Aus dem All betrachtet ist das Meereis in der Arktis aktuell nur noch eine Zipfelmütze über Nordgrönland und -Kanada - zusammengeschrumpft auf eine Fläche von nur noch rund 3,4 Millionen Quadratkilometern. Ein neuer Minusrekord seit Beginn der Satellitenbeobachtungen in den frühen 70er-Jahren. Seither hat sich die Meereisfläche im Sommer mehr als halbiert. Besonders stark war der Rückgang in den letzten zehn Jahren.
Was passiert, wenn sich dieser beschleunigte Trend fortsetzt? Dazu auf der Pressekonferenz heute Mittag Georg Heygster aus dem Institut für Umweltphysik der Universität Bremen:
"Das ist minus 2,7 Millionen Quadratkilometer pro zehn Jahre. Bei den jetzt verbliebenen 3,4 Millionen Quadratkilometern würde das bei linearer Fortsetzung bedeuten, dass in zehn bis 15 Jahren die Arktis im Sommer eisfrei wäre."
Eine Entwicklung, die so schnell verläuft, dass selbst Klimaforscher überrascht sind.
Das Packeis am Ende der Schmelzsaison im September ist auch längst nicht mehr so mächtig wie noch vor einigen Jahrzehnten. Nach Abschätzungen der Klimaforscher hat sich seine Dicke mehr als halbiert - von durchschnittlich zweieinhalb auf nur noch einen Meter. Das bestätigen auch aktuelle Messungen des deutschen Forschungsschiffes Polarstern im zentralen Arktischen Ozean. Immer weniger Meereis überdauert den Sommer.
"Es geht hier wirklich an die Substanz des mehrjährigen, alten Eises", "
so die Einschätzung von Lars Kaleschke, dem Leiter der Arbeitsgruppe für Meereis-Fernerkundung an der Universität Hamburg. Der Physiker präsentierte heute taufrische Satellitenbilder von der Nordpolregion und darauf
"ein Loch, eine offene Wasserfläche. Die befindet sich bei 86 Grad Nord, fast bei 87 Grad Nord. Das ist auch etwas, was sehr ungewöhnlich ist in diesem Jahr."
Die Arktis ist eine Region, in der sogenannte Rückkopplungsprozesse im Klimasystem die Temperaturen zusätzlich steigen lassen. Auch das hat mit dem Rückgang der Meereis-Bedeckung zu tun, wie Peter Lemke heute erläuterte, der Leiter des Fachbereichs Klimawissenschaften am Alfred-Wegener-Institut für Meeres- und Polarforschung in Bremerhaven:
" "Also, das Meereis ist eine Decke. Es hat bestimmte physikalische Eigenschaften. Im Wesentlichen: eine helle Fläche, die Sonnenstrahlung reflektiert zum großen Teil. Der Ozean daneben ist dunkel, absorbiert sehr stark. Und wenn das Eis sich zurückzieht, dann wird der Ozean überproportional wärmer."
Der aktuelle Erwärmungstrend in der Arktis sei doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt, so der Bremerhavener Physiker:
"Die Frage ist jetzt: Ist das für uns wichtig? Es ist ja weit weg, einige Tausend Kilometer. Und dann sieht man schon, dass nach zwei Tagen arktische Kaltluftmassen bis nach Spanien kommen. Und dass innerhalb von zehn Tagen fast die ganze Nordhemisphäre beeinflusst ist. Also, physikalisch ist uns die Arktis ganz nah. Sie ist geografisch schon fern, aber physikalisch sehr nahe: Innerhalb von zwei Tagen können wir Kaltluftmassen im Herbst bei uns haben."
Doch was bedeutet das Schrumpfen der Packeisfläche im hohen Norden konkret für Wetter und Klima? Und vor allem - für das in Mitteleuropa?
Um das herauszufinden, haben Klimaforscher sich die 90er-Jahre noch einmal näher angeschaut, als das arktische Meereis im Sommer noch nicht so stark zurückging. Diese Episode verglichen sie dann mit dem letzten Jahrzehnt, als sich das Schmelzen stark beschleunigte. Rüdiger Gerdes, Leiter der Sektion Meereisphysik am Alfred-Wegener-Institut:
"Also, wenn wir jetzt die atmosphärischen Verhältnisse vergleichen in den 2000er-Jahren mit denen in den 1990er-Jahren, dann finden wir eine Verringerung der Luftdruck-Gegensätze zwischen den polaren Breiten und den Subtropen."
Die Arktis erwärmt sich, also steigt auch der Luftdruck in Bodennähe ...
"Damit verbunden unmittelbar ist eine Abschwächung der Westwinde, der vorherrschenden Westwinde, die wir zum Beispiel in unseren Breiten haben."
Und das wiederum bedeutet, dass Winter in Mitteleuropa strenger werden könnten. Denn wenn sich die Westwinde abschwächen, gelangt weniger milde Meeresluft vom Atlantik zu uns, und arktische Kaltluft-Einbrüche könnten zunehmen. Was paradox klingt, ist für die Experten durchaus plausibel: Eine besonders starke Klimaerwärmung in der Arktis beschert uns womöglich kältere Winter.
Warum die Arktis überhaupt so stark ins Schwitzen kommt, ist für die Klimaforscher offenbar keine Frage mehr. In ihren Augen sind es die hohen Treibhausgas-Emissionen und damit am Ende der Mensch. Der Meereis-Spezialist Dirk Notz vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie:
"Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Anstieg der CO2-Konzentration die plausibelste Ursache für den derzeit beobachteten Rückgang des arktischen Meereises. Und er wird sich bei anhaltend hohem CO2-Ausstoß immer weiter fortsetzen."
Was passiert, wenn sich dieser beschleunigte Trend fortsetzt? Dazu auf der Pressekonferenz heute Mittag Georg Heygster aus dem Institut für Umweltphysik der Universität Bremen:
"Das ist minus 2,7 Millionen Quadratkilometer pro zehn Jahre. Bei den jetzt verbliebenen 3,4 Millionen Quadratkilometern würde das bei linearer Fortsetzung bedeuten, dass in zehn bis 15 Jahren die Arktis im Sommer eisfrei wäre."
Eine Entwicklung, die so schnell verläuft, dass selbst Klimaforscher überrascht sind.
Das Packeis am Ende der Schmelzsaison im September ist auch längst nicht mehr so mächtig wie noch vor einigen Jahrzehnten. Nach Abschätzungen der Klimaforscher hat sich seine Dicke mehr als halbiert - von durchschnittlich zweieinhalb auf nur noch einen Meter. Das bestätigen auch aktuelle Messungen des deutschen Forschungsschiffes Polarstern im zentralen Arktischen Ozean. Immer weniger Meereis überdauert den Sommer.
"Es geht hier wirklich an die Substanz des mehrjährigen, alten Eises", "
so die Einschätzung von Lars Kaleschke, dem Leiter der Arbeitsgruppe für Meereis-Fernerkundung an der Universität Hamburg. Der Physiker präsentierte heute taufrische Satellitenbilder von der Nordpolregion und darauf
"ein Loch, eine offene Wasserfläche. Die befindet sich bei 86 Grad Nord, fast bei 87 Grad Nord. Das ist auch etwas, was sehr ungewöhnlich ist in diesem Jahr."
Die Arktis ist eine Region, in der sogenannte Rückkopplungsprozesse im Klimasystem die Temperaturen zusätzlich steigen lassen. Auch das hat mit dem Rückgang der Meereis-Bedeckung zu tun, wie Peter Lemke heute erläuterte, der Leiter des Fachbereichs Klimawissenschaften am Alfred-Wegener-Institut für Meeres- und Polarforschung in Bremerhaven:
" "Also, das Meereis ist eine Decke. Es hat bestimmte physikalische Eigenschaften. Im Wesentlichen: eine helle Fläche, die Sonnenstrahlung reflektiert zum großen Teil. Der Ozean daneben ist dunkel, absorbiert sehr stark. Und wenn das Eis sich zurückzieht, dann wird der Ozean überproportional wärmer."
Der aktuelle Erwärmungstrend in der Arktis sei doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt, so der Bremerhavener Physiker:
"Die Frage ist jetzt: Ist das für uns wichtig? Es ist ja weit weg, einige Tausend Kilometer. Und dann sieht man schon, dass nach zwei Tagen arktische Kaltluftmassen bis nach Spanien kommen. Und dass innerhalb von zehn Tagen fast die ganze Nordhemisphäre beeinflusst ist. Also, physikalisch ist uns die Arktis ganz nah. Sie ist geografisch schon fern, aber physikalisch sehr nahe: Innerhalb von zwei Tagen können wir Kaltluftmassen im Herbst bei uns haben."
Doch was bedeutet das Schrumpfen der Packeisfläche im hohen Norden konkret für Wetter und Klima? Und vor allem - für das in Mitteleuropa?
Um das herauszufinden, haben Klimaforscher sich die 90er-Jahre noch einmal näher angeschaut, als das arktische Meereis im Sommer noch nicht so stark zurückging. Diese Episode verglichen sie dann mit dem letzten Jahrzehnt, als sich das Schmelzen stark beschleunigte. Rüdiger Gerdes, Leiter der Sektion Meereisphysik am Alfred-Wegener-Institut:
"Also, wenn wir jetzt die atmosphärischen Verhältnisse vergleichen in den 2000er-Jahren mit denen in den 1990er-Jahren, dann finden wir eine Verringerung der Luftdruck-Gegensätze zwischen den polaren Breiten und den Subtropen."
Die Arktis erwärmt sich, also steigt auch der Luftdruck in Bodennähe ...
"Damit verbunden unmittelbar ist eine Abschwächung der Westwinde, der vorherrschenden Westwinde, die wir zum Beispiel in unseren Breiten haben."
Und das wiederum bedeutet, dass Winter in Mitteleuropa strenger werden könnten. Denn wenn sich die Westwinde abschwächen, gelangt weniger milde Meeresluft vom Atlantik zu uns, und arktische Kaltluft-Einbrüche könnten zunehmen. Was paradox klingt, ist für die Experten durchaus plausibel: Eine besonders starke Klimaerwärmung in der Arktis beschert uns womöglich kältere Winter.
Warum die Arktis überhaupt so stark ins Schwitzen kommt, ist für die Klimaforscher offenbar keine Frage mehr. In ihren Augen sind es die hohen Treibhausgas-Emissionen und damit am Ende der Mensch. Der Meereis-Spezialist Dirk Notz vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie:
"Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Anstieg der CO2-Konzentration die plausibelste Ursache für den derzeit beobachteten Rückgang des arktischen Meereises. Und er wird sich bei anhaltend hohem CO2-Ausstoß immer weiter fortsetzen."