerecht, stellt Christoph Vratz fest. Er beherrscht das Pedal, vermittelt die Klarheit der Musik und schafft es, die teilweise vorherrschende Gegensätzlichkeit in Debussys Kompositionen präzise und auf hohem Niveau zu spielen.
Michael Korstick
Etudes u.a.
swr music
749313904488
Etudes u.a.
swr music
749313904488
In den nächsten Monaten werden im Zuge des Debussy-Jahres noch einige Beiträge veröffentlicht werden. Besonders gespannt ist Christoph Vratz dabei auf Menahem Pressler, der ein französisches Album mit Schwerpunkt auf Debussy herausbringen wird. Doch auch Alexander Melnikov könnte Interessantes bieten: Er interpretiert Debussys Préludes II auf einem Erard, einem historischen Flügel.