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Klimaerwärmung
"Fruchtfolge breiter aufstellen, um gewisse Risikostreuung zu haben"

Wie das Wetter über das Jahr ausfällt, kann der Landwirt bei der Aussaat kaum voraussagen. Um das Risiko von Ernteausfällen zu streuen, sollten Agrarbetriebe deshalb dürre- und auch nässetolerante Feldfrüchte anbauen, sagte Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im Dlf.

Frank Ewert im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Hirseanbau in Hessen.
    Hirsepflanzen kommen mit Wassermangel besser zurecht als Weizen, aber mit Kälte weniger gut. (dpa / Frank Rumpenhorst)
    Stefan Römermann: Es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer, das sagt zumindest der Wetterbericht für morgen. Da heißt es, ich zitiere: "Mitunter ist es auch mal stärker bewölkt, und hier und da kommt es zu Schauern und Gewittern." Naja, immerhin. Viel Abkühlung wird das auch nicht mehr bringen, und auch für die von Dürre geplagten Bauern in Deutschland wird das Ganze wohl nicht viel mehr sein als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
    Wie die Bauern sich auf solche Extremwetterperioden besser einstellen können, darüber spreche ich jetzt mit Frank Ewert. Er leitet das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg. Herr Ewert, ist die Ernte für dieses Jahr denn eigentlich überhaupt noch zu retten, oder würden tatsächlich ein paar kräftige Regenschauer jetzt noch was bringen?
    Frank Ewert: Einen schönen guten Tag, Herr Römermann. In diesem Jahr haben wir tatsächlich eine dramatische Situation, was das Wetter anbetrifft. Allerdings sehen wir auch, dass Regionen in Deutschland unterschiedlich betroffen sind und auch Landwirte unterschiedlich damit umgehen. Ein Regenschauer oder Regenschauer, kleine Regenschauer zum jetzigen Zeitpunkt werden bei einigen Fruchtarten nicht mehr viel ausrichten können. Die sind relativ weit fortgeschritten in ihrer Entwicklung, und Regen wird da nicht mehr viel ändern. Bei anderen Fruchtarten dürfte durchaus Regen noch Vorteile bringen.
    Römermann: Da kann man noch ein bisschen was retten?
    Ewert: Da kann man noch was retten, genau.
    Römermann: Welche sind besonders stark betroffen und quasi verloren?
    Ewert: Besonders stark betroffen sind die Getreide, die jetzt ja auch schon geerntet werden. Die sind abgereift, da hilft also Regen nicht mehr viel. Da hat vor allem die Trockenheit in der vergangenen Wochen und Monaten die negativen Auswirkungen bereits gehabt. Beim Mais könnte hier und da ein Regenschauer noch was bringen. Und bei den Fruchtarten, die dann später im Jahr geerntet werden, beispielsweise die Rüben, da wäre Regen jetzt auch noch hilfreich.
    "Die Fruchtfolge breiter aufzustellen, um eine gewisse Risikostreuung zu haben"
    Römermann: Viele Klimaexperten sagen, solche Extremwetterlagen werden häufiger. Inwieweit sind denn die Bauern in Deutschland darauf vorbereitet?
    Ewert: Genau, das sind die Ergebnisse, die uns die Klimaforscher mitteilen, dass die Extremwetterlagen zunehmen, und in dem Sinne können wir auch künftig mehr von solchen Extremsituationen in der Landwirtschaft erwarten. Diese Problematik wird natürlich verstärkt diskutiert, wenn wir damit konfrontiert sind. Wenn dann die Welle vorbei ist, dann lässt in der Regel die Diskussion darüber auch wieder etwas nach. Ich denke, wir sollten in diesem Jahr die Situation nutzen, um wirklich nachhaltig das Problem zu diskutieren. Landwirte haben verschiedene Möglichkeiten, sich anzupassen, einerseits über eine Diversifizierung ihres Fruchtartenspektrums -
    Römermann: Was heißt das konkret?
    Ewert: Das heißt ganz einfach, die Fruchtfolge breiter aufzustellen, um eine gewisse Risikostreuung zu haben, denn nicht jede Fruchtart ist in gleicher Weise betroffen. Extremwetterlagen fallen auch immer unterschiedlich aus. Wir können Frühjahrstrockenheiten haben, Sommertrockenheiten, wir können zu feuchte Jahre haben. Es ist sehr variabel zwischen den Jahren, und eine Streuung ihres Fruchtartenspektrums bedeutet, dass sie doch eine größere Chance haben, dass zumindest einige Fruchtarten mit den jeweiligen Witterungsbedingungen zurechtkommen als andere.
    Römermann: Also sollen die Landwirte nicht nur sich auf ich sag jetzt mal Gerste und Mais konzentrieren, sondern die Felder kleinteiliger aufbauen und mehr unterschiedliche Dinge gleichzeitig, damit wenigstens etwas durchkommt?
    Ewert: Sie können sich vorstellen, dass, wenn ein Betrieb zwei, drei Fruchtarten anbaut und die betroffen sind, dann hat er natürlich schlechte Karten. Wenn er sieben, acht Fruchtarten anbaut, dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass nicht alle Fruchtarten in gleicher Weise betroffen wären. Die Kleinteiligkeit der Felder ist eine andere Thematik.
    Da kommen wir dann in den Landschaftskontext, inwiefern Landschaften so entwickelt werden, dass sie auch mikroklimatische Situationen kreieren, die auch eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Witterungslagen darstellen. Das ist eine Thematik, die wir bei uns am Forschungszentrum speziell uns ansehen, und auf dieser Ebene gibt es auch Möglichkeiten der Anpassungsfähigkeit gegenüber solchen Extremsituationen.
    "Mit einer Intensivierung der Landwirtschaft, handeln wir uns auch andere Probleme ein"
    Römermann: Also sind diese großen Felder, die man vor allem aus Ostdeutschland kennt, sind die tatsächlich dann ein Irrweg in der Hinsicht?
    Ewert: Die großen Felder waren das Ergebnis einer Intensivierung in der Landwirtschaft, die zum Ziel hatte, primär Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Das war ein wichtiges Thema, und die Landwirtschaft war in diesem Zusammenhang auch erfolgreich. Zudem haben da ökonomische Aspekte eine Rolle gespielt.
    Wir sehen aber, dass mit einer Intensivierung der Landwirtschaft, so, wie wir sie bisher betrieben haben, wir uns auch andere Probleme einhandeln, beispielsweise einen Rückgang der Biodiversität oder halt eine geringere Anpassungsfähigkeit gegenüber ungünstigen Witterungsbedingungen. Insofern sollte man darüber nachdenken.
    Römermann: Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu neuen Gentechnikverfahren war auch immer wieder davon zu hören, dass mit neuer Gentechnik eben auch widerstandsfähigere Pflanzensorten gezüchtet werden können, die auch vielleicht an den Klimawandel angepasst sind. Wären solche widerstandsfähige ich sag mal Superpflanzen nicht auch eine Lösung?
    Ewert: Ich bin vorsichtig, wenn es um Superpflanzen geht. Es gibt ganz einfach physiologische Grenzen bei Pflanzen gegenüber Hitzestress, gegenüber Trockenstress, die nicht so einfach zu knacken sind, um es mal salopp zu sagen. Die Gentechnik hat sicher die Möglichkeit, den Züchtungsfortschritt, den wir auch in der Vergangenheit schon gesehen haben, zu beschleunigen. Aber wie gesagt, wir haben auch in der Vergangenheit erfolgreiche Sorten auf dem Markt sehen können, die an die jeweiligen Umweltbedingungen gut angepasst waren.
    Römermann: Ich glaube, an der Stelle müssen wir dann leider aufhören. Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg. Ich sagen vielen Dank für das Gespräch!
    Ewert: Danke sehr!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.