Klimakonferenz in Baku
Zahltag für die Industrieländer?

In Baku entscheidet sich, wie und ob der Kampf gegen den Klimawandel vorangetrieben wird. Im Fokus stehen neue Finanzierungsziele, ehrgeizige Emissionskürzungen und Unterstützung für ärmere Länder – sowie der globale Abschied von Kohle, Öl und Gas.

Von Georg Ehring |
    Ein Schornstein im Gegenlicht stößt dunkle Abgase aus.
    Dieses Jahr durfte die Ländergruppe Osteuropa das Ausrichtungslandwählen. Man entschied sich für die aserbaidschanische Hauptstadt Baku als Gastgeber, da Russland ein Veto gegen EU- und NATO-Länder einlegte. (picture alliance / photothek.de / Florian Gaertner)
    Auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan geht es vor allem ums Geld. Zwei Wochen lang sprechen Expertinnen und Diplomaten in der Hauptstadt Baku darüber, wie der Klimawandel noch zu verlangsamen ist und wie die globale Energiewende finanziert werden kann. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte seine Teilnahme aufgrund der innenpolitischen Lage ab. Ebenfalls nicht teilnehmen werden Frankreichs Staatschef Macron, EU-Kommissionschefin von der Leyen und Brasiliens Präsident Lula, in dessen Land die nächste Weltklimakonferenz stattfinden wird.

    Inhalt

    Was sind die Ziele der COP29 in Baku?

    Auf der 29. UN-Klimakonferenz in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, steht die Hilfe für arme Länder im Mittelpunkt. Sie sollen Unterstützung bekommen bei eigenen Anstrengungen beim Klimaschutz sowie bei der Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung. Außerdem soll es Zahlungen geben für die Bewältigung von Schäden und Verlusten, etwa durch Dürren, Hitzewellen oder Überschwemmungen.
    Es geht aber auch um ehrgeizigere Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen selbst, den Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas und um den internationalen Handel mit Klimazertifikaten. Dieser ermöglicht es Staaten, Klimaschutz in anderen Ländern zu finanzieren und die Resultate auf die eigene Klimabilanz anrechnen zu lassen.

    Wo stehen die Länder beim Thema Klimafinanzierung?

    Schon in den vergangenen Jahren sind beträchtliche Summen in den Klimaschutz in Länder des Südens geflossen. Im Jahr 2009 hatte die Gruppe der Industrieländer beim Gipfel in Kopenhagen versprochen, bis 2020 die Zahlungen hierfür auf 100 Milliarden US-Dollar jährlich zu steigern. Diese Marke wurde allerdings erst mit Verspätung im Jahr 2022 erreicht.
    Weil die Schäden durch die Erwärmung immer größer werden, sollen die Summen in den nächsten Jahren steigen. In Baku soll ein neues gemeinsames Ziel beschlossen werden. Entwicklungsländer fordern Billionen Euro pro Jahr, dies entspreche auch den Kosten der Erwärmung im Globalen Süden. Industrieländer sind bereit zu einer Erhöhung, allerdings nicht in diesem Ausmaß.

    Auch finanzkräftige Entwicklungsländer wie China sollen zahlen

    Auch die Geberbasis soll vergrößert werden. Die Industrieländer möchten Staaten wie China, Chile, Südkorea oder Saudi-Arabien in die Pflicht nehmen. Diese Länder gelten zwar formal als Entwicklungsländer, hätten aber längst genügend eigene Finanzkraft und zum Teil hohe CO2-Emissionen. Die angesprochenen Schwellenländer sind zum Teil zu Zahlungen bereit, allerdings nur auf freiwilliger Basis.
    Außerdem sollen Investitionen des Privatsektors angerechnet werden. Windkraft und Solarenergie können etwa in Afrika sehr gute Erträge erzielen, doch bisher gibt es nur wenige Investitionen in dieser Region – auch wegen hoher Kreditzinsen und politischer Risiken. Eine Kombination von staatlicher und privater Finanzierung kann solche Projekte ermöglichen.

    Welche Folgen für den Klimaschutz hat die Wahl Donald Trumps?

    Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten ist der Ausstieg der USA aus dem internationalen Klimaschutz absehbar. Dies dürfte die Verhandlungen in Baku belasten. Die USA verhandeln zwar noch mit einer Delegation der bisherigen Regierung von Joe Biden, doch die kann keine glaubwürdigen Zusagen mehr machen. Wie dies die Verhandlungen insgesamt beeinflussen wird, ist noch unklar.
    Die Verhandlungen in Baku dürften durch den Gegensatz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern geprägt werden. Letztere werden ehrgeizigeren eigenen Klimaschutz-Anstrengungen zustimmen, wenn die Finanzierung durch die reichen Länder steht. Sie sehen auch einen Anspruch auf Hilfen, denn die Industrieländer haben durch die Emission von CO2 und anderen Treibhausgasen die Klimakrise herbeigeführt. Die wiederum wollen keine rechtliche Verantwortung anerkennen.

    Welche Ergebnisse könnte die Weltklimakonferenz liefern?

    Ergebnis der Gespräche könnte ein Kompromiss bei der Finanzierung des Klimaschutzes in Entwicklungsländern sein, außerdem ein Aufruf, den CO2-Ausstoß stärker zu verringern und den Abschied von Kohle, Öl und Gas zu beschleunigen.
    Die vergangenen Jahre haben eine dramatische Zunahme von Naturkatastrophen durch die Erwärmung gebracht – in diesem Jahr unter anderem Hitzewellen und Waldbrände im Mittelmeerraum, Starkregen und Überschwemmungen in Westafrika, Spanien und Osteuropa sowie starke Hurrikane in Amerika.
    Wissenschaftler sehen eine Beschleunigung des Klimawandels, das Jahr 2024 dürfte laut Erwartung des EU-Klimaforschungsdienstes Copernicus das wärmste seit Beginn der regelmäßigen Messungen werden. Zum ersten Mal wird die Erwärmung bei mehr als 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Zeitalter liegen. 2015 hatte sich die Staatengemeinschaft im Pariser Klimaabkommen eigentlich vorgenommen, eine Überschreitung dieser Marke zu verhindern.
    Die Klimakonferenz in Baku wird keine allgemeine Wende im Klimaschutz bringen. Damit wäre eine einzelne Konferenz auch überfordert, entscheidend ist der politische Wille und das Handeln in den einzelnen Staaten. Doch Fortschritte sind in Baku durchaus möglich, vor allem, wenn die Einigung auf ein neues Ziel zur Finanzierung des internationalen Klimaschutzes gelingt.