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Klein und gemein

Biologie. - Thailändischen Wissenschaftlern ist die bis dato kleinste Fliege der Welt ins Netz gegangen. Die gerade einmal mit 0,4 Millimeter Körperlänge ausgestattete Buckelfliege Euryplatea nanaknihali ist ein Parasit. Ihre Wirtstiere sind vermutlich kleine Ameisen, in deren Köpfen die Larven nach der Eiablage heranwachsen.

Von Joachim Budde |
    Sie ist gerade einmal so groß wie der Dreck, den eine Stubenfliege hinterlässt. Mit 0,4 Millimeter Körperlänge ist die Buckelfliege Euryplatea nanaknihali die kleinste bekannte Fliege der Welt, sagt Dr. Brian Brown, Kurator für Insektenkunde am Naturkundemuseum von Los Angeles.

    "Sie hat einen rundlichen, schildförmigen Körper, winzige Augen und kurze Flügel, wie ein kleiner Panzer, der in einem Ameisennest überleben muss."

    Denn das muss Euryplatea nanaknihali, schließlich vermuten die Forscher, dass die winzige Buckelfliege ihre Eier in Ameisen legt. Gefunden haben die Wissenschaftler der "Thailand Inventory Group for Entomological Research", kurz TIGER, das Insekt im Kaeng Krachan Nationalpark im Zentrum Thailands.

    Dass die neu entdeckte Fliege ein Parasit ist wie viele andere Buckelfliegenarten, zeigt sich an ihrem spitzen Hinterleib, mit dem sie Eier in ihre Wirtstiere legt. Beobachtet hat das bisher noch niemand, aber Brian Brown und seine Kollegen gehen davon aus, dass Euryplatea nanaknihali Ameisen befällt – genau wie es ihre nächsten Verwandten tun.

    "Es ist nur eine einzige weitere Fliegenart dieser Gattung bekannt. Die parasitiert ausschließlich Ameisen der Gattung Crematogaster. Ich bin ziemlich sicher, dass die neue Fliegenart auch Ameisen dieser Gattung befällt."

    Das müssen sehr kleine Ameisen sein, denn die Larven dieser Fliegen entwickeln sich in den Köpfen ihrer Wirte. Sind die zu groß, können die Larven sie nicht leerfressen und würden sich inmitten von verrottendem Fleisch verpuppen. Auch zu klein dürfen die Wirte natürlich nicht sein. Darum dachten Insektenkundler bisher, dass die kleinsten Ameisenarten von solchen parasitären Fliegen verschont blieben. Euryplatea nanaknihali hat die Forscher eines besseren belehrt.

    Gegen einen Angriff dieser Fliegen haben die Ameisen kaum eine Chance, sagt Brian Brown.

    "Die Fliege ist wirklich schnell, und im Gegensatz zur Ameise kann sie fliegen. Die eigentliche Eiablage geschieht so rasch, dass man sie mit bloßem Auge gar nicht wahrnimmt. Die Fliege umkreist die Ameise, die viel langsamer und schwerfälliger ist als sie, bis sie die Verteidigung ihres Opfers überwinden kann."

    Sie durchsticht mit ihrem Eiablageschlauch die Haut zwischen den Chitinelementen des Ameisenskeletts und legt ein Ei hinein. Die Larve schlüpft, wandert in den Kopf der Ameise und findet reichliche Vorräte.

    "So ein Ameisenkopf steckt nicht voller Hirn wie der Kopf eines Menschen oder Säugetiers. Bei den Ameisen nehmen die riesigen Muskeln, mit denen Sie ihre Mundwerkzeuge bewegen den meisten Raum ein. Die Larve frisst diese Muskeln, bis sie den Kopf der Ameise vollständig ausfüllt. Dann sorgt sie dafür, dass der Kopf abfällt: Entweder sie frisst die Verbindung zur Brust weg oder sie löst sie mit Chemikalien auf. Manchmal läuft der Ameisenkörper noch eine Weile kopflos herum, darum nennen wir diese Parasiten auch ameisenköpfende Fliegen. Wegen der kopflosen Ameisen haben Forscher diese Gattung überhaupt erst entdeckt."

    Brown bezweifelt, dass Euryplatea nanaknihali lange den Rekord als winzigste Fliege wird halten können.

    "Da läuft ein Wettbewerb auf der Suche nach immer kleineren Tieren. Grundsätzlich ist über solch kleine Lebewesen überall auf der Welt fast nichts bekannt, weil sich die Forschung auf die größeren Lebewesen konzentriert haben, die leichter zu studieren sind. Die Grenze liegt so bei etwa einem Millimeter. Sucht man nach Tieren, die kleiner sind als das, wird man überall auf der Welt neue Entdeckungen machen."