Im vergangenen Jahr registrierte das Robert-Koch-Institut mehr als 3200 Hitzetote in Deutschland. Die Schäden der jüngsten Flutkatastrophen im Saarland, Baden-Württemberg und Bayern gehen in die Milliarden. Mit dem Anfang Juli in Kraft getretenen Klimaanpassungsgesetz will die Bundesregierung den Schutz vor diesen Auswirkungen der Klimaerwärmung verbessern. Das sei „das Gebot der Stunde“ betont Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).
Ziel des Gesetzes ist es, die Vorsorge vor Extremwetterereignissen in Deutschland flächendeckend zu verbessern. Dazu wird die Anpassung an die Folgen der weltweiten Klimaerwärmung erstmals als staatliche Aufgabe im Bundesrecht verankert. Konkret verpflichtet das Gesetz den Bund, die Länder und die einzelnen Kommunen eine Strategie zu entwickeln, wie sie vor Ort die Folgen von extremer Hitze, Starkregen, Überschwemmungen oder Ähnlichem mildern können.
Der Bund möchte mit seiner Klimaanpassungsstrategie vorangehen. Noch in diesem Jahr soll sie präsentiert werden und messbare Ziele vorgeben. Die Länder sollen ihre jeweils eigenen, auf die Bedürfnisse der Region zugeschnittenen Strategien bis Ende Januar 2027 erarbeiten. Außerdem müssen sie dem Bund melden, in welchen Kommunen bereits Anpassungskonzepte vorliegen und in welchen nicht.
Sollten Behörden und andere Träger öffentlicher Aufgaben künftig Bauprojekte planen, müssen sie die Klimaanpassung berücksichtigen. Das bedeutet in der Praxis, dass beispielsweise davon gefährdete Straßen besser gegen Hangrutsche und Unterspülungen gesichert werden, Flächen entsiegelt werden oder Behördengebäude eine Dachbegrünung bekommen.
Das Gesetz ist lediglich ein grober Rahmen, der die Verwaltungen der verschiedenen Ebenen zur Mitarbeit verpflichtet. Es holt auf Bundesebene nach, was an einzelnen Stellen ohnehin schon in die Wege geleitet wurde. So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalen bereits 2021 als erstes Bundesland ein Klimaanpassungsgesetz verabschiedet und arbeitet an einer zugehörigen Strategie.
Entsprechende Kritik kommt von Seiten der Opposition. Das Gesetz sei „eine leere Hülle, die außer Bürokratie nichts bringt“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber der "Rheinischen Post". Vielmehr brauche es konkrete Maßnahmen für den Hitze- und Hochwasserschutz.
Zweiter wichtiger Kritikpunkt ist die unklare Finanzierung. Jede Fläche, auf die im Ernstfall Hochwasser abgeleitet werden kann kostet Geld, ebenso wie der Bau von kleinen Parks als Oasen in hitzegeplagten Großstädten. Das Gesetz klärt nicht, woher die Finanzmittel dafür kommen sollen, dafür sind Verhandlungen mit Ländern und Kommunen notwendig. Der Städte- und Gemeindebund rechnet mit Ausgaben von mindestens acht Milliarden Euro pro Jahr.
Der Bund verweist auf Fördermittel in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, die er bis 2027 zu diesem Zweck zur Verfügung stellt. Außerdem werde diskutiert, „die Beteiligung des Bundes an dieser langfristigen Aufgabe durch die Schaffung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz“ abzusichern.
Mehr Grün und weniger versiegelte Flächen - die Ziele der Klimaanpassung in Großstädten stehen im Widerspruch zu einem anderen großen gesellschaftlichen Problem: dem Wohnungsmangel. Überall werden deshalb Baulücken geschlossen, Stadtviertel weiter verdichtet.
Einen Ausgleich zwischen diesen beiden Polen zu finden, sei mitunter „schwierig“, meint Sabine Pakulat, die für die Grünen im Kölner Stadtrat sitzt. Wegen der Lage und dem Zuschnitt mancher Grundstücke sei das theoretische Rechenmodelle zum Verhältnis zwischen Grünflächen und Bebauung nicht immer anwendbar.
„Konkrete Maßnahmen zur Klimaanpassung sind auch nicht so schnell umsetzbar“, gibt Anja Bierwirth zu bedenken. Die Leiterin des Forschungsbereichs Stadtwandel beim Wuppertal Institut begrüßte deshalb schon im vergangenen Jahr die Zielrichtung des Klimaanpassungsgesetzes. „Beschleunigung ist möglich, dass in den Fällen wo irgendwie Stadtraum angefasst wird auch die Klimaanpassung mitgedacht wird.“ Dafür sei es wichtig ein kleinteiliges Konzept zu haben.
jk