Und so sieht die Lösung des Klimarätsels nach den Ergebnissen der neuen Studie aus: Im tropischen Pazifik sind die Passatwinde in den letzten zwei Jahrzehnten viel intensiver geworden. Dadurch durchmischt sich auch der Ozean stärker, und es wird mehr warmes Oberflächenwasser in die Tiefe verfrachtet. Das geschieht im Westpazifik, in einem Seegebiet vor Australien und Indonesien:
"Das ist ein wirklich wichtiges Ergebnis unserer Studie. Der Pazifik hat sich dort in den letzten beiden Jahrzehnten um drei Grad Celsius erwärmt. In einer Wassertiefe von rund 100 bis 200 Metern. Das ist eine massive Erwärmung des Ozeans."
Matthew England ist Ozeanograf und Ko-Direktor des Klimaforschungszentrums an der Universität von New South Wales in Australien. Der Meeresphysiker initiierte die neue Studie. Zusammen mit seinen Kollegen analysierte er dafür eine Fülle von Messdaten aus den letzten 20 Jahren - von Schiffen und Meeresbojen, von Bodenstationen und Satelliten. Die Stärke der Passatwinde leiteten die Forscher überwiegend aus Luftdruckmessungen ab.
Der Pazifik ist der weltgrößte Ozean und ein wichtiges Rad im globalen Klimagetriebe. Wenn dort Wärme in der Tiefe verschwindet und das Meer an seiner Oberfläche abkühlt, hat das weitreichende Folgen – auch in der Atmosphäre. Die Forscher simulierten das in einem globalen Klimamodell, das sie mit ihren Wind- und Wärmedaten fütterten.
"Der Ozean allein sorgt durch die verstärkte Wärmeaufnahme dafür, dass die bodennahe Luft weltweit um ein Zehntel Grad Celsius abkühlt. Durch Rückwirkungen in der Atmosphäre wird die Abkühlung im Computermodell sogar noch größer. Das bedeutet: Man kann die Erwärmungspause weitgehend mit der verstärkten Wind- und Meereszirkulation im Pazifik erklären."
Bemerkenswert ist, dass sich der Westpazifik lediglich in 100 bis 200 Metern Tiefe so stark erwärmt. Bisher gingen Klimaforscher nämlich davon aus, dass die Energie bis in die Tiefsee abfließt und dort für lange Zeit gespeichert bleibt. Jetzt müsse man annehmen, dass sie doch ihren Weg zurück in die Atmosphäre finden könne, und das ziemlich rasch, wie Matthew England sagt:
"Unsere Studie lässt vermuten, dass die Wärme zurück an die Oberfläche strömt, wenn die Passatwinde wieder schwächer werden. Sobald die gegenwärtige Erwärmungspause endet, wird es deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem ziemlich raschen Anstieg der globalen Lufttemperatur kommen."
Im Pazifik schwankt das Klima natürlicherweise innerhalb weniger Jahrzehnte. Man spricht auch von einer Oszillation zwischen kälteren und wärmeren Phasen. Gegenwärtig steckt der Zyklus in einer kalten Episode. Wenn diese endet, das vermuten die Forscher, ist es auch mit stagnierenden Temperaturen in der Atmosphäre vorbei.
"Wenn wir ins 20. Jahrhundert zurückblicken, dann sehen wir, dass so eine Phase zwei, drei Jahrzehnte anhält. Und wir würden davon ausgehen, dass die gegenwärtige kalte Episode möglicherweise noch fünf oder sechs Jahre lang dauert. Aber den genauen Zeitpunkt kennen wir nicht!"
Die neue Studie zeigt noch etwas: Heutige Klimamodelle tun sich schwer mit den Veränderungen im Pazifik. Das findet auch Kevin Trenberth bemerkenswert an der Arbeit seiner Kollegen. Der Meteorologe arbeitet am Nationalen Zentrum für Atmosphärenforschung in Boulder in den USA:
"Matthew England hat herausgefunden, dass die Modelle es nicht schaffen, die Veränderungen der letzten 20 Jahre im Pazifik abzubilden. Obwohl es bemerkenswerte Veränderungen sind!"
Darum muss es jetzt gehen: zu klären, welche Ursachen die Intensivierung der Passatwinde eigentlich hat. Und heutige Klimamodelle so zu verbessern, dass sie den Pazifik realistischer darstellen – diesen so wichtigen, aber auch so wechselhaften Ozean.