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Klimagipfel in Marrakesch
Töpfer: "Weiter am Klimaschutzplan arbeiten"

Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer hält den Klimaschutzplan für nicht ausreichend, um die Zusagen aus dem Pariser Abkommen zu erfüllen. Es müsse weiter gearbeitet werden, sagte er im DLF. Gerade im Bereich der Elektromobilität gebe es große Herausforderungen.

Klaus Töpfer im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
    Klaus Töpfer, ehemaliger Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen
    Klaus Töpfer, ehemaliger Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Imago)
    Man könne eine Elektromobilität nur sinnvoll vertreten, wenn der Strom dazu aus erneuerbaren Quellen und CO2-fei gewonnen werden könne, sagte Töpfer. Dies ist aber noch nicht endgültig abgesichert.
    In Marrakesch beginnt heute die Hauptphase der UNO-Klimaschutzkonferenz. An den Beratungen will ab heute auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) teilnehmen. Die Bundesregierung hatte sich am Freitag auf den Klimaschutzplan geeinigt, mit dem der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um bis zu 95 Prozent reduziert werden soll.

    Dirk-Oliver Heckmann: Klaus Töpfer, den ehemaligen Bundesumweltminister und ehemaligen Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, habe ich vor der Sendung sprechen können und ihn habe ich gefragt: Wie groß ist denn die Gefahr, dass die USA wieder aussteigen aus der weltweiten Klimaschutzpolitik?
    Klaus Töpfer: Ich glaube, diese Gefahr ist sehr real. Wenn Sie einmal die Unterstützer Revue passieren lassen, in besonderer Weise der besonders rechts stehenden Tea Party, aber darüber hinaus auch der Republikaner, dann sehen Sie, dass solche Gruppierungen wie die für Öl und Kohle in besonderer Weise herausragenden sogenannten Koch-Brüder, Koch Brothers, eine ganz entscheidende Rolle spielen. Es gibt klare Aussagen darin, dass dort eine Querverbindung ist. Ich sehe das schon als eine höchst reale Gefahr für die Perspektive der Klimapolitik insgesamt und für Paris im Besonderen.
    Heckmann: Das heißt, Sie gehen davon aus, Herr Töpfer, dass die USA am Ende wirklich aussteigen werden?
    Töpfer: Ich weiß nicht, ob sie wirklich aussteigen werden in dem Sinne, dass Sie sagen, das findet alles nicht mehr statt. Aber sie werden die Zusagen und die Erwartungen an Handeln - das ist ja das Wichtige - ganz sicherlich nicht in gleicher Weise in den Vordergrund stellen, wie dies notwendig ist. Dabei muss man natürlich auch die Hoffnung damit verbinden, dass die USA ja genau wie die Bundesrepublik Deutschland auch sehr stark in Staaten mit untergliedert ist. Wenn Sie sehen, was in Kalifornien gegenwärtig bereits an Problemen mit dem Klimawandel verbunden ist, dann wissen Sie auch, dass dort sehr intensiv Klimapolitik unabhängig von dem, der in Washington regiert, betrieben werden wird. Das gilt sicherlich für viele andere Staaten auch, für viele Städte auch. Also wir werden sehr viel stärker in der Zukunft auch eine Klimapolitik von unten her, von den Bürgern, von den Gemeinden, von den Städten und bis hin zu den Bundesländern bei uns und den Staaten in den USA finden.
    "Vermindertes Engagement der USA in der Klimapolitik wird sehr weitreichende Konsequenzen haben"
    Heckmann: Das heißt, Sie gehen davon aus, dass eine Regierung Donald Trump auf die Bremse treten wird beim weltweiten Klimaschutz. Welche Folgen hätte das denn für das Klima weltweit?
    Töpfer: Sie müssen ja wissen, dass die Ratifizierung der Vereinigten Staaten von Amerika nicht durch die Parlamente gegangen ist, sondern durch eine Erklärung und eine Entscheidung des Präsidenten. Dieses vorweggeschickt muss man sehen: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind mit China zusammen die größten Emittenten an CO2, an klimaschädlichen Stoffen. Wenn einer von den beiden ausschert - und die haben ja in den letzten Jahren immer gemeinsam gehandelt, das muss man ja wissen -, dann muss man sehen, welche Konsequenzen das dann etwa auch für China hat. Aber unabhängig davon: Ein Ausscheiden oder ein vermindertes Engagement der Vereinigten Staaten von Amerika in der Klimapolitik wird sehr weitreichende Konsequenzen insgesamt haben, auch für die, die ohnedies klimaskeptisch sind. Das geht ja bis in die EU hinein, bis in die Europäische Union.
    Heckmann: Donald Trump, Sie haben es gerade selber gesagt, Herr Töpfer, steht unter massivem Druck auch der Kohle- und der Erdöl-Lobby in den USA. Auf der anderen Seite zeigt er sich ja als lernfähig oder gibt sich zumindest lernfähig. Die Gesundheitsreform Obamas will er jetzt doch nicht vollständig rückabwickeln, hat er angekündigt. Wenn Sie, Herr Töpfer, die Gelegenheit hätten, auf ihn einzuwirken, wie würden Sie ihn denn überzeugen? Glauben Sie, dass er überzeugbar ist?
    Töpfer: Ach wissen Sie, ich bin hinreichend alt geworden, um auf hypothetische Fragen nicht zu antworten. Ich kann auf Herrn Trump nicht einwirken. Aber wir wissen, dass die wichtigste Einwirkung insgesamt auch global die faktische Entwicklung ist. Wir sehen halt, dass Klimawandel passiert! Wir sehen und wir sind konfrontiert damit, dass das Wetter sich massiv geändert hat, das Wetter, nicht nur das Klima sich geändert hat weltweit, und dass diejenigen immer größere Argumentationsprobleme haben, dies alles fände nicht statt. Und die Argumentation ändert sich auch schon. Man gesteht da auch bei den Skeptikern durchaus ein, dass das Klima sich ändert. Aber man ist der festen Überzeugung dort, dass natürlich das nicht mit menschlichem Tun zusammenhängt, sondern mit natürlichen Abläufen. Alles dies sind Bereiche, die in den Fakten sich als Treiber für eine aktive Umwelt- und Klimapolitik erweisen werden. Das gilt ja nicht nur für Klima, wir haben das an allen Ecken und Kanten gesehen. Erst dort, wo man sieht, dass die Fakten einen überrollen, dann wird erst vernünftig und mit Nachdruck gehandelt. Das ist bitter festzustellen, vor allen Dingen in dem Bereich des Klimas, wo die Besorgnis besteht, dass ein Handeln auch zu spät sein kann, dass dann eine Rückkehr zu einer stabilen Situation nicht oder kaum mehr möglich ist.
    "Ich sehe hohe Herausforderungen im Bereich der Mobilität"
    Heckmann: Jetzt haben wir lange über die USA gesprochen, die Rolle der USA in Zukunft. Schauen wir auf Deutschland. Die Bundesregierung, die hat sich ja nach langem Hin und Her auf einen neuen Klimaschutzplan 2050 verständigt. Allerdings: Die Industrie, die muss zehn Millionen Tonnen CO2 weniger einsparen als zuvor geplant. Es gibt kein Enddatum für die Braunkohle und es gibt auch keinen Mindestpreis für CO2-Zertifikate. Der Bündnis-Grüne Anton Hofreiter, der hat gesagt, die Bundesregierung verabschiede damit einen Klimaschutzplan, der seinen Namen nicht verdient. Hat dieser Plan den Namen verdient aus Ihrer Sicht?
    Töpfer: Dieser Plan ist sicherlich noch nicht in der Lage, das, was man in Paris zugesagt hat, von deutscher Seite her mit den deutschen Beiträgen zu erfüllen. Da muss weiter daran gearbeitet werden, das muss weitergeführt werden. Ich sehe in besonderer Weise hohe Herausforderungen im Bereich der Mobilität. Das ist ja jetzt auch glücklicherweise erkannt. Wir werden sehen, dass wir eine Elektromobilität nur dann sinnvoll vertreten können, wenn wir gleichzeitig den Strom dafür aus erneuerbaren Quellen CO2-frei gewinnen können. Das wird eine entscheidende Frage sein, die ist noch nicht hinreichend abgesichert. Ich glaube, dass wir bis zum Endpunkt der bisherigen Zusagen auch der Bundesregierung bis zum Jahre 2050 aus der Kohle ausgestiegen sind. Aber das können wir nur machen mit einem gesellschaftlichen Konsens. Deswegen ist die Überlegung, hier eine Kommission einzurichten, die daran arbeitet, die sozialen Konsequenzen dieser Veränderung in der Energiepolitik nicht nur zu erläutern und zu analysieren, auch durch ein überzeugendes Handlungsprogramm zu bekämpfen, so entscheidend und so wichtig. Auch das steht ja in dem Klimaplan drin. Also ich glaube schon, man kann mit dem, was jetzt vorgelegt worden ist, sicherlich in Marrakesch noch über die Runden kommen, aber es muss darüber hinaus weiter daran gearbeitet werden, dass wir wirklich auch mit einem Vorteil für die wirtschaftliche Perspektive Deutschlands an diesem Ausstieg aus einer CO2-, aus einer Kohlenstoffwirtschaft weiter vorankommen, als das jetzt vorgesehen ist.
    Heckmann: Der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer von der CDU war das hier im Deutschlandfunk. Herr Töpfer, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
    Töpfer: Danke Ihnen auch herzlich. Alles Gute!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.