Sollte der Mensch den Ausstoß von Treibhausgasen auch weiterhin nicht in den Griff kriegen, dann kommt die Zwei-Grad-Welt vermutlich früher, als sich das viele vorstellen.
Das ist eines der Ergebnisse aus dem europäischen Forschungsprojekt "Impact2C". Es läuft zwar noch bis Herbst. Einen ersten Einblick in die Resultate gab es aber schon jetzt in Kopenhagen. Zunächst von Stefan Sobolowski, Atmosphärenforscher und Experte für Klimamodellierung an der Universität Bergen in Norwegen:
"In den Simulationen der gängigsten Klimamodelle wird die Zwei-Grad-Schwelle im Schnitt im Jahr 2050 erreicht - aber nur, wenn die Emissionen jetzt bald zurückgehen. Geschieht das nicht, landen wir schon 2040 an diesem Punkt. In einigen Klimamodellen sehen wir die zwei Grad sogar schon 2030."
Negativer Vorreiter Europa
Wohlgemerkt: Beim Zwei-Grad-Ziel der internationalen Klimapolitik handelt es sich um einen Temperatur-Mittelwert für den gesamten
Globus. Die Erde erwärmt sich aber regional unterschiedlich - teils langsamer, teils schneller. Und das war die große Frage: Wie sieht die Entwicklung in Europa aus?
Globus. Die Erde erwärmt sich aber regional unterschiedlich - teils langsamer, teils schneller. Und das war die große Frage: Wie sieht die Entwicklung in Europa aus?
"Europa ist der Entwicklung größtenteils voraus. Vor allem der Norden erwärmt sich viel rascher als der Rest der Welt. In Nord-Finnland zum Beispiel wird sich die Tiefsttemperatur im Winter um rund sechs Grad Celsius erhöhen."
Das liegt vor allem daran, dass die Eis-und Schneebedeckung in hohen nördlichen Breiten abnimmt. Die Erdoberfläche reflektiert dann nicht mehr so viel Sonnenlicht. Der Boden, der zum Vorschein kommt, heizt sich auf.
Diese Entwicklung bietet sogar Vorteile. So ist zu erwarten, dass Schäden an Straßen und Gebäuden im Norden Europas abnehmen, da es nicht mehr so viele Tage mit Temperaturen um den Gefrierpunkt gibt, an denen es 'mal friert und 'mal taut.
Anders sieht es im Sommer aus. Da wird es Südeuropa sein, das sich schneller erwärmt. Bei drei Grad plus sehen die Klimamodelle den Mittelmeer-Raum in einer Zwei Grad-Welt. Zugleich könnten die Niederschlagsmengen um ein Fünftel zurückgehen.
"Die Hitze-Zunahme im Mittelmeerraum - das ist die problematischste Sache für Europa. Wasser-Ressourcen und Landwirtschaft werden stark darunter leiden."
Künftig mehr Wetterextreme
In einer Zwei-Grad-Welt werden auch Wetterextreme in Europa stark zugenommen haben. Hitzewellen in Spanien, Frankreich und auf dem Balkan könnten dann um bis vier Grad heißer ausfallen als heute, und Starkniederschläge in den meisten Teilen Europas um bis zu 15 Prozent intensiver werden.
Dadurch erhöht sich auch das Risiko für Überschwemmungen, wie die Hydrologin Chantal Donnelly vom Schwedischen Wetterdienst auf der Kopenhagener Tagung schilderte:
"Ob man sich Überschwemmungen anschaut, wie sie laut Statistik alle zehn Jahre vorkommen, oder extreme Fälle, wie es sie nur alle hundert Jahre gibt - die Ergebnisse sind die gleichen: In einer Zwei-Grad-Welt sehen wir eine Zunahme solcher Ereignisse in ganz Europa. Unsere Modelle zeigen das zum Beispiel auch für Deutschland."
Auswirkungen auf den Tourismus der Zukunft
Auch am Tourismus geht die Entwicklung nicht spurlos vorbei. Wenn es am Mittelmeer drei Grad wärmer sein wird und sich Hitzewellen mit Temperaturen jenseits von 40 Grad Celsius im Sommer häufen - dann werden die Zahlen der Strandurlauber sicher zurückgehen. Und im Winter werden viele Skigebiete riesige Probleme bekommen, wenn der Schnee häufiger ausbleibt oder als Regen fällt, weil es zu warm ist - vor allem solche in den Südalpen und in tieferen Höhenlagen um die tausend Meter.
Daher auch das Fazit von Stefan Sobolowski und seiner Kollegen im Impact2c-Projekt: Selbst eine globale Erwärmung von zwei Grad Celsius wäre für Europa schon kritisch:
"Es hieß immer: 'Überschreitet nicht die Zwei-Grad-Schwelle!' Sonst geschehen schlimme Dinge!'. Aber selbst wenn wir es schafften, die globale Erwärmung in diesen Grenzen zu halten - in Teilen Europas käme es trotzdem zu dramatischen Veränderungen."