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Klima- und Umweltschutz in den USA
Die umstrittene Umweltpolitik der Trump-Regierung

Seit seinem Amtsantritt hat Donald Trump rund 100 Klima- und Umweltregeln abgeschafft oder gelockert. Stattdessen schwärmt er von Kohle, obwohl Kohle von allen Fossilen den höchsten CO2-Ausstoß hat. Sollte er die US-Wahl gewinnen, sei der vernachlässigte Klimaschutz nicht mehr aufzuholen, warnen Experten.

Von Heike Wipperfürth |
Demonstrierenden vor dem Weißen Haus in Washington
Proteste gegen die Entscheidung von US-Präsident Trump, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen (2017) (MAXPPP/Kyodo)
Wenn Führungskräfte des US-Energieministeriums über fossile Brennstoffe reden, werden sie geradezu lyrisch: "Moleküle der US-amerikanischen Freiheit". So nennt die Trump-Regierung Erdgas und Öl, obwohl die Klimawissenschaft deren Verbrennung klar als Ursache für die weltweite Klimaerwärmung benennt. US-Präsident Donald Trump schwärmt von sauberer, schöner Kohle, obwohl Kohle von allen Fossilen den höchsten CO2-Ausstoß hat.
Diese Haltung hat Trump in Politik umgesetzt. Seit seinem Amtsantritt hat er rund 100 Klima- und Umweltregeln abgeschafft oder gelockert, darunter die Grenzwerte für Methan, das vor allem bei der Erdgasförderung entweicht, sowie Emissionsgrenzen für Kohlekraftwerke. Das Resultat? Laut einer Analyse des US-Beratungsunternehmens Rhodium Group könnte der zweitgrößte CO2-Emittent der Welt - nach China - in den nächsten 15 Jahren 1,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid zusätzlich in die Luft pumpen. Das ist mehr als die jährlichen Emissionen Russlands.
Bauprojekte in den USA - Trump will weniger Umweltprüfung
US-Präsident Donald Trump will Umweltgesetze außer Kraft setzen, um schneller Infrastrukturprojekte wie Ölpipelines oder Straßen umsetzen zu können. Eine Flut von Klagen könnte aber verhindern, dass die vorgeschlagene Neureglung bis zu den Wahlen in Kraft tritt.

Ein Desaster, sagt William Buzbee, Professor für Umweltrecht an der Georgetown Universität in Washington: "Wir haben die umwelt- und regelfeindlichste Regierung in der Geschichte der modernen USA."
Grenzwerte für toxische Chemikalien abgeschafft
Trumps größter Coup sei der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, sagt Andrew Revkin, Kommunikationsexperte für Klimaschutz an der Columbia Universität. "Ohne die USA fällt es den fast 200 Vertragsstaaten des Abkommens sicher sehr schwer, sich gegenseitig zu motivieren, die globale Wirtschaft so schnell wie möglich zu dekarbonisieren."
Dass die Klimaerwärmung längst als Brandbeschleuniger der Waldfeuer in Oregon und Kalifornien gilt, dämpft die Deregulierungslust der Trump-Regierung keinesfalls. So hat sie die strengeren Grenzwerte für toxische Chemikalien abgeschafft, falls diese in der Nähe Wasserläufen in der Umwelt auftreten – und wissenschaftliche Beweise für deren Schädlichkeit ignoriert. Ungerührt erklärte dennoch US-Vizepräsident Mike Pence kürzlich während der Vizepräsidentschaftsdebatte: "…wir setzen uns für die Umwelt ein und folgen den Empfehlungen der Wissenschaft..."
Es fehlt an Fachwissen in der EPA
So seien die US-amerikanischen CO2-Emissionen voriges Jahr um drei Prozent gefallen. Das stimmt, bestätigen die Analysten der Rhodium Group. Der Grund sei jedoch, dass die von Trump so hoch gelobte Kohle durch preiswertere, erneuerbare Energien wie Windkraft ersetzt wurde. Zudem hätten viele hoch geachtete Mitarbeiter der US-Umweltschutzbehörde EPA wegen der Wissenschaftsfeindlichkeit der Trump Regierung ihre Posten verlassen, sagt Thomas McGarity, Professor für Umweltrecht an der Universität von Texas in Austin: "Es fehlt jetzt in der EPA an Fachwissen und Erkenntnissen, die dringend benötigt werden und unersetzlich sind."
Wenn Umweltschützer jedoch gegen die Deregulierungspolitik vor Gericht zogen, mußte die Trump-Regierung ungewöhnlich oft den Kürzeren ziehen. Sie sei nachlässig vorgegangen und habe notwendige Verfahrensabläufe ignoriert, sagt Bill Buzbee. So wurde ihr sogar gerichtlich verboten, große Projekte, wie die umstrittene Keystone XL-Pipeline, zu bauen. Ein Sieg für den Umweltschutz, sagt der Jurist, warnt aber:
"Wenn die Regierungsanwälte die nachlässig formulierten Gerichtsunterlagen noch einmal überarbeiten, können sie sie wieder einreichen und haben dann vielleicht mehr Erfolg" - falls die US-Präsidentschaftswahl zugunsten Donald Trumps ausgeht.
Zukunft des Umweltschutz weltweit hängt vom Wahlergebnis ab
Ganz klar: Der 3. November 2020 entscheidet die Zukunft des Klima- und Umweltschutzes – möglichlicherweise weltweit. Sollte der demokratische Herausforderer Joe Biden gewinnen, könnte er viele der Trump-Beschlüsse wieder rückgängig machen. Sollte aber Donald Trump erneut ins Weiße Haus einziehen, sei die schon vier Jahre währende Vernachlässigung von Klima- und Umweltschutz nicht mehr aufzuholen, warnen Experten wie Andrew Revkin.
"Alle Umweltschutzgruppen tun zur Zeit nichts anderes, als daran zu arbeiten, dass Joe Biden die Wahl gewinnt. Erst dann können sie versuchen, zu der Dynamik zurückzukehren, die wir in den letzten vier Jahren verloren haben."