Archiv


Kleiner Motorwicht tritt dezent in die Pedale

Technik. - Fahrräder mit Elektromotorunterstützung kommen groß in Mode, denn inzwischen sind die Akkus leistungsfähig genug, um spürbar Unterstützung zu leisten. Auf der Fahrradmesse "Eurobike" in Friedrichshafen wurden auch Ideen für die Infrastruktur vorgestellt.

Von Thomas Wagner |
    "Also ich sende über mein Mobiltelefon eine ganz normale SMS. Die Station hat eine Rufnummer. Und wenn eine so genannte Ladeöffnung blinkt, die mache ich auf"

    Mit wenigen Handgriffen hat Erfinder Bernd Reutemann den Akku aus der Halterung seines e-Bikes befreit. Das Gebilde, das vor ihm im Freien aufragt, sieht aus wie eine Wand voller Postfächer. Schnell ist eine der postfachähnlichen Klappen geöffnet und der Akku hineingeschoben.

    "Jetzt bekomme ich an einer anderen Ladeöffnung ein Freizeichen. Sie sehen, das blinkt schön. Und jetzt nehme ich einen geladenen Akku raus, der für mein Rad passt, stecke ihn rein und fahr weiter. Und somit haben sie Mobilität und nicht Wartezeit. Denn wer will schon gerne drei Stunden warten, bis sein Akku voll ist, um mit seiner Familie weiter zu radeln."

    Den leeren Akku in ein Fach der Ladestation hineinlegen und einen Augenblick später einen vollen Akku zur Weiterfahrt aus einem anderen Fach herausnehmen - damit geht ein alter Traum der E-Biker in Erfüllung. Denn je nach Fahrradmodell und Akku ist die Batterie mal nach 40, mal nach 70 Kilometern leer. Eine Wiederaufladung dauert mindestens drei Stunden - für Biker, die es eilig haben, zu viel. "E-Bike-Mobility", die Solartankstelle für E-Bikes, soll Abhilfe bringen. 20 Akkus lädt das System gleichzeitig auf. Doch auch für diejenigen, die ein wenig mehr Zeit mitbringen, ist hier das Nachladen eine Option. Richard Dämpfle aus Meckenbeuren im Bodenseekreis hat das System mit entwickelt:

    "Wenn Sie in irgendeinem Lokal sind und beispielsweise eine Mittagspause machen, dann bekommen Sie den Ladezustand per SMS mitgeteilt. Dann können Sie wieder zur Station, den Akku entnehmen und wieder weiter fahren. Das geht über ein GSM-Modul innendrin."

    Über dieses Mobilfunk-Modul können die Radler mit der Ladestation per Handy kommunizieren und sogar den Ladestrom bezahlen. Eine SMS genügt, und sie erfahren, ob ein zu Rad passender Akku aufgeladen zur Verfügung steht. Richard Dämpfle und Bernd Reutemann sind sich sicher, dass ihre vernetzten Ladestationen vor allem für Ausflugslokale und Pensionen attraktiv sein könnten, um mit der Nachlademöglichkeit um die Gunst der E-Biker zu werben. Kritiker wenden dagegen ein, dass ein Radfahrer wohl kaum dazu bereit ist, seinen eigenen Akku herzugeben, um dagegen einen anderen, möglicherweise älteren Akku einzutauschen. Immerhin verfügt "E-Mobility" über Adapter für alle gängigen E-Bike-Akkus. Und für Konstrukteur Richard Dämpfle ist ein Punkt ganz wichtig: Dass nämlich der Strom ausschließlich aus einem Solarpanel gewonnen wird.

    "Strom aus der Steckdose - das kann jeder. Aber dieses Gerät schafft das tatsächlich CO-2-neutral, mit Sonnenstrom. Und ich denke, das ist auch die Zukunft der Mobilität, dass die Elektromobilität nicht aus Atomstrom gespeist wird."

    Darüber hinaus machen sich die Fachleute intensiv Gedanken darüber, wie Lebensdauer und Leistung der Akkus gesteigert werden können - bei gleichzeitiger Reduzierung von Volumen und Gewicht. Die Lithium-Ionen-Technologie, ursprünglich für Handys und Notebooks entwickelt, brachte bei den E-Bikes überhaupt erst den Durchbruch. Nun versuchen die Hersteller, mit intelligenter Steuerungselektronik beim Nachladen mehr als bisher aus den Akkus herauszuholen. Andreas Hämmerle, Geschäftsführer des Vorarlberger Herstellers Simplon:

    "Der Akku besteht ja aus verschiedenen Zellen. Das ist nicht eine Batterie. Sondern da sind ja lauter kleine Batterien in diesem Block drin, eingebaut. Wenn da eine von denen schwächelt oder kaputtgehen würde, und ich habe ein altmodisches Ladesystem, wie man das vor zwei Jahren noch hatte, dann würde Folgendes passieren: Die schwächste Zelle wird vom System erkannt. Und die Ladeelektronik meint, sie muss der schwächsten Zelle am meisten Strom liefern. In der Praxis würde das aber dazu führen, dass diese Zelle noch mehr geschädigt wird."

    Was insgesamt zu Lasten der Lebensdauer des Akkus geht. Deshalb haben die Hersteller sich etwas einfallen lassen. Hämmerle:

    "Active Cell Management nennt sich das Ganze. Und das funktioniert so, dass jede einzelne Zelle auf ihren Ladezustand untersucht wird und jede Zelle separat geladen wird. Das führt dazu, dass ich eine wesentlich längere Lebensdauer des Akkus habe und dass ich auch in vielen Ladezyklen noch volle Kapazität des Akkus halten kann."

    Einige Hersteller nutzen zudem die Möglichkeit, den Akku bei Bergab-Fahrten aufzuladen. Dabei wird beim Bremsen oder beim abschüssigen Fahren die Bewegungsenergie in Strom umgewandelt; der Elektromotor wirkt als Dynamo. Ob das in der Praxis funktioniert, hängt aber vom Fahrprofil ab. Daniel Fikuart vom Fachmagazin "Aktiv Radfahren" warnt vor allzu hohen Erwartungen:

    "Die Energierückgewinnung beträgt im Stadtbereich, wo die Bremsvorgänge ja relativ kurz sind, nur etwa fünf Prozent. Interessanter wird es, wenn man auf Touren mit dem Fahrrad unterwegs ist und länger bergab fährt. Da kann man durchaus schon zwischen 30 und 40 Prozent der Energie, die man zum Fahren benötigt, wieder rückgewinnen."

    Damit kommt ein Radler auf seinem E-Bike zwischen 15 und 20 Kilometer weiter. Dazu muss es aber tatsächlich immer wieder mal bergab gehen.