Während auf dem Weltklimagipfel in Glasgow um globale Lösungen im Kampf gegen die Erderwärmung gerungen wird, hat der Forschungsverbund Global Carbon Project in seinem Klimaschutzbericht am Donnerstag (04.11.2021) beunruhigende Zahlen vorgelegt: Nachdem der globale Ausstoß von Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas im Vorjahr infolge der Pandemie gesunken war, prognostizieren die Forscherinnen und Forscher für dieses Jahr einen Anstieg um 4,9 Prozent. Die weltweiten CO2-Emissionen würden damit wieder annähernd das Niveau von 2019 erreichen.
Der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem Treibhausgas geht damit weiter nach oben. Ein weiterer Anstieg der Emissionen sei auch für 2022 nicht auszuschließen, so der Bericht. Was muss passieren, um das anvisierte Ziel aus dem Pariser Abkommen von 2015 noch zu erreichen: eine Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als zwei Grad, idealerweise 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter?
Aktuelle CO2-Bilanz - die größten Verursacher und Treiber
China, seit Jahren der mit Abstand größte Verursacher von Treibhausgasen - war nach den Berechnungen des Global Carbon Project im Jahr 2020 für 31 Prozent der fossilen Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Chinas Anteil am weltweiten Treibhausgasausstoß stieg nochmals deutlich, weil die Emissionen beim zweit- und beim drittgrößten Verursacher, den USA und der EU, wegen der coronabedingten Einschränkungen deutlich zurückgingen: in den USA um 10,6 und in der EU sogar um 10,9 Prozent.
Das Global Carbon Project berücksichtigte in seinen Berechnungen vorläufige Daten bis Ende Oktober. Auf der Basis rechnet der Forschungsverbund für das Jahr 2021 damit, dass die fossilen Emissionen in China und Indien, dem viertgrößten Verursacher, weiter steigen - und höher sein werden als 2019, dem Jahr vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. In China dürften es plus 5,5 Prozent gegenüber 2019 sein, in Indien plus 4,4 Prozent, so die Schätzungen. Auch für die USA und die EU wird ein Anstieg gegenüber 2020 erwartet. Allerdings lägen die Emissionen immer noch unter dem Vorkrisenniveau, in der EU 4,2 Prozent, in den USA 3,7 Prozent niedriger als 2019. Der seit 15 Jahren andauernde Rückgang des CO2-Ausstoßes setzt sich damit jeweils fort, während in China und Indien Jahr für Jahr mehr Treibhausgas in die Luft gepustet wird.
Verantwortlich für den starken Anstieg der CO2-Emissionen in China seien die Energiebranche und die Industrie, teilte das Global Carbon Project mit. Die Konjunkturhilfen des KP-Regimes konzentrierten sich während der Pandemie auf den Bausektor, die Stahl- und Zementindustrie - und damit auf Sektoren, die besonders viel Kohle verbrauchen. Entsprechend stieg auch der CO2-Ausstoß. Auch in Indien werde der wachsende Energiebedarf weiter durch fossile Energie gedeckt.
Der Energiesektor ist auch weltweit nach wie vor mit Abstand der größte Produzent von Treibhausgas. Allein bei der Erzeugung von Wärme und Elektrizität fallen mehr als 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen weltweit an, gefolgt vom Transportsektor (25 Prozent).
Neben der besonders klimaschädlichen Kohle stieg auch der weltweite Verbrauch von fossilem Erdgas, die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Erdgas werden in diesem Jahr voraussichtlich höher sein als im 2019.
Welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie auf den Treibhausgas-Ausstoß?
Der Stillstand vieler Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens führte im Corona-Pandemie-Jahr 2020 auch zu einem erwartbaren Rückgang der weltweiten Treibhausgasemissionen. Der globale Ausstoß von Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas sank um 5,4 bis 5,6 Prozent.
Ebenso erwartbar war es aber auch, dass das Pendel nach der Öffnung der Weltwirtschaft zurückschlägt. Wie schnell die Treibhausgasmissionen allerdings wieder gestiegen sind, davon zeigten sich auch Experten wie Glen Peters, Mitglied im Global Carbon Project, überrascht. Schließlich gebe es weiterhin Reisebeschränkungen, auch der Verkehrssektor habe sich noch nicht vollständig erholt, sagte Peters. "Viele dachten 2020: Wenn überhaupt, dann wird die Rückkehr zu früheren CO2-Zuwachsraten mehrere Jahre dauern."
Dass der weltweite CO2-Ausstoß schon jetzt wieder annähernd die Werte von 2019 erreicht hat, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sich Chinas Wirtschaft schneller als der Rest der Welt von den Folgen der Pandemie erholte. China verzeichnete 2020 als einzige große Volkswirtschaft ein positives Wirtschaftswachstum.
Sollten sich der aktuelle weltweite Trend bei den Treibhausgasemissionen fortsetzen und auch der Straßen- und Flugverkehr zum Vorkrisenniveau zurückkehren, könnte es ungeachtet aller Klimaschutzversprechen im Jahr 2022 sogar einen neuen Höchstwert geben, warnt das Global Carbon Project.
Um das Ziel von netto null Kohlendioxidemissionen bis 2050 zu erreichen, müsste der gesamte CO2-Ausstoß jedes Jahr um 1,4 Milliarden Tonnen sinken. Im Corona-Jahr waren es minus 1,9 Milliarden Tonnen. Von der Erreichung dieses Ziels sei die Welt aber weit entfernt, so der Bericht: Um den Anstieg der globalen Mitteltemperatur wie angestrebt auf 1,5 Grad über vorindustriellem Niveau zu begrenzen, mit einer 50-prozentigen Erfolgswahrscheinlichkeit, dürften insgesamt künftig nur noch 420 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Legt man den Emissionslevel von 2021 zugrunde, wäre dieses CO2-Budget bereits in elf Jahren aufgebraucht.
Bei den Prognosen zum verbleibenden Klimabudget bleibt ein Unsicherheitsfaktor, weil neben der künftigen Entwicklung der CO2-Emissionen auch die Aufnahmefähigkeit der sogenannten natürlichen Senken zu berücksichtigen sind: Ozeane und Landpflanzen, vor allem Wälder. Sie schlucken gemeinsam rund die Hälfte der jährlichen weltweiten CO2-Emissionen. Doch nach den Berechnungen des Global Carbon Project nimmt die Aufnahmefähigkeit der natürlichen CO2-Schlucker ab: "Die Senken reagieren bereits auf die globale Erwärmung", sagte Forscherin Corinne Le Queré. Die Aufnahmefähigkeit der Landpflanzen sei bereits um 15 Prozent gesunken.
Die Rolle der Meere beim Treibhausgas
Meereschemiker Gregor Rehder im Dlf-Interview
Meereschemiker Gregor Rehder im Dlf-Interview
Der Ozean sei in der Lage, 25 Prozent des menschgemachten CO2-Ausstoßes aufzunehmen, sagte Meereschemiker Gregor Rehder im Dlf. Gegenstand von Modellrechnungen sei deshalb auch die Frage, ob man die Aufnahmefähigkeit beschleunigen und den marinen Bereich dazu anregen könne, künftig mehr CO2 aufzunehmen.
Das Global Carbon Project sieht im aktuellen Bericht Signale dafür, dass der Einbruch der Wirtschaft durch die Corona-Pandemie den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigt zu haben. Die bisherigen Investitionen in grüne Wirtschaft in den Konjunkturprogrammen einiger Länder reichten nicht aus, um die Trendwende beim CO2-Ausstoß zu schaffen.
Quellen: Volker Mrasek, AFP, dpa
Quellen: Volker Mrasek, AFP, dpa