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Kleider machen Leute

Psychologie. - Oft stellt sich bei näherer Untersuchung heraus, dass es mit unserer Rationalität gar nicht so weit her ist. Überlegungen und Entscheidungen werden oft durch körperliche Empfindungen beeinflusst. Amerikanische Psychologen haben diese Konzept jetzt noch weiter getrieben, sie haben den Einfluß der Kleidung auf den Verstand überprüft.

Von Volkart Wildermuth |
    Miriam Wildermuth: "Wenn ich eine Prüfung mache, dann trage ich immer den Pullover der Teil meiner Uniform im Internat in England war. Wenn ich den trage, dann habe ich irgendwie die richtige Einstellung um dann die Prüfung auch richtig zu schreiben."

    Wenn meine Tochter in ihrem Internatspulli am Frühstückstisch sitzt, dann weiß ich: eine Prüfung steht an. Miriam dopt sich sozusagen mit einem Kleidungsstück und das ist mehr als bloßer Aberglaube, wie die Experimente von Hajo Adam zeigen, einem Managementprofessor an der NorthWestern University im amerikanischen Evanston. Er hat allerdings keine Internatspullover, sondern Laborkittel untersucht.

    "Das hatte pragmatische Gründe. Laborkittel sind billig, wir haben 200 Stück gekauft. Jeder Versuchsteilnehmer konnte einen nagelneuen Kittel tragen."

    Weiße Kittel sind mehr als bloße Kleidungstücke, sie haben eine symbolische Bedeutung. Umfragen zeigen, beim weißen Kittel denken die meisten Menschen an Ärzte oder an Forscher, und damit an Eigenschaften wie Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Genauigkeit. Hajo Adam wollte wissen, ob diese Assoziationen sozusagen auf den eigenen Verstand abfärben. Dazu ließ er Versuchspersonen einen Aufmerksamkeitstest absolvieren. Unter einem Vorwand brachte er die Hälfte von ihnen dazu, sich einen Laborkittel überzuziehen.

    "Wer einen Laborkittel an hatte, machte im Durchschnitt nur halb so viele Fehler. Also die Leistung in diesem Aufmerksamkeitstest stieg ziemlich dramatisch."

    Kleidung beeinflusst nicht nur, wie andere über uns denken, sondern sogar, wie wir selbst denken. Schon der Anblick eines weißen Kittels schärft die Aufmerksamkeit. Wenn man ihn dann auch noch selbst trägt, identifiziert man sich wohl unbewusst mit der Geisteshaltung eines Arztes oder Forschers. Ganz anders verlief das Experiment, wenn Hajo Adam den Versuchspersonen erzählte, sie würden den Kittel eines Kunstmalers tragen.

    "Auf diese Weise wollten wir den Symbolgehalt des weißen Kittels verändern. Und tatsächlich. Probanden, die dachten einen Arztkittel zu tragen, schnitten bei dem Aufmerksamkeitstest besser ab, als die, die glaubten den Kittel eines Künstlers anzuhaben."

    Ob die dann in einem Kreativitätstest besser abgeschnitten hätten, kann Hajo Adam leider nicht sagen. Er ist aber davon überzeugt, dass auch andere Kleidungsstücke auf die geistige Haltung ihres Trägers ab färben.

    "Die Robe eines Priesters oder Richters könnte als Symbol der Gerechtigkeit betrachtet werden. Wer sie trägt, sollte also ethischere Entscheidungen treffen. Polizisten gelten als mutig. In einer Polizeiuniform verhält man sich vielleicht mutiger."

    Ob das tatsächlich stimmt, ob der Einfluss der eigenen Kleidung, so weit reicht, sollen weitere Experimente zeigen. Hajo Adam jedenfalls, neigt bei Vorträgen dazu, sich eher seriöser zu kleiden. Ein Trick der auch Schülern und Studenten helfen könnte.

    "Ich denke, das ist ein wichtiger Effekt. Es kann den Unterschied zwischen einer Eins oder einer Zwei ausmachen. Das hat schon praktische Auswirkungen."

    Es lohnt sich also sich aufzubrezeln. Nicht nur um andere, sondern auch sich selbst zu beeinflussen. Die Kleidung alleine, da sind sich Forscher und Schülerin einig, macht allerdings noch keine gute Zensur. Miriam Wildermuth:

    "Natürlich nicht, wenn man nicht lernt, dann bringt auch jeder Pullover nichts."