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Klimakonferenz
CARE: Wir sind einen Schritt weiter

Die Hilfsorganisation CARE International hat die Ergebnisse der UNO-Klimakonferenz in Marrakesch begrüßt. Klimaschutzexperte Sven Harmeling sagte im Deutschlandfunk, die Erwartungen seien auch nicht so hoch gewesen wie vor einem Jahr in Paris. Allerdings müsse noch viel mehr passieren.

Sven Harmeling im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Eine große luftgefüllte Kugel, die die Erde darstellt, darauf ein riesiger Smiley
    Bei der UNO-Klimakonferenz in Marrakesch demonstrierten Mitglieder von Umweltorganisationen mit einer großen luftgefüllten Erdkugel. (picture alliance / dpa / BELGA / Benoit Doppagne)
    Viele Länder sehen nach Harmelings Ansicht immer stärker, dass die Klimafolgen von heute ihre Entwicklungsbemühungen beeinträchtigen. Sie sähen außerdem auch Chancen durch erneuerbare Energien, allerdings sei die Herausforderung zu groß, um diese alleine zu bewältigen. Vor allem ärmere Länder müssten deshalb bei ihrem Kampf gegen den Klimawandel stärker unterstützt werden.
    Alle Länder müssen Harmeling zufolge für sich selbst Pläne machen, was sie leisten können und wo es in ihren Planungen noch Lücken gibt, gleichzeitig aber auch sagen, wo sie noch Unterstützung bräuchten.
    Angesprochen auf Chinas Rolle bei der Konferenz sagte der CARE-Mitarbeiter, das Land habe großes Potenzial im Klimaschutz. China habe in den letzten Jahren schon mit am meisten getan, in erneuerbare Energien investiert und schmutzige Kohlekraftwerke abgeschaltet. Das seien trotz der Neueröffnung von zwei Kohlekraftwerken pro Woche sehr positive Signale, an denen sich Deutschland und andere Länder ein Beispiel nehmen könnten. In Ländern wie China und Indien werde immer deutlicher, welche Konsequzenzen der Klimawandel habe, vor allem für die ärmsten Menschen.

    Das Interview in voller Länge:
    Und mitgehört hat Sven Harmeling, der Experte für Klimaschutz bei der Hilfsorganisation Care International. Schönen guten Tag, Herr Harmeling!
    Sven Harmeling: Ja, guten Tag!
    "Diese Konferenz hat uns einen Schritt weitergebracht"
    Barenberg: Wir haben es gehört, der Fahrplan steht, viel Lob ist zu hören ja auch von unabhängiger Seite für die Entschlossenheit, die Gemeinsamkeit, die gute Atmosphäre in Marrakesch. Ist der Kampf gegen die Erderwärmung also auf einem guten Weg?
    Harmeling: Ich glaube, man kann schon sagen, dass diese Konferenz uns einen Schritt weitergebracht hat im Rahmen dessen, was von den Ergebnissen zu erwarten war. Natürlich war die Erwartungshaltung geringer als jetzt im letzten Jahr in Paris, als es wirklich um dieses große Abkommen ging. Ich glaube auch, dass die Konferenz das Signal gesendet hat, erstens, es muss noch viel mehr passieren, wir sind noch lange nicht sozusagen schnell genug weltweit, den Klimaschutz voranzubringen und auch gerade die besonders betroffenen Länder bei dem Umgang mit den Klimafolgen zu unterstützen. Aber ich glaube schon, dass uns die Konferenz von Marrakesch einen Schritt weiter in die richtige Richtung gebracht hat.
    Barenberg: Wenn Sie jetzt sagen, wir sind einen Schritt weiter, und unsere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sagt, das Ziel ist erreicht, wie erklären Sie unseren Hörerinnen, unseren Hörern die Differenz?
    Harmeling: Also, ich glaube schon so, wie es Frau Hendricks gemeint hat, dass sie sagte, das Ziel dieser Konferenz ist erreicht. Aber natürlich weiß sie auch, dass es noch viele Baustellen gibt und dass eben wie gesagt Klimaschutz stark beschleunigt werden muss. Das gilt übrigens auch für Deutschland, gerade aber auch für die Industrieländer. Aber positiv ist natürlich auch das Beispiel, was im Beitrag angesprochen wurde, das haben wir von CARE auch sehr unterstützt, dass eben jetzt eine ganze Reihe von Entwicklungsländern sagen, wir lehnen uns nicht zurück, sondern wir müssen auch das, was wir fordern, selbst umsetzen. Und dann werden andere auch nachziehen müssen.
    "Die Länder müssen für sich selbst natürlich ihre Pläne machen"
    Barenberg: Das finde ich sehr bemerkenswert, dass die das sagen und die Entwicklungsländer selber nennen. Weil, wenn es Kritik gibt, dann ja daran, dass die reichen Länder immer noch nicht genug tun, um die armen Länder, die Entwicklungsländer zu unterstützen auf dem Weg im Kampf gegen die Erderwärmung. Erklären Sie uns, wie die Balance sein muss zwischen einer Eigenleistung dieser Länder und der Hilfe von reichen Staaten!
    Harmeling: Ich glaube, zum einen sehen die Länder immer stärker, dass erstens die Klimafolgen, die wir heute schon sehen, massiv ihre Entwicklungsbemühungen einschränken, und das heißt, sie sagen sich, wir können gar nicht einfach nur warten auf die Unterstützung. Gleichzeitig sehen wir auch die Chancen, die es zum Beispiel durch erneuerbare Energien, also Klimaschutzmöglichkeiten bieten. Gleichzeitig muss man auch sagen, dass die Herausforderung so groß ist, dass wir das gar nicht alleine bewältigen können und eben die Industrieländer auch nach wie vor in der Bringschuld stehen als natürlich die historisch größten Verursacher des Problems, der Emissionen. Und deshalb muss eben von der Seite her auch die Unterstützung noch deutlich erhöht werden.
    Barenberg: Ist es eine gute Strategie, frage ich Sie, zu sagen: Erst mal setzen wir auf die Bringschuld der Länder selber und dann erklären wir, was die reichen Länder noch zusätzlich beitragen sollten? Sollte das die richtige Reihenfolge sein?
    Harmeling: Also, ich glaube, das ist klar, dass man eigentlich beides parallel machen muss. Die Länder müssen für sich selbst natürlich ihre Pläne machen und auch feststellen, was können wir eigentlich leisten, wo sind wir gut aufgestellt, aber wo sind auch Lücken? Und dann gleichzeitig sagen, für das und das brauchen wir Unterstützung. Und ich glaube, dass das die Konferenz noch mal deutlich gemacht hat, aber eben auch deutlich geworden ist, dass wir nicht sagen, wir lehnen uns nur zurück, sondern das hier sind unsere konkreten Pläne, die Ziele wollen wir erreichen und wir möchten mit euch zusammenarbeiten und erwarten auch Unterstützung. Das ist, glaube ich, so, das zusammen ist eine sinnvolle Strategie.
    Vorbild China
    Barenberg: Viel Aufmerksamkeit hat China erhalten auf dieser Konferenz, viel Lob auch für eine stärkere Rolle. Hat das Land das Potenzial und den Willen, so etwas wie ein Vorreiter im Kampf zu werden gegen die Erderwärmung?
    Harmeling: Also, aus dem, was wir aus den Debatten in Marrakesch und auch sonst beobachten können, ist da schon ein großes Potenzial. China gehört zu den Ländern, die in den letzten Jahren auch bereits am meisten getan haben, in erneuerbare Energien investiert haben, zum Teil auch schmutzige Kohlekraftwerke vorzeitig abgeschaltet haben. Natürlich ist es ein riesiges Land mit riesigen Herausforderungen, aber gleichzeitig gibt es sehr positive Signale, an denen wir uns in Deutschland und anderen Ländern durchaus auch noch ein Beispiel nehmen können.
    Barenberg: Nirgendwo, so ist zu lesen, wird mehr investiert in Erneuerbare, gleichzeitig wird in dem Land immer noch jede Woche … werden jede Woche zwei Kohlekraftwerke eröffnet. Ist der Abschied von der Kohle in China in Reichweite?
    Harmeling: Ich würde sagen, nach dem, was wir hören, gibt es zumindest positive Tendenzen. Es ist natürlich so, wenn man in so einer Umschwungbewegung ist, dass es nicht von heute auf morgen geht und man auch erst mal die Lösungen entwickeln muss, die einen jetzt in diesem Fall von der Kohle wegbringen. Wir sehen aber auch, dass in Ländern wie China und Indien, in anderen Ländern auch immer deutlicher wird, welche Konsequenzen der Klimawandel bereits heute hat, gerade auch für die ärmsten Menschen dort, und das führt zum Teil auch dazu, dass eben die Politik den Klimawandel ernster nimmt.
    "Wir möchten, dass die USA weiter dabeibleiben"
    Barenberg: Zum Schluss, Herr Harmeling, bei all der Entschlossenheit und bei all den positiven Neuigkeiten, die es aus Marrakesch gibt: Spielt die ganze Ungewissheit und die Unberechenbarkeit, über die wir bei Donald Trump reden und seiner künftigen Linie, spielt das eigentlich gar keine so große Rolle?
    Harmeling: Also, ich glaube, es spielt natürlich eine Rolle, weil die Amerikaner einfach immer noch eine der wirtschaftlich wichtigsten Nationen sind, nach China auch heutzutage die größten Emittenten sind und in den letzten Jahren viel investiert haben, den politischen Prozess voranzubringen. Das heißt nicht, dass das, was Obama bisher gemacht hat, ausreichte. Gleichzeitig, glaube ich, konnte die Konferenz im Rahmen dessen – und da hat Zivilgesellschaft mitgeholfen, aber auch viele Regierungen – ein wirklich starkes Signal setzen: Wir möchten, dass die USA weiter dabeibleiben, aber es bricht nicht alles zusammen, falls die amerikanische Regierung entscheidet, aus dem Paris-Abkommen auszusteigen. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass unterhalb der Regierungsebene, also auf Ebene der Länder und vielen Städten, natürlich weiterhin Klimaschutz gemacht wird. Und das haben auch viele Akteure, die bei der Konferenz waren, gesagt: Wir kommen wieder, unabhängig davon, was die amerikanische Regierung macht.
    Barenberg: Sven Harmeling von der Hilfsorganisation CARE International. Vielen Dank für das Gespräch heute Mittag, Herr Harmeling!
    Harmeling: Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.